Große Sendestation - Die Voice of America aus den Philippinen

Philippinen, Poro, 1988
Poro im Jahre 1988; im Vordergrund militärische Einrichtungen, dahinter die Antennen der VOA | © NARA

Für die Entwicklung des klassischen Auslandsrundfunks waren die Philippinen ein bedeutender Standort. Dort gibt es neben einer katholischen und einer evangelikalen Missionsstation bis heute umfangreiche Sendeanlagen der Voice of America.

Angefangen hat es 1953 an einem Stützpunkt der US Air Force auf der Halbinsel Poro bei San Fernando, an der nördlichen Westküste von Luzon.

Die dort errichtete Sendeanlage ähnelte sehr der Station auf Okinawa, welche die VOA ab 1977 nicht weiter nutzen konnte. Prunkstück war jeweils ein Mittelwellensender mit 1000 kW, wie es ihn bis zur Ablösung durch den Sender Aholming auch für Langwelle in Erching bei München gab.

1991 zog sich die US Air Force von Poro zurück. Von da an hatte die VOA alle erforderlichen Einrichtungen selbst vorzuhalten. Das mündete 1999 in die Stillsetzung der wenig leistungsfähigen, inzwischen stark veralteten Kurzwellentechnik.

Das Gelände wurde in einen Golfplatz umgewandelt. Die Mittelwellenanlage fand einen neuen Platz an der äußersten Spitze der Halbinsel. Während der Umsetzung gab es 2005 nochmals Einsätze des alten Senders, abgesichert mit Ersatzteilen aus Bangkok, wo die VOA solche Technik ebenfalls installiert und Mitte der 90er Jahre durch Transistorsender ersetzt hatte.

Die umgezogene Mittelwellenanlage blieb nur bis 2012 im Einsatz. Ihre Abschaltung war vordergründig eine Sparmaßnahme, bei der aber eine erhebliche Rolle spielte, wie China die Ausstrahlung auf 1170 kHz mit einem neuen Großsender neutralisierte.

Diese Frequenz hatte die VOA erst kurz zuvor eingeführt, nachdem die seit 1978 genutzte 1143 kHz auch schon unbrauchbar geworden war – ironischerweise durch eine neue Mitbelegung aus Taiwan.

Sender Tinang
Technikgebäude und einige Antennen der Station Tinang | © Judgefloro, CC

Für die Programmverbreitung auf Kurzwelle war der Standort Poro schon ab 1969 nur noch eine Ergänzung. Seinerzeit in Betrieb ging die Kurzwellenstation in Tinang bei Tarlac, im Inneren von Luzon, ausgestattet mit zehn jeweils 250 kW starken Sendern.

Diese Sender waren eigens für das Projekt Tinang neu entwickelt worden, entsprechen aber natürlich dem technischen Stand der 60er Jahre. Davon zeugt bereits die auf 4160 Volt ausgelegte Stromversorgung. Das ist eine sehr alte, in den USA allenfalls noch in Industrieanlagen anzutreffende Mittelspannungsebene.

1982 folgten zwei neue Sender, diesmal von einem Hersteller in der Schweiz, der anschließend vier weitere Anlagen für die Kurzwellenstation Delano in Kalifornien lieferte.

Nach der Einstellung des Betriebs in Delano kamen auch diese Sender nach Tinang. Bei deren Einbau wurde ein Teil der ursprünglichen Ausrüstungen verschrottet. Einige der alten Sender werden jetzt noch als Reserve und für Auslastungsspitzen vorgehalten.

In Delano blieben die Außenanlagen der 2007 abgeschalteten Sendestation bis heute zurück. Das dürfte aber nicht mehr lange so sein; derzeit läuft die Ausschreibung des Abbruchs der Antennen.

