Folge einer Budgetkürzung - US-Sender auf São Tomé nicht mehr in Betrieb
Mindestens in diesem Fall ist es inzwischen zur Tatsache geworden: Die Sendestation des Auslandsrundfunks der USA auf São Tomé, einer früheren portugiesischen Kolonie im Golf von Guinea, ist nicht mehr in Betrieb. Letzter Sendetag, sowohl auf Kurzwelle als auch der Mittelwelle 1530 kHz, war der 27. Juli 2024.
Dieser beschleunigte Ausstieg aus dem AM-Rundfunk gehört zu den Konsequenzen einer Mittelkürzung. Zwar hatte das Weiße Haus eine Erhöhung des Budgets der Auslandssender von 875 auf 934 Millionen Dollar angemeldet. Der Kongress verfügte jedoch im Gegenteil eine Kürzung um 16 Millionen Dollar.
Der damalige (März) kommissarische Direktor der Voice of America interpretierte das als Folge einer Gehaltserhöhung für Regierungsangestellte um 5 Prozent, die, so wörtlich, „vom Kongress vorgegeben“ sei. Die VOA allein hat statt der erhofften Mittelaufstockung um 19 Millionen Dollar eine Kürzung um 7 Millionen Dollar hinzunehmen.
In den ersten Julitagen kam es deshalb zu umfangreichen Kürzungen der Hörfunksendungen. Die technischen Planungen dafür sahen noch eine weitere Nutzung des Standorts São Tomé vor, sind also schon wieder hinfällig.
Mit dem Rückbau seiner technischen Infrastruktur in Afrika begann der Auslandsrundfunk der USA bereits im vorletzten Jahrzehnt, und zwar in Tanger, von wo die VOA ab 1948 gesendet hatte. Die 1990 neu errichtete, noch mit umfangreichen Europa-Antennen ausgestattete Kurzwellenstation ist 2008 stillgelegt worden.
Ebenfalls 1990 dem Bürgerkrieg in Liberia zum Opfer gefallen ist die Sendestation, welche die VOA dort ab 1964 betrieben hatte.
Nachdem die US-amerikanischen Techniker geflohen waren, hielten die einheimischen Mitarbeiter den Betrieb noch einige Wochen aufrecht. Schließlich erschienen Söldner des 2012 zu faktisch lebenslanger Haft verurteilten Charles Taylor, verhafteten die Anwesenden und verhörten sie tagelang wegen der „Ausstrahlung von Propaganda“.
Während sich bereits tausende Binnenflüchtlinge in der Sendestation aufhielten, wurden alle technischen Ausrüstungen in den Betriebsgebäuden von den Taylor-Söldnern zerstört. Als Mitarbeiter der VOA das Objekt erstmals Ende 1992 wieder aufsuchen konnten, blieb ihnen nur, den Totalverlust zu konstatieren.
Die Suche nach einem neuen Standort führte nach São Tomé. Dort wurden die Mitarbeiter mit der Frage begrüßt, warum ihr Programm nicht mehr auf Mittelwelle zu hören sei.
Als die Gastgeber den Grund erfuhren, schlugen sie sogleich eine alte, nicht mehr genutzte Sendestation aus der Kolonialzeit vor. Die anschließende Besichtigung löste Begeisterung aus, denn die Gegebenheiten an der Ostspitze der Insel waren ideal.
Erschlossen wurde der Standort zunächst mit einem 100 kW starken Sender auf 1530 kHz, der 1993 in Betrieb ging. An die Stelle dieses Provisoriums trat 2003 eine 600 kW starke Anlage mit einer Antenne aus zwei Masten.
2016 stürzte einer der Masten um. Nach mehreren Jahren provisorischen Rundstrahlbetriebs wurde er noch einmal ersetzt. Der für einen mutmaßlich siebenstelligen Dollarbetrag gebaute Ersatz war 2022 fertiggestellt, am Ende also lediglich zwei Jahre in Betrieb.
1996 erhielt die Station darüber hinaus eine kleine Kurzwellenanlage mit vier Sendern. Nach dem Aufbau der neuen Mittelwellentechnik wurde zusätzlich das Provisorium auf einen Betrieb von Frequenzen im 60-Meterband umgebaut.
Ab 2014 nutzte auch die Deutsche Welle diese Kurzwellentechnik. 2019 gesellte sich noch die BBC hinzu. In beiden Fällen fanden die Ausstrahlungen am 30. März 2024 ihr Ende.
Auch jetzt noch aktiv ist eine Sendestation in Botswana, die von der VOA 1991/1992 mit recht ähnlicher Technik eingerichtet wurde: Vier Kurzwellensender mit jeweils 100 kW und eine Mittelwellenanlage mit 600 kW.
An einen Empfang der letzteren in Europa ist (das war beim Sender São Tomé durchaus anders) nicht zu denken, so lange ihre Frequenz 909 kHz mit hohen Leistungen aus Großbritannien und Rumänien belegt ist. Ganz anders verhält sich das bei den Kurzwellensendern; sie sind heute die besten Lieferanten von Overspill-Signalen der VOA überhaupt.
Das verdankt sich der geographischen Lage des Standorts, wegen der die Vorhangantennen alle in nördliche Richtungen strahlen. Zeitweise wurden sie auch für Übertragungen bis in die Türkei genutzt. Derzeit reicht das offizielle Sendegebiet bis nach Somalia und Mali.
Seit Anfang Juli ebenfalls zeitlich eingeschränkt ist eine Besonderheit, die von der VOA neben dem generellen, für Afrika bestimmten Englisch-Programm über die Mittelwelle in Botswana sowie auch auf Kurzwelle ausgestrahlt wird: Spezielle Sendungen nach Simbabwe, die Beiträge in den Landessprachen Ndebele und Shona enthalten.
Dieses Simbabwe-Programm brachte das Sendeland Botswana zu Zeiten von Robert Mugabe in erhebliche Verwicklungen. Dabei operierte Harare mit der Behauptung, eine internationale Koordinierung der Mittelwelle 909 kHz zu besitzen, konnte jedoch keinerlei Belege dafür beibringen.
Bei seinem Vorgehen hatte Mugabe die Unterstützung des einstigen Oppositionsführers Morgan Tsvangirai, der sich als Ministerpräsident einbinden ließ und damit große Enttäuschung hinterließ.
2013 beendete Tsvangirai die Koalition und erhob den Vorwurf massiver Wahlfälschung. Danach ließ ihn Mugabe in der Versenkung verschwinden, indem er das Amt des Ministerpräsidenten abschaffte.
Morgan Tsvangirai verstarb 2018, ein Jahr vor Robert Mugabe. Die Hoffnungen, mit denen sich 2017 der Abgang von Mugabe verband, haben sich zerschlagen.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 04.08.2024