Ende eines seltsamen Projekts - Ukraine-Sendungen von Radio Martí wieder eingestellt
Der Auslandsrundfunk der USA hat sein wohl seit längerer Zeit merkwürdigstes, im März gestartetes Projekt am 28. April wieder beerdigt: Kurzwellensendungen für die Söldner aus Kuba, die von der russischen Seite angeheuert wurden.
Manche Beobachter hielten die Idee für durchaus naheliegend, nachdem es solche Sendungen auch schon in der Vergangenheit in Richtung Angola gab.
Doch die Merkwürdigkeiten begannen bereits beim Unterlassen jeglicher Kommunikation. Bekannt sind die Ausstrahlungen überhaupt nur, weil der Kurzwellenexperte Glenn Hauser sie beim Kurbeln am Radio zufällig entdeckte. Ein anderer Wert der Hörerbeteiligung als genau null ist deshalb nicht zu erwarten.
Das gilt besonders, nachdem einmaliges Auffinden der Sendungen nicht einmal reichte: Sie liefen arbeitstags und am Wochenende zu unterschiedlichen Zeiten auf unterschiedlichen Frequenzen im 16-Meterband, die im Laufe dieser wenigen Wochen auch noch geändert wurden.
Alle dazu verfügbaren Informationen stammen aus Kontakten in die Sendestation bei Greenville (North Carolina). Wofür genau man dort vier Stunden am Tag einen Sender zusätzlich eingeschaltet hatte, war den Technikern natürlich nicht bekannt.
Abhören offenbarte Zusammenschnitte passenden Materials, von dem größere Teile nicht von Radio Martí selbst, sondern aus dem spanischen Programm der Voice of America stammten. Die Beiträge hatten keinen aktuellen Charakter, möglicherweise wurden sie Tag für Tag wiederholt.
Das schnelle Ende dieses Aktionismus könnte Sachzwängen geschuldet sein: Eine zwischenzeitliche Entscheidung des Kongresses brachte dem Auslandsrundfunk nicht das erwartete zusätzliche Geld, sondern im Gegenteil eine Kürzung der Budgets, die angesichts ständiger Kostensteigerungen nicht so geringfügig sein dürfte, wie sie nominell aussieht.
Merkwürdig waren die Sendungen für kubanische Söldner vor allem, weil Radio Free Europe / Radio Liberty seinerseits nichts davon wissen will, für das zivile Publikum in Osteuropa noch einmal auf die Kurzwelle zurückzugreifen.
Mit Verwunderung darüber hatte sich 2022 selbst der Betriebsdirektor des Auslandsrundfunks der USA zitieren lassen. Für eben solche Zwecke hält sein Bereich bis heute zwei Sendestationen in Hessen vor. Die Anmeldungen des Finanzbedarfs setzen, ungeachtet der nur noch geringen Restnutzung, dafür 5,7 Millionen Dollar pro Jahr an.
Zurück zur Betriebsdirektion übertragen ist inzwischen auch die Sendestation Greenville, die zeitweise Radio Martí zugeordnet war. Trotzdem wählte Radio Martí für sein Projekt diesen fast 9000 Kilometer vom Sendegebiet entfernten Standort, verbunden mit erheblichen Abstrichen bei der Empfangsqualität.
Die jeweiligen Strompreise an den Standorten waren kein Argument dafür: Die Ausstrahlung aus Greenville lief mit mehr als dem Doppelten der Leistung, die in Biblis und Lampertheim üblich ist (250 statt 100 kW).
Radio Free Europe / Radio Liberty seinerseits hatte für das russische Radioprogramm ab 2023 immerhin zusätzliche Mittelwellen-Sendeplätze in Estland und Armenien genutzt. Doch auch sie sind jetzt im Sparschwein gelandet.
Eine Frage für sich ist, wie es mit Radio Martí weitergeht. Nach einer Reihe von Skandalen und negativen Einschätzungen findet der Sender kaum noch politische Unterstützung.
Entsprechend fallen die Mittelzuweisungen aus, was bereits zur Beendigung zahlreicher freier Mitwirkungen führte. Außerdem sollte ein reichliches Drittel der rund 65 Festangestellten entlassen werden.
Von 2020 bis 2023 wurde auch die Ausstrahlung über die Station Greenville nachts für sechs Stunden unterbrochen. Sofern es hier nicht bereits wieder eine Änderung gab, ist diese Sendepause noch einmal aufgehoben worden.
Der im Sommerhalbjahr 2024 geplante Frequenzeinsatz sieht jedenfalls so aus:
00.00-16.00 Uhr: 7335 kHz
02.00-05.00 Uhr: 7365 kHz
02.00-14.00 Uhr: 6030 kHz
05.00-12.00 Uhr: 7435 kHz
12.00-15.00 Uhr: 9805 kHz
14.00-16.00 Uhr: 7365 kHz
15.00-23.00 Uhr: 13605 kHz
16.00-24.00 Uhr: 11860 kHz
16.00-02.00 Uhr: 11930 kHz
23.00-02.00 Uhr: 9565 kHz
Darüber hinaus gibt es Ausstrahlungen der Voice of America, die in den frühen 60er Jahren die Anlagen bei Greenville gebaut hatte (erst unlängst realisiert worden und in vielen Besuchsberichten noch nicht zu finden ist der Einbau modernerer Technik, welche die VOA bis 2016 in Sri Lanka betrieben hatte).
Nachdem die VOA ihre Kurzwellensendungen nach Europa und Lateinamerika längst aufgegeben hat, sind noch einige ergänzende Übertragungen von Programmen für Afrika verblieben:
Sa 13.00-13.30 Uhr: 17850 kHz; Französ.
19.00-20.30 Uhr: 17530 kHz; Englisch
21.30-22.30 Uhr: 17530 kHz; Französisch
Sa, So 22.30-23.00 Uhr: 15185 kHz; Franz.
Sa 22.30-23.00 Uhr: 15730 kHz; Haussa
So 22.30-23.00 Uhr: 15730 kHz; Französ.
Mo-Fr 23.30-24.00 Uhr: 15120 kHz; Bambara
In früheren Jahren kamen aus Greenville auch Programme verschiedener externer Partner. Von diesen Kooperationen ist jetzt noch eine übrig, nämlich die mit Radio Vatikan.
Es nutzt die Frequenz 7305 kHz von 3.00 bis 3.30 Uhr für eine Sendung nach Brasilien sowie für die dreimalige Übertragung einer Kurzsendung in Spanisch: Von 3.30 bis 3.45 und gleich noch einmal von 3.45 bis 4.00 Uhr sowie von 13.30 bis 13.45 Uhr.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 05.05.2024