Rückkehr nicht zu erwarten - Keine Kurzwelle aus Zentralamerika mehr

Zentralamerika
© University of Texas

Im gesamten Teilkontinent Zentralamerika, also der Landbrücke zwischen Mexiko und Kolumbien (ausgenommen die mit unter den bekannteren Begriff Mittelamerika fallende Karibik), dürfte der Kurzwellenrundfunk beendet sein. Mit einer Rückkehr der letzten Station, einem Missionssender in Guatemala, ist nicht mehr zu rechnen.

Guatemala mit Chiquimula
© Open Street Map
Radio Verdad
Der Gründer von Radio Verdad, Édgar Madrid, mit dem Transistorsender 4055 kHz© Radio Verdad

Dieses Radio Verdad in Chiquimula, im Osten des Landes, war in seiner letzten Ausprägung mit einem Kleinsender auf 4055 kHz aktiv. Ende 2021 hat sich das Sendegerät, wie es der Gründer der Station formulierte, in Rauch aufgelöst.

Seit Jahren ist Radio Verdad ein Opfer von Betrügern, die etwas von „neuartigen, weltweiten Signalverstärkern, die keine Sender sind“ erzählen. Anscheinend überwies der Gründer für diese Illusion sein gesamtes Geld und verlor dadurch inzwischen selbst den Zugang zum Internet. Mit einer nochmaligen Aufnahme des Sendebetriebs ist deshalb nicht mehr zu rechnen.

Missionsprogramme auf leistungsschwachen Kurzwellen gab es einst auch in Honduras. Letzter Vertreter dieser Gattung war hier das von US-Amerikanern betriebene Radio Misiones Internacionales. Es hat seine Frequenzen im 90- und 60-Meterband um 2012 aufgegeben und sendet jetzt nur noch auf UKW sowie Mittelwelle.

Angebliche Sendestation KIMF
Ungeheuer von Loch Ness, außen | © PR KIMF
Angebliche Sendestation KIMF
Ungeheuer von Loch Ness, innen | © PR KIMF

2017 ventilierten die Betreiber noch einmal die kurz nach der Jahrtausendwende in Umlauf gebrachte Ankündigung, das in Tegucilgapa produzierte Programm aus Nevada auf Kurzwelle umsetzen zu wollen. Dazu präsentierten sie die hier zu sehenden Fotos. Die Bezeichnung der Abbildungen stammt von einem langjährigen Kenner der US-Kurzwellenszene.

Zuletzt war die Rede von angestrebten Übernahmen durch einen der als „Voice of Hope“ auftretenden Rundfunksender, nämlich die Kurzwellenstation in Los Angeles. Daraus ist jedoch ebenfalls nichts geworden. Wegen der auch in den USA explodierenden Strompreise ist dieser Sender inzwischen nur noch wenige Stunden am Wochenende aktiv.

Einstige Hochburg des Kurzwellenrundfunks in Zentralamerika war Costa Rica. Hier gab es gleich drei Sendestationen für internationale Ausstrahlungen.

Adventist World Radio, Latin AmericaWerbung für die 1999 eingestellten Sendungen aus Costa Rica

Die erste war ein Kind der CIA, die ab 1983 das gegen Nicaragua gerichtete Radio Impacto betrieb. Nachdem dieses Projekt mit der Abwahl der Sandinisten sein Ziel erreicht hatte, wurden die Sendeanlagen 1990 an Adventist World Radio verkauft, das damit eine kleinere eigene Station ersetzte.

Schon 1999 entschied sich AWR jedoch, in Lateinamerika auf die Kurzwelle zu verzichten. Somit kam die Station zum Tele-Evangelisten Gene Scott, der hier fortan den Ton seines Fernsehprogramms ausstrahlen ließ.

Nach dem Tod von Gene Scott (2005) reichte die Witwe einen der 50 kW starken Sender weiter an WRNO, ein Kurzwellenprojekt in New Orleans, das sich zuvor neben WWCR einen Ruf als Sendedienstleister von Ernst Zündel erarbeitet hatte.

2008 endete der Betrieb der alten CIA-Station schließlich ganz, nachdem die Scott-Witwe nicht bereit war, einen fünfstelligen Betrag für den Kauf neuer Senderöhren und weitere Reparaturen bereitzustellen.

Zweiter Betreiber internationalen Rundfunks in Costa Rica war Radio for Peace International, ein Projekt US-amerikanischer Friedensaktivisten. Sie waren 1985 vom damaligen Präsidenten des Landes eingeladen worden, sich mit ihrem Hörfunkprojekt auf dem Gelände der University of Peace, einer Einrichtung der Vereinten Nationen, niederzulassen.

Das erwies sich als Schönwetterkonstrukt, das 2003, als diese Einrichtung auf eine wirtschaftsnähere Linie umschwenkte, in Scherben fiel. Zur angestrebten Wiederaufnahme des Betriebs an einem anderen Standort kam es nicht mehr.

2008 beendete RFPI schließlich auch die Arbeit als Internetradio, da – wie der Gründer des Senders unumwunden einräumte – die sehr geringen Hörerzahlen den Aufwand nicht mehr rechtfertigen konnten. Zurück blieben Erinnerungsseiten, auch über ein spezielles Detail: Zeitweise (bei Anwesenheit entsprechender Mitwirkender) sendete RFPI in deutscher Sprache.

