Rückzug von „BBC Sounds“ - Aktueller Stand zum Thema BBC-Radios und Ausland

BBC: Way Out
Gesehen im Altbauteil der Londoner BBC-Zentrale | © James Jordan, CC-BY-SA

Ihre Entscheidung, im Ausland fortan nur noch die Hörfunkwellen Radio 4 und World Service offiziell anzubieten, brachte der BBC politischen Gegenwind. Die dadurch erzwungene Stellungnahme bestätigt eine bestimmte Vermutung.

Den Gegenwind beschert der – ohnehin gerade durch den Rückzug einer Dokumentation erschütterten – BBC die Frage des Zugriffs auf Programme in walisischer und gälischer Sprache, die nicht mit einem Verweis auf englischsprachige Angebote beantwortet werden kann.

Dazu sagte ein BBC-Sprecher, der Abzug der „Sounds“-Plattform aus dem Ausland habe „keine Auswirkungen auf die Möglichkeit, Radio Cymru auf alternativen Plattformen zu hören“. Der redaktionelle Teil des Textes betont noch einmal, es werde weiterhin „möglich sein, über alternative Plattformen und Apps zuzuhören“.

Dieser Rückzug hat inzwischen begonnen. Aus den Playstores außerhalb von Großbritannien ist die „Sounds“-Anwendung bereits entfernt, beim Browser-Zugriff erscheint jetzt ein Verweis auf die künftige Nutzung von „BBC Audio“.

Stand vom 09.03.2025



Text vom 2. März 2025:

Bisher gibt es auf bbc.co.uk/sounds nur Sperrungen einzelner Angebote. „Vom Frühjahr an“ ist die Adresse jedoch nicht mehr aus dem Ausland zu erreichen. Ab diesem bisher nicht konkret offengelegten Termin werden Aufrufe zu bbc.com/audio umgeleitet.

Der Inhalt dieser Seite entspricht der Audio-Rubrik, die von der BBC für Mobilgeräte in einer Auslands-App angeboten wird. Sie enthält nur noch die Liveprogramme von Radio 4 und World Service sowie eine Auswahl an Podcasts, also generell keine klassische Möglichkeit zum Nachhören von Sendungen mehr.

Hintergrund ist eine künftig weitgehende, über die Vermarktungsfirma BBC Studios abgewickelte Monetarisierung im Ausland. Diese ist mit den für die BBC geltenden Bedingungen der Musikrechte nicht kompatibel.

Die einschlägige Pressemitteilung enthält eine Rechtfertigung: Der Schritt „hilft bei der weiteren Finanzierung des weltberühmten Journalismus der BBC“.

Wie es weiter heißt, werde die Sounds-App auf den Geräten von Einwohnern Großbritanniens nach wie vor bei Aufenthalten im Ausland für begrenzte Zeit funktionieren. Es sieht demnach nicht nach einer harten Sperrung der eigentlichen Audiostreams aus.

Die BBC rechnet offenbar selbst mit Unmut jener ausländischen Hörer, die sie jetzt wegschickt. Das zeigt ihre Informationspolitik, die bereits bizarre Formen annimmt: Ein Pressesprecher stand extra um 4.30 Uhr auf, um in Australien telefonisch die strikte Einhaltung einer Sperrfrist anzumahnen.

Abzuwarten bleibt, was damit aus dem englischsprachigen Hörfunk des World Service wird.

Der Begriff steht für den klassischen, nichtkommerziellen Auslandsdienst der BBC. Dessen Abgrenzung von den kommerziell vermarkteten Angeboten ist nur noch willkürlicher Art, seit der World Service nicht mehr vom Außenministerium, sondern ebenfalls aus den Rundfunkgebühren finanziert wird.

Es gibt bereits Hinweise auf ein weiteres Abschmelzen dieses nichtkommerziellen Teils: Im kommenden Oktober ist mit der Einstellung von mindestens acht Sendungen des englischen Radioprogramms zu rechnen.

