Afghanistan, Irak, Kuba - Neuigkeiten vom Auslandsrundfunk der USA

Voice of America in Washington
Das voraussichtlich noch bis 2028 von der Voice of America genutzte Gebäude in Washington | © Persian Dutch Network, CC-BY-SA

Von den Auslandssendern der USA gibt es drei interessant erscheinende Neuigkeiten. Sie betreffen Afghanistan mit einem ungewöhnlichen Mittelwellen-Schachzug, die arabische Welt mit einem weiteren Rückbau des Hörfunks und Kuba mit dem Rückgriff auf eine Idee, von der man eigentlich nichts mehr wissen wollte.

Die Angaben stammen aus einer Präsentation, die primär für die Abgeordneten des Kongresses als Geldgeber bestimmt ist.

Nach der Rückkehr der Taliban konnten, im Grunde erstaunlicherweise, die Voice of America und Radio Free Europe / Radio Liberty noch mehr als ein Jahr in Afghanistan auf UKW und Mittelwelle senden. Am 1. Dezember fand das dann aber doch sein Ende.

Für diesen Fall hatte man Vorsorge getroffen, das VOA-Programm für Pakistan von der Mittelwelle 972 kHz in Tadschikistan abgezogen und bereits damit begonnen, die Afghanistan-Programme hier zu übertragen.

Nach dem Ende der Ausstrahlungen in Afghanistan folgte nun ein ganz besonderer Schachzug: Die tadschikischen Partner setzten zwei der noch aus Sowjetzeiten vorhandenen Sender auf die zuvor aus Kabul bzw. dem Raum Chost betriebenen Frequenzen 1296 bzw. 621 kHz.

Da diese Sender weite Teile von Afghanistan nur bei Dunkelheit erreichen, blieb nichts anderes, als RFE/RL direkt gegen die VOA ansenden zu lassen. Bisher lief deren Afghanistan-Programm im Hörfunk (teilweise auch in der Fernsehversion zu sehen) abends und nachts, während RFE/RL die Sendezeit am Tag bespielte.

Auf Kurzwelle besteht das zeitpartigierte Schema weiterhin. Über die Mittelwellensender in Tadschikistan wird das VOA-Programm jetzt in erweitertem Umfang auf 972 kHz verbreitet. Über die Frequenz 1296 kHz läuft gleichzeitig das Radio Azadi von RFE/RL.

Stammesgebiete unter Bundesverwaltung
© US-Regierung

Die Frequenz 621 kHz, die nach den jüngsten Angaben jetzt ebenfalls aus Tadschikistan kommen soll, wurde – und das ist auch in diesem Fall auf Kurzwelle nach wie vor so – in zeitpartigierter Form mit Programmen für die paschtunischsprachige, bis zu einer Gebietsreform als „Stammesgebiete unter Bundesverwaltung“ bezeichnete Region von Pakistan bespielt.

Motiv für die Schaffung dieser Sendungen war der Charakter des Territoriums als Rückzugsgebiet der Taliban. Formulierungen des heutigen Programmauftrags liegen nicht vor.

Bei dem chaotischen, an Saigon erinnernden Rückzug der USA aus Afghanistan hatten die VOA und RFE/RL einen erheblichen Teil ihrer Mitarbeiter im Stich gelassen. Auch Abgeordnete des Kongresses übten deshalb deutliche Kritik, sowohl an den Auslandssendern als auch an der Biden-Administration.

Die soeben vorgelegte Präsentation geht darauf mit einer Zusicherung ein: Man betrachte das Thema nicht als abgeschlossen und arbeite weiter daran, alle einstigen Mitwirkenden aus Afghanistan herauszuholen.

Im vergangenen Jahr war das arabischsprachige Radio Sawa als klassisches Hörfunkprodukt auf den Irak beschränkt worden. Auch dort soll es, so die jetzt veröffentlichten Angaben, in den kommenden Monaten abgeschaltet werden.