Aus Tinang werden auch Sendungen des staatlichen Radyo Pilipinas ausgestrahlt. Das ist nicht ungewöhnlich, diese nebenbei mit abfallende Leistung für das Gastgeberland hat die Voice of America in Thailand ebenfalls vereinbart. So verhielt es sich bis zu deren Stillsetzung auch bei den VOA-Sendern in Griechenland und Marokko.

Mit den Übertragungen aus Tinang ersetzte Radyo Pilipinas nach 1990 eigene, leistungsschwache Kurzwellensender. Da die VOA-Station an keine Rundfunkleitungen angebunden war, blieb zunächst nur eine Zuspielung über Telefon. Dabei war man im Funkhaus sehr schnell beim Trennen der Leitung, und so endeten die Sendungen meist mit einem Besetztzeichen.

Auch nach dem Ende dieses Behelfs blieb das ursprüngliche Programmschema bis heute bestehen: Eine Sendung in Englisch von 4.00 bis 5.30 Uhr auf 12010, 15640 und 17820 kHz, eine Sendung in Tagalog von 19.30 bis 21.30 Uhr auf 9960, 12120 und 15190 kHz. Außerhalb der Sommerzeit ergeben sich aus hiesiger Sicht jeweils eine Stunde frühere Zeiten.

Wer hofft, auf diesem Wege etwas über das Land und das dortige Zeitgeschehen zu erfahren, wird eine Enttäuschung erleben. Für ein internationales Publikum sind die Sendungen auch nicht bestimmt.

Erreicht werden sollen vielmehr die zahlreichen Philippiner in der Golfregion. Die dort praktizierte Ausbeutung von Gastarbeitern aus Süd- und Südostasien war mit der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar selektiv und vorübergehend in den Blick gerückt.

Peter Scholl-Latour, an dieser Stelle bereits im Zusammenhang mit dem katholischen Radio Veritas Asia zitiert, schrieb dazu:

„Aber wehe den christlichen Sklaven der Neuzeit, die sich von dubiosen Anwerbern mit trügerischen Versprechungen in die arabischen Golfemirate oder, schlimmer noch, nach Saudi-Arabien verfrachten lassen. [...]

Die Christenheit Amerikas und Europas ist tief gefallen, daß sie eine solche Diskriminierung und Knechtung ihrer philippinischen Glaubensbrüder, auch wenn sie nicht der »kaukasischen Rasse« angehören, widerspruchslos hinnimmt, daß sie sich durch die beherrschende Position der saudischen Dynastie auf dem Petroleummarkt erpressen und erniedrigen läßt.“
Sender Tinang
Das gab es bis 2003 auch in Wachenbrunn bei Themar: Über eine öffentliche Straße geführte Speiseleitungen zu Antennen | © Judgefloro, CC

Die Nutzung der Sendestation Tinang durch die Voice of America selbst ist bereits seit 2014 eingeschränkt. Seinerzeit entfiel neben verschiedenen Sendungen in Fremdsprachen auch die Ausstrahlung eines englischen Programms, da sich nach Angaben der VOA keine nennenswerte Hörerbeteiligung in Asien mehr nachweisen ließ.

Vollzogen wurde die Abschaltung in aller Stille; Abschiedsworte im Programm waren untersagt. Seitdem produziert die VOA in englischer Sprache nur noch Textbeiträge und ein Hörfunk-Restangebot für Afrika, dessen Nachrichten teilweise über Telefon eingesprochen werden.

Im Sommerhalbjahr 2023 gibt es in Tinang folgende Sendeplätze für VOA-Programme, in einigen Fällen parallel zu weiteren, aus Thailand betriebenen Frequenzen:

00.00-00.30 Uhr: 5965, 7375, 9320 kHz; Khmer
00.00-01.00 Uhr: 9625 kHz; Chinesisch

