Fünf Wochen nach der letzten Sendung - Drehstandantenne in Moosbrunn abgerissen

Sender Moosbrunn
Jetzt nicht nur im Nebel, sondern ganz verschwunden: Die Moosbrunner Drehstandantenne

Die Schließung der Kurzwellenstation Moosbrunn bei Wien schlägt sich jetzt auch im Landschaftsbild nieder: Am 28. Januar 2025, fünf Wochen nach ihrem letzten Einsatz, wurde die Drehstandantenne abgerissen.

Eine konkrete Ankündigung des Termins unterblieb absichtlich. Grund sind die Erfahrungen, die 2010 beim Abbruch der Masten des Mittelwellensenders Wien gemacht wurden. Seinerzeit kam es zu einem bereits bedenklichen Auflauf von rund 6000 Schaulustigen.

Bei der Moosbrunner Drehstandantenne handelte es sich im Prinzip um eine zweiseitige Vorhangantenne, mit jeweils einer Dipolwand für die hohen bzw. niedrigen Kurzwellenfrequenzen. Sie war jedoch nicht an festen Türmen angebracht, sondern lief auf Schienen und konnte so in die jeweils gewünschte Abstrahlrichtung gedreht werden.

Diese Konstruktion der einstigen Telefunken Sendertechnik gab es in Europa außerdem auf der Insel Kvitsøy bei Stavanger. Die dortige AM-Station war nicht nur für die Mittelwelle 1314 kHz, sondern auch den 2001 eingestellten Auslandsdienst des norwegischen Rundfunks NRK bestimmt.

Abgesehen von klandestin abgewickelten Ausstrahlungen nach Simbabwe gab es AM-Sendungen anderer Kunden dort nur noch bis 2003. Damit zog der Sendernetzbetreiber Norkring die Konsequenzen aus dem Ärger, den ihm die Ausstrahlung des heute als Dengê Gel auftretenden kurdischen Radios eingebracht hatte.

Stattdessen wollte man sich ganz auf die vermeintliche digitale Zukunft der Kurzwelle konzentrieren. Diese fand bekanntlich nicht statt, was 2011 in die endgültige Abschaltung der Sendeanlagen auf Kvitsøy und im Jahr darauf deren Abbruch mündete.

Eine weitere Telefunken-Drehstandantenne ist hingegen unverändert vorhanden und könnte auch nach wie vor in den täglichen Betrieb eingebunden sein: Auf der einzigen jetzt noch aktiven Kurzwellenstation des iranischen Rundfunks IRIB, bei Sirdschan an der Straße nach Kerman.

Auch die damalige Firma Brown, Boveri & Cie. (Schweiz) lieferte auf Schienen drehbare Antennen. Gleich drei Stück davon zeigt das Satellitenbild bis heute auf der Sendestation Karadsch-Kamalabad bei Teheran, obwohl sie bereits seit 2016 stillgelegt ist.

In Europa gab es eine solche Antenne in der Schweiz selbst, auf der Station Sottens, die als letzter Kurzwellenstandort des Landes bis 2004 aktiv war. (Der dazugehörige Sender entsprach äußerlich, wie auch von der Telefunken-Röhrentechnik mit 500/600 kW bekannt, weitgehend der Mittelwellenanlage, die noch bis 2010 arbeitete.)

Eine weitere Konstruktion dieser Art kam aus der Sowjetunion. Weithin bekannt ist das bis 2022 genutzte Exemplar auf der Station Grigoriopol. Dazu siehe als Zeitdokument die Einstellwerte des Senders für Trans World Radio nach Asien (7590 kHz) und Ostafrika (9750 kHz) sowie die bereits erwähnte, heute aus Armenien sendende Dengê Gel.

Die Station Padarsko bei Plovdiv verfügte ebenfalls über eine solche Antenne. Diese Kurzwellenanlage ist 2012 final abgeschaltet und kurz danach verwertet worden (das heißt: die ausgeweideten, wertlosen Bauhüllen überließ man sich selbst).