Von der letzten noch für Radio Sawa aktiven Mittelwelle, 1548 kHz aus Kuwait, ist dabei schon keine Rede mehr. Erstmals erwähnt wird dafür eine UKW-Verbreitung im Sudan: Sie soll 2024 ebenfalls entfallen.

Für den von Ronald Reagan geschaffenen Kuba-Sender Radio Martí angekündigt ist der Versuch, neue Spielarten der alten Radiotechnik einzuführen und zu vermarkten: Radiogram und Digital Radio Mondiale.

Letzteres ist jenes Verfahren für digitale Sendungen auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle, das unter anderem die Deutsche Welle und das Deutschlandradio vor fast zwei Jahrzehnten auch in Europa etablieren wollten. Was sich damals abspielte, beschrieb der Medienjournalist Wolf Harranth († 2021) so: „Es wurde viel versprochen und nichts gehalten.“

I was hoping to continue to produce VOA Radiogram as a contractor. I approached various BBG and VOA offices. They all declined.
2017: VOA beendet Radiogram-Projekt | © voaradiogram.net

Die Ankündigung einer Radiogram-Einführung ist eine schlichte Stillosigkeit: Diese Entwicklungen waren zuvor 2017 beendet worden, als deren Initiator in den Ruhestand trat. Selbst Angebote einer Weiterführung ohne jegliche Honorarforderungen wurden abgelehnt.

Somit ist Radiogram heute ein privates Projekt, das inzwischen ausschließlich über kommerzielle Kurzwellenstationen in den USA läuft.

Fesselballon von TV Martí
Die Fesselballon-Anlage in Cudjoe Keys (Florida) | © U.S. Customs and Border Protection, Donna Burton

2021 hatte sich Radio Martí aus dem linearen Fernsehen zurückgezogen, da mangels Satellitentechnik kaum jemand in Kuba das Programm empfangen konnte.

Zuvor versuchte man es schon seit 1990 mit terrestrischen Sendungen. Sie kamen von einem Fesselballon, der über der äußersten Spitze der Florida Keys auf etwa 3000 Meter aufgelassen wurde.

Das Signal hatte jedoch keine Chance, gegen die von Kuba eingesetzten Störsender anzukommen. Das brachte TV Martí zu einer Verspottung als „der Fernsehsender, den niemand sehen kann“.

Für einige Jahre um 2010 kamen auch noch die bekannten Sendeflugzeuge des Militärs zum Einsatz. Da sie ausschließlich über dem Hoheitsgebiet der USA kreisten, brachte das auch keine anderen Ergebnisse.

Deshalb ist das AM-Radio wieder die einzige klassische Rundfunktechnik, die Radio Martí nutzt. Da ist zunächst ein Mittelwellensender, der als einziger in den USA mit 100 kW arbeitet (sonst werden generell keine Leistungen über 50 kW zugelassen), aber trotzdem wiederum keine Chance gegen die Blockierung seiner Frequenz durch Großsender in Kuba hat.

Von entsprechender Bedeutung ist die Ausstrahlung über die letzte verbliebene Kurzwellenstation der Voice of America in den USA, bei Greenville in North Carolina. Dennoch kam es hier 2020 zu einer Einschränkung: Der Einführung einer sechsstündigen Sendepause in der Nacht.

Für das Sommerhalbjahr 2023 gibt es wieder rund um die Uhr laufende Frequenzplanungen. Auf einem anderen Blatt steht, ob sie so umgesetzt oder die Sender nicht doch am hiesigen Morgen weiterhin ausgeschaltet werden. Veröffentlicht sind jedenfalls folgende Angaben:

15.00-23.00 Uhr: 13605 kHz
16.00-24.00 Uhr: 11860 kHz
16.00-02.00 Uhr: 11930 kHz
23.00-02.00 Uhr: 9565 kHz
00.00-16.00 Uhr: 7335 kHz
02.00-05.00 Uhr: 7365 kHz
02.00-14.00 Uhr: 6030 kHz
05.00-15.00 Uhr: 7435 kHz
14.00-16.00 Uhr: 7365 kHz

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 25.03.2023