Einstweilige Anordnungen - Juristische Auseinandersetzungen um den Auslandsrundfunk der USA

Patsy Widakuswara und Steven Herman
Die Kläger vor dem Gericht in Washington; Mitte Patsy Widakuswara, rechts Steven Herman | © S. Herman

Nach der handstreichartigen Schließung des Auslandsrundfunks der USA gibt es inzwischen zwei einstweilige Anordnungen gegen die US Agency for Global Media. Es deutet sich eine dort verfolgte Strategie an, die Umsetzung der Verfügungen möglichst zu umgehen.

Eine Anordnung erwirkten die Kläger um die VOA-Journalistin Patsy Widakuswara, mit der inzwischen auch die Deutsche Welle gesprochen hat.

Das von ihnen angerufene Gericht in New York verbietet es der USAGM, Arbeitsverhältnisse oder freie Mitarbeiten zu beenden, Arbeitsorte für geschlossen zu erklären oder Mitarbeiter (fest wie frei) an ausländischen Standorten in die USA zurückzubeordern.

Derartige Aktivitäten liefen bis zur Verkündigung des Beschlusses, den die Verantwortlichen offenbar selbst so erwarteten. Schon vorher begannen sie damit, Abfindungsangebote zu unterbreiten, wie es in den US-Bundesbehörden bereits großflächig geschah. Die Handschrift von Elon Musk offenbart sich hier im Stil, der dem Vorgehen nach der Übernahme von Twitter entspricht.

Inzwischen ist noch eine weitere Klage gegen die Schließung der VOA erhoben worden. Sie kommt vom Direktor des Senders, Michael Abramowitz, der zuvor mit vorauseilendem Gehorsam aufgefallen war.

Abramowitz gibt selbst zu, nur widerwillig den Widerstand als einzig verbliebenen Weg erkannt zu haben. Er versprach der VOA-Belegschaft sein volles Engagement und brachte ihr gegenüber Dankbarkeit zum Ausdruck.

Eine weitere Anordnung betrifft das Zurückhalten der für Radio Free Europe / Radio Liberty bestimmten Mittel. Besonders moniert wird, wie auch in der Verfügung des New Yorker Gerichts, das Fehlen jeder inhaltlichen Begründung.

Aufgegeben ist der Schließungsplan damit nicht. Schon ein Schreiben an das „sehr geehrte Radio Free Europe / Radio Liberty (Stephen Capus)“ enthält den ausdrücklichen Vorbehalt, die Finanzierung zu einem späteren Zeitpunkt einzustellen.

Darüber hinaus versucht die USAGM jetzt, das Geld nach dem 31. März zu sperren, indem sie den ab April erforderlichen neuen, entsprechend vorgelegten Finanzplan nicht genehmigt.

Inzwischen ebenfalls eingereicht ist die Klage von Radio Free Asia gegen das Ende seiner Finanzierung. Sollten die Bemühungen nicht zum Erfolg führen, kann RFA den Betrieb nur noch bis Ende April aufrechterhalten.

Dem Vernehmen nach bereitet auch Alhurra eine Klage vor. Die „Chefberaterin“ Kari Lake ihrerseits inszeniert sich nach den beiden einstweiligen Anordnungen als Opfer.

Radio Martí
Älteres Archivbild: Sendestudio von Radio Martí

Keine Erklärungen, sondern nur die Vermutung erfolgreicher Lobbyarbeit politisch weit rechts stehender Exilkubaner in Miami gibt es zur tatsächlichen Rücknahme der Schließung von Radio Martí. Dort durfte am 27. März ein Teil der Redaktion wieder die Arbeit aufnehmen.

Die Verbreitung des Programms beschränkt sich jedoch auf Internet, Satellit und Mittelwelle (in Kuba durch Gleichkanalbelegung neutralisiert). Die Kurzwellensender bleiben (Stand 30. März) außer Betrieb.

Zu diesem Umstand gibt es eine Reaktion des mit betroffenen Radio Thailand: Die Ausstrahlung sei „derzeit ausgesetzt“ und man verweise auf Youtube. Nur wenige der dort veröffentlichten Videos erreichen mehr als 100 Abrufe. Vielfach bleiben die Zahlen im einstelligen Bereich, einige der Beiträge hat sich überhaupt niemand angeschaut.

Verschwunden sind natürlich auch die aus den Philippinen für Gastarbeiter in der Golfregion abgestrahlten Sendungen. Dabei war hier gerade erst eine Verlängerung des Abendprogramms von zwei auf drei Stunden arrangiert worden.

Die Trump-Regierung ihrerseits hat das plötzliche Umschwenken auf eine Abwicklung des Auslandsrundfunks jetzt auch personalpolitisch dokumentiert und ihren Kandidaten für die Leitung der USAGM, Brent Bozell, zurückgezogen.

Vorgesehen wurde stattdessen eine Verwendung von Bozell als Botschafter in Südafrika. Dazu gibt es den süffisanten Kommentar, er werde in Pretoria wohl binnen weniger Tage einen Grund dafür liefern, die Ausweisung des südafrikanischen Botschafters aus den USA zu erwidern.

Zu den Vorgängen äußerte sich die russische VOA-Mitarbeiterin Xenia Turkowa. Sie schreibt darüber, was sie und ihre Landsleute besonders verstört: Wie sie alles wiedererkennen.

Erst habe man bei der sich schleichend ausbreitenden Selbstzensur nicht wahrhaben wollen, erneut so etwas zu erleben wie 2002 in Moskau nach der Geiselnahme im Dubrowka-Theater, als trotz der bekannten Zahl an Todesopfern die „brillante Operation“ gepriesen werden sollte:

» Ich lehnte es ab, auf Sendung zu gehen. Später nahm mich ein Chef beiseite. „Weißt du, wie wir diese Lizenz bekommen haben?“, fragte er mich. „Wir können es uns nicht leisten, sie zu verlieren.“ Acht Monate später waren wir abgeschaltet. «

Nach der Angst habe man auch die Rhetorik wiedererkannt und schließlich die Methode, Medien über das Wochenende, über Nacht oder von jetzt auf gleich kaltzustellen:

» Man sagt sich selbst: „Drehe nicht durch, das ist nicht Russland! Ja, du hast das schon einmal gesehen, aber hier ist das unmöglich!“ Und dann dämmert die entsetzlichste Erkenntnis überhaupt: Auch genau das hat man sich in Russland schon einmal gesagt. «

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 30.03.2025