Ende am 31. Dezember 2024 - Die letzten Sendungen aus Moosbrunn
Die Österreichische Rundfunksender GmbH beendet bekanntlich am 31. Dezember 2024 den Betrieb ihrer Kurzwellenstation in Moosbrunn bei Wien. Bis dahin gibt es noch zwei reguläre Sendungen und drei spezielle Abschiedsaktionen.
Bei den regulären Sendungen handelt es sich um die Ausgaben von Radio DARC an den verbleibenden Sonntagen, dem 22. und 29. Dezember, jeweils ab 11.00 Uhr auf 6070 kHz. Zum Abschied wird die letzte aus Moosbrunn abgestrahlte Ausgabe auf zwei Stunden bis 13.00 Uhr verlängert.
Der Amateurfunkverband hat inzwischen beschlossen, die Mehrkosten dafür zu tragen, Sendezeit als reine technische Dienstleistung bei Encompass Digital Media in England anzumieten. Somit kommt die wöchentliche Sendung ab Januar von dort; wegen der größeren Entfernung dann im 31-Meterband auf 9670 kHz.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag gibt es ebenfalls auf 6070 kHz eine Sondersendung mehrerer Beteiligter von 10.00 bis 16.00 Uhr.
Am Silvestertag verabschiedet sich die ORS selbst von 10.00 bis 13.00 Uhr auf 6055 kHz. Die Sendung wird verschiedene Beiträge über den Rundfunk in Österreich enthalten, darunter eines der letzten aufgezeichneten Gespräche mit Wolf Harranth als Wiederholung einer Sonderausstrahlung im Herbst.
Um 13.00 Uhr wird der Sender noch einmal auf 6070 kHz umgeschaltet und überträgt, als allerletzte Ausstrahlung überhaupt, bis 15.00 Uhr eine Produktion von SM Radio Dessau, das mit hoher Leistung auf Kurzwelle künftig aus Nauen und damit weiterhin im 49-Meterband sendet.
Es gibt Veröffentlichungen, die in der Tat auch die Ausstrahlung am Heiligabend auf 9635 kHz noch einmal in Moosbrunn sehen, obwohl ihre Auslagerung verzichtbar wäre, da nicht mehr bis zu drei Sender in Nauen von Adventist World Radio belegt sind. So oder so wird innerhalb von Mitteleuropa nicht viel von dieser Frequenz zu hören sein.
Die zuletzt auf werktägliche 33 Minuten beschränkten Ausstrahlungen des ORF sind bereits Geschichte. Letztmalig eingeschaltet wurde die über Jahrzehnte genutzte Frequenz 6155 kHz am 19. Oktober. Da das erst im Nachhinein bekannt wurde, existiert zumindest auf dem freien Markt kein Mitschnitt der letzten Augenblicke.
Unter dem Strich hat die Sendestation Moosbrunn das reguläre Auslandsprogramm des ORF, Radio Österreich International, um ganze 21 Jahre überlebt – immerhin das gesamte letzte Drittel ihrer Existenz. Das hätte 2003 niemand für möglich gehalten.
In diesen zwei Jahrzehnten stützte sich der Betrieb auf ausländische Kunden. Den Anfang vom Ende brachte schließlich eine erhebliche, Anfang 2023 in Kraft getretene Erhöhung der Strompreise. Damit endete die Tätigkeit als Subauftragnehmer von Encompass Digital Media (insbesondere für die BBC) und Media Broadcast.
Aktiv waren in den letzten beiden Jahren nur noch zwei Sender dieser Bauart mit einer Nennleistung von 100 kW, die erst im Jahre 2000 installiert wurden. Mit der Standardbegründung „Digitalisierung“ konnte das noch durchgesetzt werden, obwohl sich der Untergang von Radio Österreich International bereits abzeichnete.
Von den Antennen noch nutzbar waren zuletzt eine rundstrahlende Quadrantantenne (genutzt im 49-Meterband), eine drehbare logarithmisch-periodische Antenne für mittlere Entfernungen und das Prunkstück der Station, die Drehstandantenne.
