Einspruch gegen Zusatzprogramm von Radio 2 - Radiopläne der BBC laufen nicht glatt durch

BBC in London
Einmal nicht das Standardmotiv: Die BBC in London | © dpa - Bildfunk

Die BBC hatte gehofft, zusätzliche Nebenprogramme ihrer Wellen Radio 1, Radio 2 und Radio 3 starten zu können, ohne erst die Zulassung einer DAB-Verbreitung abzuwarten. Doch dies soll die Regulierungsbehörde jetzt für jenes Projekt durchkreuzt haben, das die für linearen Hörfunk noch erfolgversprechendste Zielgruppe im Blick hat.

Nach übereinstimmenden Berichten der Zeitungen Telegraph und Guardian (dieser nicht frei online) sprach die Behörde von „erheblichen negativen Folgen für Wettbewerber“, die das geplante Nebenprogramm von Radio 2 haben könnte. Deshalb sei auch für dessen Start auf der Sounds-Plattform ein voller Public Interest Test zu durchlaufen.

Der Telegraph zitiert den Gründer von Boom Radio, das auf ein Publikum im Alter zwischen etwa 60 und 80 Jahren zielt. Er begrüßt das Vorgehen, da das Vorhaben der BBC ein „empörender Diebstahl“ des eigenen Publikums sei.

Boom Radio spiele genau jene Musik aus den 50er bis 70er Jahren, die für den neuen Hörfunkkanal angekündigt ist. Mit ihrem vorherigen Schritt, diese Musik aus dem Programm von Radio 2 zu nehmen, habe, so der Sendergründer, die BBC selbst jene Hörerschicht im Stich gelassen, die Boom Radio jetzt auffange.

Stand vom 21.07.2024



Bericht vom 11. Februar 2024:

Die BBC hat den Start neuer Hörfunkwellen angekündigt. Das überrascht, da BBC-Generaldirektor Tim Davie erst 2022 erklärt hatte, man wolle kleinere lineare Programme wie Radio 4 Extra nach 2025 einstellen.

Jetzt teilte die BBC mit, sie werde drei neue Hörfunkkanäle starten: Einen Ableger von Radio 1 mit Musik der 2000er und 2010er Jahre, einen von Radio 2 mit Musik der 50er bis 70er Jahre sowie einen von Radio 3 mit klassischer Musik zur Entspannung.

Darüber hinaus wird der bestehende Dance-Kanal von Radio 1 zum vollen Hörfunkprogramm aufgewertet. Für die somit geplanten vier Wellen initiiert die BBC das in Großbritannien als „Public Interest Test“ bezeichnete Verfahren, über das zusätzliche Programme der Rundfunkanstalten zu genehmigen sind.

Dabei geht es jedoch nur um die Nutzung von Kapazität des DAB-Sendernetzes, die durch Umstellung auf das AAC-Codierverfahren (unter dem mittlerweile irreführenden Marketingbegriff „DAB+“ bekannt) freigesetzt wird. Auf der Sounds-Plattform will die BBC ihre Pläne in jedem Fall umsetzen, ohne das PIT-Verfahren überhaupt erst abzuwarten.

Beobachter deuten den Schritt als Reaktion auf einen beträchtlichen Rückgang der Hörerbeteiligung, den die BBC hinzunehmen hat. Am stärksten betroffen sind mit -14 Prozent die Lokalradios. Offenbar bleiben die dort vorgenommenen massiven Einsparungen nicht ohne Folgen.

Ungehalten reagierte der Interessenverband der kommerziellen Hörfunkveranstalter, Radiocentre: Man würde gern wissen wollen, woher das Geld dafür kommen soll oder was die BBC zur Finanzierung dieser, so der Verband, überflüssigen Dienste einstellen wird?

In der Stellungnahme werden der Generaldirektor und drei weitere Führungskräfte der BBC persönlich angegriffen („scheinen nicht zu verstehen, ...“). Da das aus aktuellem Grund befremdlich erscheinen könnte, ist an die Art und Weise zu erinnern, in der zwei dieser Verantwortlichen selbst mit dem Gesangsensemble ihres Hauses umgegangen sind.

Speziell auf zu erwartende Verärgerung in den Lokalradios bezieht sich die kritische Stellungnahme der Journalistengewerkschaft NUJ. Man frage, warum die BBC nach den dortigen Einschnitten „das Geld für vier neue Musikkanäle ausgibt, die bereits bestehende Programme des kommerziellen Sektors nachahmen“.

Die Gewerkschaft kündigt an, sich am PIT-Verfahren mit einer entsprechenden Einreichung zu beteiligen. Man rufe alle, die von den Sparmaßnahmen in den Lokalradios betroffen sind, dazu auf, sich „laut und deutlich vernehmbar zu machen“.

Im vergangenen Herbst war die Rede von noch weiteren Kürzungen bei der BBC. Tatsächlich umgesetzt wurden sie nur bei der Fernsehsendung „Newsnight“, was den fortgesetzten Abbau von kritischem Journalismus bedeutete.

Dabei ist aufgeschoben anscheinend auch in diesem Fall nicht aufgehoben. Folgt man Andeutungen aus dem Haus, dann war es lediglich die Zuspitzung der weltpolitischen Lage, die eine konkrete Ankündigung neuer Einschränkungen im Informationsbereich zunächst verhinderte.

 

Beitrag von Kai Ludwig