Auslandsrundfunk der USA - VOA-Sender abgeschaltet, Forderungen nach EU-Rettung von RFE/RL

Nach den Sendern der Voice of America in den USA scheinen jetzt auch ihre Schwesteranlagen in Deutschland (Biblis und Lampertheim), Botswana, Kuwait, Thailand und den Philippinen vollständig außer Betrieb zu sein. Für Radio Free Europe / Radio Liberty gibt es Forderungen nach einer europäischen Lösung.
Vollzogen wurde die Stillsetzung der Sendeanlagen im Ausland am Montag (17. März) gegen 7.00 Uhr MEZ.
In den Fokus rückt damit der Hotbird-Transponder der US Agency for Global Media, denn wenn frühere Informationen nach wie vor zutreffen, wird er aus der Sendestation in Kuwait bespielt. Mindestens nicht reduziert ist dadurch die Wahrscheinlichkeit einer kurzfristigen Abschaltung auch der Satellitenübertragungen.
Unverändert relevant ist diese Frage für Radio Free Europe / Radio Liberty, das seit Sonnabend kein Geld aus den USA mehr erhält. Von RFE/RL kommen, was den Hotbird-Transponder betrifft, acht Radiokanäle und ein russisches Fernsehprogramm, das auch auf Astra 19,2° Ost umgesetzt wird.
Das Thema ist deshalb komplexer, als es die Forderungen tschechischer Politiker nach einer Finanzierung durch die Europäische Union nahelegen: Eine solche Übernahme von RFE/RL dürfte neue, von der USAGM unabhängige technische Infrastruktur erfordern – so kurzfristig eine anspruchsvolle Aufgabe.
Dies ist durch die erwähnte Stillsetzung der Sendeanlagen eine bereits eingetretene Problematik: Dadurch haben, soweit bis jetzt beobachtet, auch die Programme von RFE/RL für Turkmenistan und insbesondere den Iran („Radio Farda“) ihre gesamte terrestrische Verbreitung verloren.
In gleicher Weise beendet wurde die Finanzierung von Radio Free Asia und Alhurra. RFA kündigt an, dagegen vorgehen zu wollen. Ein Ansatzpunkt sein könnte die Unterzeichnung der betreffenden Dokumente durch die „Chefberaterin“ Kari Lake, die keine rechtsstaatliche Befugnis für solche Schritte hat.
Wie inzwischen detailliert bekannt ist, umfassen die rund 1300 Freistellungen vom Sonnabend in der Tat nicht nur alle Festangestellten der VOA bis hin zum Direktor Abramowitz, sondern auch die von Radio Martí in Miami. Darüber hinaus wurden die Verträge der rund 550 freien Mitarbeiter der VOA beendet.
Die „Chefberaterin“ ihrerseits arbeitet mit drei Mitarbeitern des Stabes von Elon Musk. Das ist auch ein möglicher Anhaltspunkt zu der Frage, wer die von inzwischen weit fortgeschrittener Radikalisierung zeugende Pressemitteilung in den Internetauftritt der USAGM gestellt hat.
Ansonsten dürfte es angemessen sein, die lärmende Rhetorik nicht noch durch eine inhaltliche Auseinandersetzung aufzuwerten. Das gilt besonders, weil Kari Lake bei ihrem Einstieg tatsächlich etwas anderes vorschwebte als die ihr nun zugedachte Rolle der Abwicklerin.
Stand vom 17.03.2025
In diesen Tagen ist auch von den Fehlern die Rede, welche die USA bei der Gestaltung des Auslandsrundfunks gemacht haben. Deshalb sei hier noch daran erinnert, wie unerwünscht der engagierte Journalismus der VOA oftmals war.

Beleg dafür ist der Nachruf, den die Hinterbliebenen des früheren, Ende 2023 verstorbenen Nachrichtenchefs der VOA, André de Nesnera, veröffentlichen ließen.
Darin beschreiben sie, was passierte, als es der VOA gelang, ein Interview mit dem 2001 gestürzten Taliban-Anführer Omar zu bekommen: Das State Department (eine Antwort auf die Frage, wie solche Redaktionsinterna dort bekannt wurden, gab es nicht) sprach ein Verbot der Ausstrahlung aus.
Darauf drohten mehr als 100 Redakteure damit, geschlossen zu kündigen, wenn der Zensureingriff nicht zurückgewiesen wird. Letztlich entschied die damalige Programmdirektorin und kommissarische Direktorin der VOA, Myrna Whitworth, eine stark gekürzte Fassung des Beitrags zu senden.
An seine Redaktion richtete de Nesnera danach die Feststellung „wir haben es getan“ und schrieb weiter:
» Ich möchte Ihnen Dank und Anerkennung für die solide Arbeit aussprechen, die Sie alle in dieser schwierigen Zeit leisten – und ich appelliere an Sie, nicht der Selbstzensur zum Opfer zu fallen. Denn dann haben ‚sie‘ gewonnen. «
Die kommissarische VOA-Direktorin hatte keine Folgen mehr zu befürchten: Ihre Ablösung war auch ohne diesen Vorgang bereits besiegelt. 2007 plauderte Whitworth noch aus dem Nähkästchen der grundsätzlichen Entscheidungen zur Gestaltung der Programmarbeit für die arabische Welt.
Für de Nesnera, auf den der Zorn selbst der „New York Times“ niederprasselte, hatte die Courage hingegen eine Konsequenz mit Bestand für die gesamten elf Jahre, bis er 2015 in den Ruhestand trat: Die Degradierung.
In seinem Abschied als Nachrichtenchef schrieb er:
» Wir müssen objektiv bleiben, weiterhin alle Seiten eines Themas präsentieren und die ganze Wahrheit sagen. Das ist die Grundlage unserer Glaubwürdigkeit. Wir können niemandem erlauben, unseren Berichten eine Tendenz zu geben, einen Fakt auszulassen, eine Meinung zu verfälschen. Die Regierung zahlt unsere Gehälter, aber sie hat niemals unser Gewissen gekauft. «
Nicht mehr abrufbar sind damalige Berichte darüber, wie es 2001 in Afghanistan um die Umsetzung dieses Anspruchs stand: Die VOA und auch die BBC büßten dramatisch an Glaubwürdigkeit ein, da sie in der Wahrnehmung des Publikums unliebsame Teile der Wirklichkeit, inbesondere die zivilen Opfer der Angriffe „ihres“ Militärs, systematisch ausblendeten.
Auch in Griechenland ist die VOA in keiner guten Erinnerung, und zwar wegen ihrer Unterstützung des Obristen-Regimes, die besonders im Vergleich zur kritischen Berichterstattung von Deutscher Welle und BBC unangenehm auffiel.
Beitrag von Kai Ludwig