Letztere ist eine Vorhangantenne, die auf Schienen läuft und entweder mit der Seite für die niedrigen oder die hohen Frequenzen auf das jeweils gewünschte Zielgebiet eingedreht werden kann. Die Konstruktion hat ein umfangreiches Betonfundament, dessen Beseitigung mit großem Aufwand verbunden sein wird.
Einfacher war das bei der sogenannten Doppelwandantenne, die im Frequenzbereich von 9 bis 21 MHz nach Osten und Westen strahlen konnte, wobei sich beide Seiten unabhängig voneinander betreiben ließen. Diese Antenne war seit 2022 unbrauchbar und nicht mehr standsicher. Sie ist deshalb am 19. September ohne großes Aufhebens abgerissen worden.
Weitere Details zu den Antennen und der früheren Sendetechnik enthält eine Broschüre aus den 90er Jahren. Der Text hält sich noch an eine Sprachregelung, die zu diesem Zeitpunkt bereits obsolet war, einst jedoch einen brisanten Hintergrund hatte: In Bezug auf die Kurzwellenausstrahlung, die es bis 1985 aus Innsbruck gab, durfte keinesfalls das Wort Südtirol fallen.
Das völlige „Aus“ kommt durch eine Entscheidung von Adventist World Radio, zum 27. Oktober 2024 alle Ausstrahlungen über Kurzwellenkapazitäten externer Betreiber zu kündigen und nur die eigene Sendestation auf der Pazifikinsel Guam zu behalten.
Angesichts von zuletzt zehn Stunden belegter Sendezeit, wohlgemerkt: täglich, konnte man Moosbrunn eine Station dieses Missionssenders nennen. Alles andere, eingeschlossen der Restbetrieb der Frequenz 6155 kHz, war nur noch Beiwerk, mit dem allein die Anlage nicht zu halten ist.
Dabei vollzog Adventist World Radio inzwischen schon wieder den teilweisen Rückzug vom Rückzug. Für die Station Moosbrunn gibt es zwar keine Rettung mehr, aber die Betreiber der Kurzwellenanlagen Nauen und Talata Volonondry, die ähnlich große Sendevolumina verloren hatten, können sich jetzt wieder über eine etwas bessere Auslastung freuen.
Aus der Zentrale der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in den USA gibt es zu alldem keinerlei Erklärungen. Die Entwicklungen wurden allein durch Dritte und ehrenamtliche Mitarbeiter bekannt.
Auch die Ausstrahlungspartner bekamen die Abkündigungen anscheinend erst im September. Es existierten bereits Frequenzplanungen für das Winterhalbjahr, die somit für den Papierkorb erarbeitet wurden.
Man könnte fragen, ob ein Zusammenhang mit dem Rückzug von Adrian Peterson als sicher größtem Fürsprecher der Kurzwelle in diesem Haus besteht. Bekannt ist Peterson durch die von ihm geschaffene Radiohobby-Sendung „Wavescan“, die Adventist World Radio zuletzt kostenlos zugeliefert bekam.
Für sich spricht, wie das Medienhaus mit diesen Partnern umging: Parallel zum Ausstieg aus der Kurzwelle hörte man damit auf, die geschenkte Sendung in der eigenen Podcast-Plattform „AWR 360“ bereitzustellen, und hielt es nicht einmal für nötig, das den Produzenten mitzuteilen (von Dank ganz zu schweigen). Deshalb erscheinen die Beiträge jetzt an anderer Stelle.
Wie es aussieht, führte der Wegfall aller Ausstrahlungen von Adventist World Radio nicht nur in Moosbrunn zur Schließung, sondern auch bei der früheren Sendestation der Deutschen Welle in Sri Lanka. Dort war die Freikirche mit fast elf Stunden am Tag der letzte externe Kunde überhaupt.
Die Übertragungen aus Trincomalee endeten bereits am 23. September. Der dazu gegebene Verweis auf einen Technikausfall wirkt fadenscheinig, wenn man die Art und Weise des Umgangs von Adventist World Radio mit seinen Partnern und auch den eigenen Dependancen außerhalb der USA kennt.
