Auch zum Stichwort (Selbst-)Zensur - Klage gegen die Schließung der Voice of America

Sender Greenville
Einige der Kurzwellenantennen bei Greenville, North Carolina | © VOA

Gegen die putschartige Schließung der Voice of America regt sich jetzt auch juristischer Widerstand, unterstützt von Reporter ohne Grenzen und den bei der VOA aktiven Gewerkschaften. Unterdessen erschien eine detaillierte Beschreibung des vorauseilenden Gehorsams, mit dem der VOA-Direktor Michael Abramowitz in den letzten Wochen auffiel.

Initiatorin der Klage ist die bereits von Vorgängen in Trumps erster Amtszeit bekannte Leiterin des VOA-Büros im Weißen Haus, Patsy Widakuswara.

Vier der Kläger wollen vorerst nicht offen auftreten. Unter ihnen befinden sich zwei Ausländer, deren Visa am 31. März auslaufen, falls die Schließung nicht zurückgenommen wird. In einem Fall droht bei der Rückkehr ins Herkunftsland eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.

In der Aussendung, die über die Beteiligung an der Klage informiert, verweist Reporter ohne Grenzen ausdrücklich auf die eigene „Rangliste der Pressefreiheit“. Dort sind die USA bereits von der Ausgabe 2023 zur Ausgabe 2024 um zehn Positionen abgerutscht und belegen nur noch den 55. von 180 Plätzen.

Aus Arizona, wo die aktuell eine zentrale Rolle spielende Kari Lake über zwei Jahrzehnte aktiv war, erschien ein weiterer scharfer Kommentar. Er setzt sich mit unzutreffenden Behauptungen auseinander, mit denen Lake ihren Schritt begründet, die Anmietung eines neuen Gebäudes für die VOA rückgängig zu machen.

Für die Betrachtung der Aussichten auf einen Erfolg der Klagen, welche auch die nicht als Behörden organisierten US-Auslandssender eingereicht haben, könnte eine andere Entwicklung relevant sein: Im Fall eines Abschiebeflugs nach El Salvador schreckte die Trump-Regierung nicht mehr davor zurück, Anordnungen eines Richters zu ignorieren.

Bereits bekannt war die Rolle, welche der Direktor der VOA, Michael Abramowitz, in den letzten Wochen spielte. Ein Beitrag von Columbia Journalism Review beschreibt das jetzt noch näher.

Demnach wurden gegen Ende immer mehr Beiträge über die problematischen Entwicklungen im Bereich der Medienfreiheit abgelehnt, oft mit der Begründung, es würde das Publikum nicht interessieren. Mitunter erschien statt dieser eigenen Beiträge dann Agenturmaterial über das jeweilige Thema.

Eines Tages verschwand auf voanews.com der Menüpunkt „Pressefreiheit“. Bei Rückfragen wurde das als Versehen dargestellt, die Entfernung jedoch nicht rückgängig gemacht.

Die Stimmung in der Redaktion sank auf einen Tiefpunkt. Zunächst noch als zynischer Witz kursierte die Vorhersage, bis zum internationalen Tag der Pressefreiheit, dem 3. Mai, werde man wohl entlassen sein.

Schließlich übermittelte ein leitender Redakteur eine Ansage von Abramowitz und dem von vornherein nur kommissarisch eingesetzten Programmdirektor John Lippmann: Man wünsche keine weitere Berichterstattung über Vorgänge in den USA selbst.

Am nächsten Tag, dem 26. Februar, wurde Abramowitz auf einer Personalversammlung zur Rede gestellt. Dort gab er sich unwissend und flüchtete sich in die Aussage, nur noch den laufenden Betrieb zu regeln. Eine Frage, was er zum Schutz der vom Ablauf ihrer Visa bedrohten Kollegen tue, ließ der VOA-Direktor gänzlich unbeantwortet.