Letzter Kurzwellen-Zugang in Costa Rica war der heutige spanische Rundfunk RTVE, der hier erst 1990 eine kleine Anlage mit drei jeweils 100 kW starken Sendern in Betrieb nahm, um die Versorgung von Nord- und Lateinamerika zu verstärken. 2013 wurde diese Sendestation aufgegeben.

Darüber hinaus gab es die Gattung der Kurzwellen-Kleinfrequenzen von Missionssendern auch in Costa Rica. Letzter Vertreter war das schon Ende der 40er Jahre gegründete Faro del Caribe. Dessen Signal im 60-Meterband verschwand im vorletzten Jahrzehnt.

Der erste Kurzwellensender von Radio Miami International

Zu nennen ist außerdem ein weiterer Kleinsender, den Radio Miami International für die Szene von Exilkubanern betrieb. Das erledigte sich, als für dieses Projekt vor einem Jahrzehnt die Kurzwellenstation von Family Radio in Florida übernommen werden konnte.

Noch zwei weitere zentralamerikanische Länder entwickelten nennenswerte Aktivitäten im Kurzwellenrundfunk. Zum einen kamen aus Nicaragua in den 80er Jahren für das Ausland bestimmte Sendungen. Mit dem Abgang der Sandinisten war es auch damit vorbei. Für einige Zeit blieb danach wiederum das Genre der Missions-Kleinsender.

Erwähnenswert ist außerdem El Salvador, und zwar als Hauptstandort von La Voz del Cid, dem bis in die 90er Jahre hergestellten Kuba-Produkt der CIA.

Der zu diesem Thema seinerzeit als Experte zitierte Betreiber von Radio Miami International hatte sich selbst in die Verbreitung der Sendungen aus der Dominikanischen Republik verstrickt. Weitere Sendestandorte waren Venezuela und, folgt man dem unlängst verstorbenen kubanischen Rundfunkmitarbeiter Arnie Coro, auch Honduras.

Wenn man den Blick auf die im Süden und Norden an Zentralamerika angrenzenden Länder weitet, finden sich immerhin letzte Reste des Kurzwellenrundfunks. In Kolumbien sind das zwar auch schon längst keine leistungsstarken Sender mehr. Diese, aus europäischer Sicht allen voran die Frequenz 5075 kHz von Caracol, verstummten allesamt um die Jahrtausendwende.

5910, 6010 kHz
© Fuerza de Paz

Übrig blieben einmal mehr Kleinsender US-amerikanischer Missionare, hier speziell als Versuch, das seit 1998 politisch ganz anders ausgerichtete Venezuela zu erreichen. Unregelmäßig aktiv ist die Frequenz 4940 kHz.

[Nachtrag: Nach einer Unterbrechung von drei Jahren sind seit April 2023 auch Alcaraván Radio auf 5910 kHz und La Voz de la Consciencia auf 6010 kHz wieder auf Sendung.] Deren Betreiber geriet 2015 in die Schlagzeilen: Die kolumbianische Generalstaatsanwaltschaft beschuldigte ihn, für die FARC-Guerilla zu arbeiten.

In Mexiko ist ebenfalls noch genau ein Programmveranstalter auf Kurzwelle aktiv – diesmal ein säkularer: Radio Educación, das in seiner heutigen Form seit 1968 besteht und seit 1980 die Frequenz 6185 kHz betreibt.

Señal Cultura México
© Radio Educación

Nach langen Bemühungen gelang es Radio Educación in den letzten Jahren, auch UKW-Frequenzen zu erhalten und damit sein Angebot auf mehrere Programme zu diversifizieren. Die Sendefolgen auf der abends (nach MEZ ab 23.00 Uhr) eingeschalteten Kurzwelle präsentieren sich damit als „Señal Cultura México“.

Der Name des Senders könnte eine Trägerschaft durch das Bildungsministerium suggerieren. Bis 2015 war das auch tatsächlich der Fall. Zu einer Änderung führte seinerzeit die Neugründung eines Kulturministeriums, dem sowohl Radio Educación als auch das Kulturfernsehen Canal 22 zugeordnet wurden.

Canal 22 seinerseits ist der letzte Rest der staatlichen Fernsehgesellschaft Imevisión. Alle anderen Aktivitäten wurden 1993 verkauft und bilden heute als TV Azteca den zweitgrößten Anbieter nach Televisa, das sich bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986 unter anderem mit dem Abzocken ausländischer Fernsehsender hervorgetan hatte.

Instituto Mexicano de la Radio
© IMER

Bis heute zum Bildungsministerium gehört das Instituto Mexicano de la Radio. Es hatte 2019 massive, mit der Entlassung von 220 Mitarbeitern verbundene Sparmaßnahmen hinzunehmen. Ein Kolumnist schrieb seinerzeit, der soziale und kulturelle Bereich habe für die Rettung des staatlichen Erdölkonzerns Pemex zu bluten.

Trotzdem betreibt das IMER bis heute einen Auslandsdienst. Er ist ein reines Internetradio, seit seine Kurzwellensender 2014 endgültig abgeschaltet wurden. Das beendete nur noch ein langes Siechtum, in dem keine brauchbaren Signale mehr über die Antennen gebracht werden konnten.

Die Kurzwellensendungen privater Veranstalter (noch in den frühen 90er Jahren verzeichnete die Literatur hier nicht weniger als 15 Frequenzen, verteilt auf den Bereich von 2390 bis 15160 kHz) sind schließlich auch in Mexiko schon längst Geschichte.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 05.02.2023