Sollten bisher Hörspielfreunde im Ausland auch BBC Radio 3 eingeschaltet haben, betrifft sie diese Entwicklung schon nicht mehr: Die ureigenste Kunstform des Hörfunks verschwindet aus dem Kulturprogramm der BBC. Darüber informierten Gewerkschaften unter Bruch einer Sperrfrist.

Demnach geht es um rund 20 Produktionen im Jahr, darunter das einzige abendfüllende Format von 90 Minuten. Die Entscheidung sei nicht nur mit finanziellen Zwängen begründet worden, sondern auch damit, Radio 3 konsequent als Klassikwelle positionieren zu wollen.

Die BBC habe angekündigt, stattdessen Radio 4 zur Heimat von Hörspielen zu entwickeln. Diese Zusage sei jedoch „sehr vage“. Konkret sei nur eine Vorschau kommender Produktionsaufträge für Radio 3, die keine Hörspiele mehr vorsehe.

Einzige Profiteure der Entscheidung seien, so die Gewerkschaften, große kommerzielle US-Plattformen wie die Amazon-Tochter Audible. Mit dem Wegfall des Standards der BBC könnten sie niedrige Honorare und weitere ungünstige Bedingungen durchsetzen.

BBC Sounds
Die derzeit auch noch aus dem Ausland erreichbare Plattform | © bbc.co.uk/sounds

Unmut erregte die parallele Ankündigung neuer Zusatzprogramme von Radio 2 und Radio 3 sowie eines Ausbaus des bestehenden Dance-Kanals von Radio 1. Das kam überraschend, da Generaldirektor Davie erst 2022 im Gegenteil erklärt hatte, bestehende Programme dieser Art wie „Radio 4 Extra“ nach 2025 einstellen zu wollen.

Als Grund des Sinneswandels vermutet wird ein Rückgang der Hörbeteiligung, mit dem die BBC sich konfrontiert sah. Am stärksten betroffen waren mit -14 Prozent die Lokalradios.

Offenbar blieben die dort vorgenommenen massiven Einsparungen nicht ohne Folgen. Auf Kritik der Journalistengewerkschaft NUJ stößt die erkennbare Strategie, das von den Lokalradios abwandernde Publikum mit neuen zentralen Programmen für die BBC zu halten.

Das von vornherein nicht mehr für eine Nutzung im Ausland vorgesehene „Radio 3 Unwind“ mit einem Teppich von Entspannungsmusik ist inzwischen gestartet. Der vorgesehene Ableger von Radio 2 mit Musik der 50er bis 70er Jahre liegt hingegen auf Eis, da die Regulierungsbehörde Ofcom eingeschritten ist.

Grund sind Beschwerden von Veranstaltern kommerzieller Programme, die eben jene, von der BBC zuvor aus dem UKW-Programm von Radio 2 genommene Musik spielen. Sie sprechen von einem geplanten „Raub“ ihres Publikums.

Charakteristisch für das Umfeld, dem sich die BBC in Großbritannien ausgesetzt sieht, ist ein aktueller Beitrag der Zeitung „Telegraph“. Er skandalisiert, wie die BBC für ihre weiterhin laufende UKW-Verbreitung in Afghanistan die Leistungen des dortigen Staatsfunks TDA einkauft.

Das Blatt zitiert den britischen Steuerzahlerbund mit den Worten:

» Den Steuerzahlern wird schlecht davon, was die BBC da in Afghanistan treibt. Sie finanziert das Propaganda-Organ der Taliban. Wenn es der Preis eines Verbleibs in Afghanistan ist, vor den Forderungen der Taliban nach hinten umzuknicken, dann sollte die BBC erwägen, sich zurückzuziehen. «

Mit solchen Diskussionen haben die Voice of America und Radio Free Europe / Radio Liberty nicht mehr zu rechnen: Im Gegensatz zur BBC verloren sie Ende 2022 ihre Senderechte in Afghanistan. Das sollen, soweit möglich, zusätzliche Ausstrahlungen über die Mittelwellensender in Tadschikistan kompensieren.

 

Beitrag von Kai Ludwig