01.30-02.30 Uhr: 12110 kHz; Burmesisch
02.00-03.00 Uhr: 9600, 15340, 17560 kHz; Chin.
Mo-Fr 03.00-03.30 Uhr: 15225 kHz; Rohingya
03.30-05.30 Uhr: 15285, 17850 kHz; Burmes.
04.30-05.30 Uhr: 15700 kHz; Burmesisch
05.00-06.00 Uhr: 17735, 21600...21680 kHz; Tib.
06.00-07.00 Uhr: 17650...17865 kHz; Tibetisch
07.00-08.00 Uhr: 21580...21650 kHz; Tibetisch

11.00-13.00 Uhr: 21695 kHz; Chinesisch
11.00-14.00 Uhr: 11825 kHz; Chinesisch
13.00-14.00 Uhr: 9460 kHz; Chinesisch
13.00-15.00 Uhr: 15250 kHz; Chinesisch
13.00-16.00 Uhr: 11785 kHz; Chinesisch
14.00-14.30 Uhr: 11965, 15565, 17680 kHz; Burm.
14.00-16.00 Uhr: 9350 kHz; Koreanisch
14.00-17.00 Uhr: 12080 kHz; Koreanisch
15.00-16.00 Uhr: 15130 kHz; Chinesisch
15.00-17.00 Uhr: 6115 kHz; Chinesisch
15.30-16.30 Uhr: 9615, 11695 kHz; Khmer
16.00-17.00 Uhr: 7480, 9465, 11900, 15110 kHz; Chin.
16.30-18.30 Uhr: 9370, 9380 kHz; Burmesisch
18.00-18.30 Uhr: 5885 kHz; Burmesisch
18.00-19.00 Uhr: 7565, 11890 kHz; Tibetisch

21.00-23.00 Uhr: 7465 kHz; Koreanisch

Die Sendungen in Tibetisch werden aus China besonders stark gestört und deshalb als – weitgehend vergeblicher – Abwehrversuch zum Teil auf täglich wechselnden Frequenzen ausgestrahlt. In Europa sind teilweise nur die Störsendungen zu hören; sie sollten nicht mit den angegriffenen Programmen verwechselt werden.

Unter anderem für China war 1996 zusätzlich ein Radio Free Asia gegründet worden, für das die Sender in Tinang von besonderem Interesse wären. Deren Nutzung wird von den Philippinen jedoch nicht gestattet, um sich zusätzliche Verwicklungen mit der Volksrepublik zu ersparen. Auch die VOA-Sender in Thailand sind für Radio Free Asia nicht zugänglich.

Kein erkennbares Problem für die philippinischen Behörden ist die Weiterverbreitung der Sendungen von VOA-Partnern aus weiteren Ländern. Im Falle von Radio Nederland Wereldomroep und Radio Canada International erledigte sich das 2012 mit der Einstellung der Programme.

Nach wie vor aktiv ist hingegen Radio Vatikan und nutzt die Sender in Tinang auch im Sommerhalbjahr 2023 nach dem seit Jahren bekannten Schema:

00.00-00.30 Uhr: 9695, 11895 kHz; Chinesisch
01.15-01.50 Uhr: 9580, 11895 kHz; Vietnames.
14.30-14.50 Uhr: 9810, 11805 kHz; Russisch
Sa 14.30-15.00 Uhr: 5965, 7490, 9720 kHz; Chines.
16.30-17.30 Uhr: 11700, 15490 kHz; Hindi, Tamil, Malay.

Hinzu kommen noch einige Sendungen der BBC, was dann doch überrascht: Die eigene Kurzwellenstation der BBC in Singapur ist inzwischen nur noch gering ausgelastet und gerade mit dem Wegfall der Programme für Bangladesch weiter auf die Unwirtschaftlichkeit zu bzw. tiefer in sie hinein gesteuert.

00.00-01.00 Uhr: 9440 kHz; Englisch
01.00-02.00 Uhr: 11825 kHz; Englisch
15.30-16.00 Uhr: 15325 kHz; Burmesisch
17.30-20.30 Uhr: 7355 kHz; Koreanisch

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 22.04.2023