Voice of America - 1994: Das Ende der Kurzwellenstation Bethany
In den USA erinnerte man sich gerade an ein Ereignis, das seinerzeit auch hiesige Freunde der Voice of America mit Wehmut aufgenommen haben: Die Abschaltung der Kurzwellenstation Bethany bei Cincinnati am 14. November 1994.
Begangen wurde der Jahrestag der Schließung durch das Museum, das sich heute im Sendergebäude befindet. Erhalten sind dort der Leitplatz, ein Sender aus den 60er Jahren sowie der Antennenwahlschalter als einziges Relikt des 1996/1997 beräumten Antennenfelds.
Zur endgültigen Abschaltung war es nur wenige Wochen nach dem 50. Geburtstag gekommen. Im Auftrag der US-Regierung für die 1942 gegründete Voice of America errichtet und von 1944 bis 1963 auch betrieben wurde die Station vom damaligen Unternehmen Crosley.
Die Anlage entstand somit als Außenstelle der Station WLW. Sie ist dafür berühmt, ab 1934 mit 500 kW gearbeitet zu haben, bis 1939 der Hochleistungsbetrieb auf Mittelwelle verboten und die in den USA bis heute geltende Beschränkung auf höchstens 50 kW verhängt wurde.
Ab 1964 erweiterten sich die Sendekapazitäten der VOA um wesentlich umfangreichere Anlagen bei Greenville in North Carolina. Parallel nahm die damalige US Information Agency auch die bestehenden Standorte in ihre eigenen Hände.
Es handelte sich neben Bethany um zwei Stationen, die ebenfalls 1944 in Kalifornien für Sendungen nach Asien in Betrieb gegangen waren: Von NBC bei Dixon, 90 Kilometer nordöstlich von San Francisco, und von CBS bei Delano, 200 Kilometer nordwestlich von Los Angeles.
Über den im günstigsten Fall (nach Japan und Ostchina) 7500 Kilometer langen Weg über den Stillen Ozean ließen sich jedoch nur schwache Signale liefern. Deshalb wurde die Station Dixon schon 1979 erstmals abgeschaltet, nachdem die Sendeanlagen in Asien und die Möglichkeiten zur Übertragung der VOA-Programme dorthin ausgebaut waren.
Die durch Ronald Reagan betriebene Gründung von Radio Martí (mit dessen Programm dann auch der Betrieb in Bethany endete) ließ 1983 den Standort Dixon noch einmal aufleben.
Er war für diesen Zweck jedoch kaum geeignet. Nur einige Rhombusantennen, die wie die großen Vorhänge für Ausstrahlungen nach Asien ausgelegt waren, ließen sich auch rückwärts betreiben. Das mündete 1988 in die endgültige Schließung.
Somit war Dixon nur noch beim kurz nach der Übernahme durch die USIA an allen drei Standorten realisierten Einbau zusätzlicher Sender dabei. Die Station Delano hingegen erhielt Ende der 80er Jahre nicht nur zusammen mit Bethany neue Sendegeräte aus der Schweiz, sondern darüber hinaus zusätzliche Antennen mit der Zielrichtung Lateinamerika.
Die Station Bethany verbreitete zuletzt auch Programme der BBC, die – was natürlich nicht offen ausgesprochen werden konnte – damit nicht nur Lateinamerika, sondern gleichermaßen die USA selbst bediente.
Ebenso verhielt es sich in Delano, allerdings nur bis 2001. Seinerzeit beendete die BBC ihre Kurzwellenversorgung von Nordamerika, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nach wie vor in nennenswertem Umfang genutzt wurde, da die Alternativen noch in den Kinderschuhen steckten.
Doch auch nach dem Rückzug der BBC beschränkte sich der Betrieb in Delano nicht auf die VOA und Radio Martí. Stattdessen wurde die Station, da ihre Auslastung immer weiter zurückging, auch in Arrangements einbezogen, auf deren Grundlage die VOA ihre Sendestationen in verschiedenen Ländern betreibt.
Dazu gehörte bis 2006 Griechenland. Somit gab es in Delano bis dahin einige Sendeplätze für ERT.
Von einem weiteren derartigen Partner kam sogar die allerletzte Sendung, die am 27. Oktober 2007 (Ortszeit) aus Delano abgestrahlt wurde, nämlich von Radio Thailand.
Dessen Programme laufen, so wie es ursprünglich gedacht war, jetzt wieder ausschließlich über die VOA-Sender im Land. Nach mehreren Kürzungsrunden gibt es hier noch Beiträge in Englisch, Chinesisch und Malaysisch. Ab Dezember soll in den Sendeblock am hiesigen frühen Nachmittag außerdem wieder ein japanisches Segment eingefügt werden.
Nach ihrer Abschaltung sollten die Sendeanlagen in Delano konserviert werden. Das erledigte sich jedoch bald. Schon nach einem Jahr wurden die vier jüngsten Sender auf die Philippinen umgesetzt, um alte Ausrüstungen der dortigen VOA-Station zu ersetzen.
2014 folgte die Verschrottung der restlichen Technik. Gerade so konnten noch einer der Sender von 1969 und das Kontrollpult herausgeholt werden, um sie in ein Museum am anderen Ende der USA zu übernehmen (das nicht mit der Station Bethany verwechselt werden sollte).
2022/2023 kam es schließlich zum Abbruch der Antennen. Die Stadt Delano hat das Gelände für fünf Millionen Dollar erworben und plant, es zum Wohn- und Einzelhandelsstandort zu entwickeln.
Auch für die drei neuen Sender in Bethany, die gerade erst den verbliebenen Teil der ursprünglichen Ausrüstungen abgelöst hatten (einer der Gründe, aus denen die Schließung seinerzeit kontrovers diskutiert wurde), fand sich eine neue Aufgabe. Sie kamen nach Sri Lanka, wo die VOA eine neue Kurzwellenanlage aufbaute (sie blieb bis 2016 in Betrieb).
Die Station Dixon liegt hingegen seit 1988 im Dornröschenschlaf. Es ist nicht bekannt, was sich jetzt noch in dem Technikgebäude befinden mag, das aufzubrechen offenbar niemand wagt. Auch die Antennen stehen bis heute unberührt in der Landschaft.
Selbst die Satellitenantennen der Station Delano konnte man in den letzten Monaten noch immer bewundern. Mit ihnen wurde unter anderem, quasi als Nachfolger der ursprünglichen Ausstrahlungen, eine Satellitenverbindung nach Asien betrieben. Ohne diese Aufgabe hätte die Station womöglich nicht noch bis 2007 überlebt.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 17.11.2024