Über die Drehstandantenne in Moosbrunn sendete Radio Österreich International mit 500 kW zu den jeweils geeigneten Tageszeiten in alle weiter entfernten Weltgegenden. Nachdem es damit vorbei war, diente die Antenne vor allem den Ausstrahlungen von Adventist World Radio nach Afrika und Asien, die ab 2001 das wirtschaftliche Fundament der Station waren.

Zum letzten Einsatz der Antenne kam es am Heiligabend 2024 mit der in den Indischen Ozean gerichteten Frequenz 9635 kHz der Seeleute-Sendung des Norddeutschen Rundfunks. Aus alter Gewohnheit wurde dabei das Programm „NDR Info Spezial“ aufgeschaltet, wodurch in der ersten Stunde eine nicht hierher gehörende Kindersendung auf Kurzwelle ging.

Die Zielgruppe versäumte dadurch allerdings nichts, denn es gab nur noch eine in Hamburg aufgezeichnete Grußrunde. Die bisher übliche Veranstaltung in Leer entfiel, wodurch in jener ersten der drei Sendestunden stattdessen ein „Warm up“ lief.

Nach dem Heiligabend kamen aus Moosbrunn bis zum Silvestertag, 15.00 Uhr, noch mehrere Abschiedssendungen im 49-Meterband über jene Quadrantantenne, die über Jahrzehnte der Frequenz 6155 kHz diente. Zuletzt lief dort das Programm von Österreich 1 noch an Werktagen für 33 Minuten. Dies geschah bereits am 19. Oktober 2024 zum letzten Mal.

Sender Moosbrunn
Drehstandantenne noch einmal ohne Nebel | © Brigitte Rieser, CC-BY-SA

Eine detaillierte Beschreibung der Station Moosbrunn liefert diese Broschüre aus den 90er Jahren, die sich noch an eine alte Sprachregelung hielt: In Bezug auf die Kurzwellenausstrahlung, die bis 1985 aus Innsbruck kam, durfte keinesfalls das Wort Südtirol fallen und nur vage von schlechtem Mittelwellenempfang in Alpentälern gesprochen werden.

Die ursprünglichen Ausrüstungen aus den 60er Jahren wurden 2000 durch zwei Sender dieses Typs ersetzt. Mit der Standardbegründung „Digitalisierung“ konnte das noch durchgesetzt werden, obwohl sich der Untergang von Radio Österreich International bereits abzeichnete.

Von den Antennen wurden die ursprünglichen Rhomben schon vor Jahren abgerissen. Am 19. September 2024 folgte ohne großes Aufhebens die zweite auffällige Konstruktion: Die 2022 unbrauchbar gewordene, nicht mehr standsichere Doppelwand, eine klassische feste Vorhangantenne.

Sie diente dem (auch gleichzeitigen) Einsatz je einer zusätzlichen Frequenz in östliche und westliche, durch elektrisches „Schielen“ in weiten Grenzen veränderbare Richtung. Möglich war der Bereich von 9 bis 21 MHz, und zwar nach Osten mit 100 kW, nach Westen ggf. (mit dem Sender der nachts abgeschalteten Frequenz 6155 kHz) auch mit 300 kW.

Mit dem Abbruch der Drehstandantenne (deren umfangreiches Fundament auch noch zu beseitigen wäre) ist die Demontage der Anlagen nicht etwa abgeschlossen. Noch immer stehen die Quadrantantennen und Doppelkegelreusen für Rundstrahlung sowie die drehbare logarithmisch-periodische Antenne für Sendegebiete in mittlerer Entfernung .

In den letzten beiden Jahren waren schon nur noch die Sender von 2000 in Betrieb, nachdem eine erhebliche Erhöhung der Strompreise keinen wettbewerbsfähigen Betrieb mit Leistungen von mehr als 100 kW mehr zuließ. Dadurch entfiel die Tätigkeit als Subauftragnehmer von Media Broadcast und Encompass Digital Media; letztere außer für exotischere Kunden auch für die BBC.

Zum völligen „Aus“ führte schließlich eine Entscheidung von Adventist World Radio, zum 27. Oktober 2024 alle Ausstrahlungen über Kurzwellenkapazitäten externer Betreiber zu kündigen und nur die eigene Sendestation auf der Pazifikinsel Guam zu behalten.