Das Fazit des CJR-Beitrags:

» Das Spiel hieß wohl vorauseilender Gehorsam. Es hat, wenig überraschend, nicht funktioniert. «

Beim ebenfalls als Behörde (offiziell: Office of Cuba Broadcasting) geführten Radio Martí ließ sich die Schließung schon im Vorfeld absehen. Indiz war eine Liste der nach Vorgabe des Stabs von Elon Musk zu räumenden Gebäude in Miami. Auf ihr steht auch das Funkhaus von Radio Martí.

Am 23. März war das Sendeprogramm noch immer aktiv und online zu hören. Widersprüchliche Angaben kamen zum Status des 100 kW starken Mittelwellensenders, der in den USA selbst kaum zu hören ist.

Die Ausstrahlung auf Kurzwelle war zu diesem Zeitpunkt schon eine Woche unterbrochen. Am Vormittag (Ortszeit) jenes 16. März hatte die Belegschaft der Sendestation Greenville-B in North Carolina bereits die Stillsetzung aller EDV-Systeme und Unbenutzbarkeit ihrer Dienstausweis-Karten beobachtet.

Auch die Kommunikation mit der Zentrale in Washington war schon unterbrochen. Da somit keine Anweisungen auf dem regulären Weg mehr eintreffen konnten, strahlte man weiter das ersatzweise von Satellit bezogene Programm von Radio Martí aus, bis schließlich ein Abschaltbefehl an den Chefingenieur erging und um 11.30 Uhr Ortszeit umgesetzt wurde.

Dem folgte die Anweisung, die gesamte Energieversorgung des Gebäudes einschließlich Heizung abzustellen. Wenn das nicht schnell wieder revidiert wird, dürfte die installierte Technik in wenigen Wochen unbrauchbar sein.

Dazu gibt es einen sehr lakonischen Kommentar: Es könnte dort bald so aussehen wie auf der Schwesterstation Greenville-A, die wegen der nur noch geringen Auslastung ihren Betrieb 2016 eingestellt hatte.

Fesselballon von TV Martí
Die Fesselballon-Anlage in Cudjoe Keys (Florida) | © U.S. Customs and Border Protection, Donna Burton

Schon kein Thema mehr ist das 1990 gestartete Fernsehprogramm: Es wurde 2021 eingestellt, da Satellitentechnik in Kuba nicht erhältlich ist.

Bekannt war TV Martí für den Fesselballon, der über der äußersten Spitze der Florida Keys auf etwa 3000 Meter aufgelassen wurde. Das damit abgestrahlte Signal haben die in Kuba zur Blockierung betriebenen Sender jedoch vollständig neutralisiert.

Für einige Jahre um 2010 kamen deshalb auch die bekannten Sendeflugzeuge des Militärs zum Einsatz. Da sie ausschließlich über dem Hoheitsgebiet der USA kreisten, brachte das aber auch keine anderen Ergebnisse.

Die Stillsetzung der Sendestation Greenville betrifft auch Dritte. Zum einen gab es hier noch die Übertragung einer spanischen Sendung von KBS World aus Seoul. Diese läuft in ansonsten unveränderter Form (von 2.00 bis 3.00 Uhr auf 11880 kHz) jetzt über die Kurzwellenanlagen in England.

Zum anderen kamen aus Greenville Lateinamerika-Programme von Radio Vatikan, das durch die massive Kürzung der für den Sudan und Südsudan bestimmten niederländischen Medienprojekte gerade auch die Möglichkeit zur Mitnutzung von Sendern in Madagaskar verloren hat.

Damit ist Radio Vatikan im Kurzwellenradio auf die alleinige Ausstrahlung über die eigenen Sender bei Rom zurückgeworfen. Beim Ersatz der Übertragung durch die ebenfalls abgeschalteten VOA-Sender in den Philippinen erwiesen sich dabei Frequenzänderungen als unvermeidbar.

Darüber hinaus hatte die Sendestation bei Tarlac noch einige Programme der BBC abgestrahlt. Auch dafür gibt es inzwischen Ersatzschaltungen, zu denen noch keine Details vorliegen.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 23.02.2025