Zäsur - BBC streicht Hörspiele aus dem Kulturprogramm
Laut Gewerkschaftskreisen trennt sich das Hörfunk-Kulturprogramm der BBC von der ureigensten Kunstform des Radios, dem Hörspiel. Dabei geht es auch nicht nur um die lineare Ausstrahlung; die betreffenden Produktionsaufträge entfallen ganz.
Nach Angaben der Gewerkschaften wurden sie unmittelbar vor dem Ende des Jahres 2024 darüber informiert. Die BBC bezeichnete die Kommunikation als vertraulich. Das haben die Gewerkschaften gebrochen und kündigen, über die übliche Online-Petition hinaus, Aktionen an.
Es gehe um rund 20 Produktionen im Jahr, darunter das einzige abendfüllende Format von 90 Minuten. Die Entscheidung sei nicht nur mit finanziellen Zwängen begründet worden, sondern auch damit, BBC Radio 3 konsequent als Klassikwelle positionieren zu wollen.
Die BBC habe angekündigt, stattdessen ihr Wortprogramm Radio 4 zur Heimat von Hörspielen zu entwickeln. Diese Zusage sei jedoch „sehr vage“. Konkret sei nur die aktuelle Vorschau kommender Produktionsaufträge für BBC Radio 3, die keine Hörspiele mehr vorsehe.
Einzige Profiteure der Entscheidung seien, so die Gewerkschaften, große kommerzielle US-Plattformen wie die Amazon-Tochter Audible. Mit dem Wegfall des Standards der BBC könnten sie niedrige Honorare und weitere ungünstige Bedingungen durchsetzen.
Im Bereich der Kultur war die BBC zuvor damit aufgefallen, ihr Gesangsensemble auflösen zu wollen. Erheblicher öffentlicher Druck zwang sie 2024 dazu, von diesem Plan abzurücken.
Neuen Unmut erregte parallel die Ankündigung, Zweitprogramme von Radio 2 und auch Radio 3 zu schaffen sowie den bisherigen Dance-Kanal von Radio 1 ebenfalls zum vollständigen Hörfunkprogramm auszubauen.
Das kam überraschend, denn BBC-Generaldirektor Davie hatte 2022 im Gegenteil erklärt, die bestehenden Zusatzprogramme nach 2025 einstellen zu wollen. Beobachter vermuten als Grund des Sinneswandels den starken Rückgang der Hörbeteiligung, mit dem die BBC sich konfrontiert sah.
Am stärksten betroffen waren mit -14 Prozent die Lokalradios. Offenbar blieben die dort vorgenommenen massiven Einsparungen nicht ohne Folgen. Auf diesen Aspekt konzentrierte sich auch die Kritik der Journalistengewerkschaft NUJ an der gleichzeitigen Schaffung neuer zentraler Programme.
Der vorgesehene Ableger von Radio 2 mit Musik der 50er bis 70er Jahre liegt auf Eis, da die Regulierungsbehörde Ofcom eingeschritten ist. Grund sind Beschwerden von Veranstaltern kommerzieller Programme, die eben jene, von der BBC zuvor aus dem UKW-Programm von Radio 2 genommene Musik spielen und von einem geplanten „Raub“ ihres Publikums sprechen.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 19.01.2025