Angesichts von zuletzt zehn Stunden belegter Sendezeit, wohlgemerkt: täglich, konnte man Moosbrunn eine Station dieses Missionssenders nennen. Alles andere, eingeschlossen der Restbetrieb der Frequenz 6155 kHz, war nur noch Beiwerk, mit dem sich die Anlage nicht mehr halten ließ.

Dabei vollzog Adventist World Radio inzwischen schon wieder den teilweisen Rückzug vom Rückzug. Für die Station Moosbrunn gab es zwar keine Rettung mehr, aber die Betreiber der Kurzwellenanlagen Nauen und Talata Volonondry, die ähnlich große Sendevolumina verloren hatten, können sich jetzt wieder über eine etwas bessere Auslastung freuen.

Aus der Zentrale der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in den USA gibt es zu alldem keinerlei Erklärungen. Die Entwicklungen wurden allein durch Dritte und ehrenamtliche Mitarbeiter bekannt.

Auch die Ausstrahlungspartner bekamen die Abkündigungen anscheinend erst im September. Es existierten bereits Frequenzplanungen für das Winterhalbjahr, die somit für den Papierkorb erarbeitet wurden.

Man könnte fragen, ob ein Zusammenhang mit dem Rückzug von Adrian Peterson als sicher größtem Fürsprecher der Kurzwelle in diesem Haus besteht. Bekannt ist Peterson durch die von ihm geschaffene Radiohobby-Sendung „Wavescan“, die Adventist World Radio zuletzt kostenlos zugeliefert bekam.

Für sich spricht, wie das Medienhaus mit diesen Partnern umging: Parallel zum Ausstieg aus der Kurzwelle hörte man damit auf, die geschenkte Sendung in der eigenen Podcast-Plattform „AWR 360“ bereitzustellen, und hielt es nicht einmal für nötig, das den Produzenten mitzuteilen (von Dank ganz zu schweigen). Deshalb erscheinen die Beiträge jetzt an anderer Stelle.

Wie es aussieht, führte der Wegfall aller Ausstrahlungen von Adventist World Radio nicht nur in Moosbrunn zur Schließung, sondern auch bei der früheren Sendestation der Deutschen Welle in Sri Lanka. Dort war die Freikirche mit fast elf Stunden am Tag der letzte externe Kunde überhaupt.

Die Übertragungen aus Trincomalee endeten bereits am 23. September. Der dazu gegebene Verweis auf einen Technikausfall wirkt fadenscheinig, wenn man die Art und Weise des Umgangs von Adventist World Radio mit seinen Partnern und auch den eigenen Dependancen außerhalb der USA kennt.

Deutsche Welle, Sender Sines (Portugal)
2011 stillgelegt und anschließend abgerissen: Die Sendestation der Deutschen Welle in Portugal; hier im Zustand einer umfangreichen, erst nach 2000 realisierten Modernisierung

Die Rundfunkaktivitäten der Freikirche begannen in den USA bereits in den 30er Jahren, seinerzeit als Voice of Prophecy. Adventist World Radio entstand, als die Deutsche Welle ihre 1971 in Betrieb genommenen Sender in Portugal zur Mitnutzung anbot.

Ab 1975 wurden auch die Sender in Malta einbezogen, was sich wegen technischer Unzulänglichkeiten aber nicht bewährte. Als 1982 die Regierung von Malta auch noch ein dreimonatiges Sendeverbot aussprach, zog Adventist World Radio sich hier zurück.

1979 begann darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit Radio Andorra. Diese Ausstrahlungen endeten zwangsläufig 1981, als der Zwergstaat in den Pyrenäen einen weiteren Betrieb der Sender nicht mehr zuließ.

Deshalb wich Adventist World Radio nach Italien aus und nahm 1985 in Forlì, südwestlich von Ravenna, einen eigenen Kleinsender in Betrieb. Zu sehen ist er in dieser Chronik, die auch manches andere zeigt, darunter den Abspielraum der Station Sines in Portugal.

