Harald Martenstein - Über den Literaturbetrieb und das Phänomen des Womansplaining
Auf einem Literaturfestival wird unser Kolumnist in ein Gespräch über ein Buch verwickelt. Er versteht nicht viel – und denkt über den Zerfall der Gesellschaft nach.
Harald Martenstein ist nicht Teil des Literaturbetriebs. Dazu ist er nicht gesellig genug. Nun gab es da aber vor einiger Zeit ein Literaturfestival, zu dem er eingeladen war. Zu dem Festival gehörte auch die Festivalparty. Er ging mit einem Freund hin, der ab und zu ein Sachbuch schreibt. Sie standen mit einer Autorin mittleren Alters an einem Tisch. Der Freund fragte, wovon ihr aktuelles Buch handele. Ein klassischer Gesprächseinstieg, oder?
Sie sagte: "Es geht um transhumane Perforationsprozesse im Kontext des Sozialpietismus. Es ist aber keine Genreliteratur, obwohl das bei diesem Inhalt jeder sofort denkt, für Science-Fiction ist es zu pastös und zu posthegelianisch geschrieben, und die Tiere erinnern mehr an Pawlow als an Peta, du verstehst die Anspielung. Bahnlinien kreuzen sich in der Unendlichkeit. Das ergibt dann am Ende logischerweise einen Kreis, den die Humanoiden auf ihrer Umlaufbahn aber versehentlich für eine Ellipse halten. Bis die gregorianischen Gesänge beginnen, ist es streng realistisch."