Das sollte eigentlich der Vorläufer einer leistungsfähigen Kurzwellenstation in Arganda, zwischen Ferrara und Ravenna, sein. Dort kam es auch noch zum „ersten Spatenstich“. Aus der 1998 stillgelegten Station Schwarzenburg in der Schweiz wurden einige Sender und verschiedenes Antennenzubehör übernommen.

Wenig später ließ Adventist World Radio das Projekt jedoch fallen und legte 2001 auch den Kleinsender in Forlì still. Einen der Sender aus Schwarzenburg konnte man der Station WMLK in den USA verkaufen, wo er 2017 einem Brand zum Opfer fiel.

Als Reminiszenz an diese Zeiten kam aus Nauen bis zuletzt am Sonntagmittag eine einstündige Sendung in italienischer Sprache. Sie war die letzte, die Adventist World Radio noch auf Kurzwelle in Europa verbreitet hat, seit 2021 die täglichen Ausstrahlungen von Bulgarisch entfallen sind.

Die Sendungen aus Portugal wiederum fanden ihr Ende, als die russische Seite ein billigeres Angebot machte. Somit liefen die Programme von 1992 bis 1996 stattdessen über die Sender im Raum Moskau, in Samara und in Jekaterinburg.

Nächste Station war die Slowakei. Dort wurden Kapazitäten in größerem Umfang frei, als Radio Prag die nach Auflösung des Föderalstaates zunächst noch praktizierte Weiternutzung der auf slowakischem Gebiet stehenden Sender beendete.

Schließlich suchte 2001, mit dem ersten Schritt der Abwicklung von Radio Österreich International, auch die Station Moosbrunn neue Aufgaben. Damit begann die am längsten beibehaltene Partnerschaft von Adventist World Radio mit einem Sendernetzbetreiber in Europa, später noch ergänzt um die Buchungen bei der Media Broadcast.

Hope Channel Radio: Große Veränderungen ab 1. Juli 2018
Archivbild: Abschaltung des Satellitenradios | © hopechannel.de/radio

In den 40er und 50er Jahren hatte die Voice of Prophecy eine internationale Tätigkeit aufgebaut. Dazu gehörte 1948 der Start in Deutschland. Da eine Adaption der englischen Bezeichnung unpassend erschien, wählte man den Namen Stimme der Hoffnung, unter dem sich dann auch Sendungen in zahlreichen anderen europäischen Sprachen präsentierten.

1973 beschäftigte sich diese Stelle der evangelischen Kirche in ihrem Materialdienst unter der Überschrift „Endzeitgemeinde im Wandel“ mit den Sendungen, die auch Eingang in den Kirchenfunk der ARD fanden. Das Urteil: Sie seien „eher rein biblisch-evangelistisch als adventistisch-sonderkirchlich“ – etwas, das man von den Produktionen aus den USA nicht behaupten kann.

Dort begann 2003 unter dem Namen Hope Channel der Aufbau von Fernsehaktivitäten. Diese Marke übernahm in der Folge auch das inzwischen aus Darmstadt in einen Neubau im unweit gelegenen Alsbach umgezogene Medienhaus. Zu den heute verwendeten Varianten gehört die nunmehrige institutionelle Bezeichnung als „Hope Media“.

Die Sendungen in deutscher Sprache wurden 2007 aus dem Kurzwellenprogramm von Adventist World Radio genommen. 2018 folgte die völlige Abschaltung des linearen Hörfunks. An dessen Stelle trat die alleinige Verbreitung der Audioproduktionen als Podcasts.

Schwerpunkt ist seit 2009 ein Fernsehprogramm, auch wenn die Hope Media damit an die Grenzen ihrer Möglichkeiten geht, wie so mancher langatmigen Studioproduktion anzusehen ist. Zugleich sind die Adventisten auch ohne Moosbrunn-Kurzwelle weiterhin Kunden der Österreichischen Rundfunksender GmbH, denn sie übernimmt seit 2015 die Satellitenausstrahlung des Fernsehkanals.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 02.02.2025