Die Rundfunkaktivitäten der Freikirche begannen in den USA bereits in den 30er Jahren, seinerzeit als Voice of Prophecy. Adventist World Radio entstand, als die Deutsche Welle ihre 1971 in Betrieb genommenen Sender in Portugal zur Mitnutzung anbot.
Ab 1975 wurden auch die Sender in Malta einbezogen, was sich wegen technischer Unzulänglichkeiten aber nicht bewährte. Als 1982 die Regierung von Malta auch noch ein dreimonatiges Sendeverbot aussprach, zog Adventist World Radio sich hier zurück.
1979 begann darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit Radio Andorra. Diese Ausstrahlungen endeten zwangsläufig 1981, als der Zwergstaat in den Pyrenäen einen weiteren Betrieb der Sender nicht mehr zuließ.
Deshalb wich Adventist World Radio nach Italien aus und nahm 1985 in Forlì, südwestlich von Ravenna, einen eigenen Kleinsender in Betrieb. Zu sehen ist er in dieser Chronik, die auch manches andere zeigt, darunter den Abspielraum der Station Sines in Portugal.
Das sollte eigentlich der Vorläufer einer leistungsfähigen Kurzwellenstation in Arganda, zwischen Ferrara und Ravenna, sein. Dort kam es auch noch zum „ersten Spatenstich“. Aus der 1998 stillgelegten Station Schwarzenburg in der Schweiz wurden einige Sender und verschiedenes Antennenzubehör übernommen.
Wenig später ließ Adventist World Radio das Projekt jedoch fallen und legte 2001 auch den Kleinsender in Forlì still. Einen der Sender aus Schwarzenburg konnte man der Station WMLK in den USA verkaufen, wo er 2017 einem Brand zum Opfer fiel.
Als Reminiszenz an diese Zeiten kam aus Nauen bis zuletzt am Sonntagmittag eine einstündige Sendung in italienischer Sprache. Sie war die letzte, die Adventist World Radio noch auf Kurzwelle in Europa verbreitet hat, seit 2021 die täglichen Ausstrahlungen von Bulgarisch entfallen sind.
Die Sendungen aus Portugal wiederum fanden ihr Ende, als die russische Seite ein billigeres Angebot machte. Somit liefen die Programme von 1992 bis 1996 stattdessen über die Sender im Raum Moskau, in Samara und in Jekaterinburg.
Nächste Station war die Slowakei. Dort wurden Kapazitäten in größerem Umfang frei, als Radio Prag die nach Auflösung des Föderalstaates zunächst noch praktizierte Weiternutzung der auf slowakischem Gebiet stehenden Sender beendete.
Schließlich suchte 2001, mit dem ersten Schritt der Abwicklung von Radio Österreich International, auch die Station Moosbrunn neue Aufgaben. Damit begann die am längsten beibehaltene Partnerschaft von Adventist World Radio mit einem Sendernetzbetreiber in Europa, später noch ergänzt um die Buchungen bei der Media Broadcast.
In den 40er und 50er Jahren hatte die Voice of Prophecy eine internationale Tätigkeit aufgebaut. Dazu gehörte 1948 der Start in Deutschland. Da eine Adaption der englischen Bezeichnung unpassend erschien, wählte man den Namen Stimme der Hoffnung, unter dem sich dann auch Sendungen in zahlreichen anderen europäischen Sprachen präsentierten.
1973 beschäftigte sich diese Stelle der evangelischen Kirche in ihrem Materialdienst unter der Überschrift „Endzeitgemeinde im Wandel“ mit den Sendungen, die auch Eingang in den Kirchenfunk der ARD fanden. Das Urteil: Sie seien „eher rein biblisch-evangelistisch als adventistisch-sonderkirchlich“ – etwas, das man von den Produktionen aus den USA nicht behaupten kann.
Dort begann 2003 unter dem Namen Hope Channel der Aufbau von Fernsehaktivitäten. Diese Marke übernahm in der Folge auch das inzwischen aus Darmstadt in einen Neubau im unweit gelegenen Alsbach umgezogene Medienhaus. Zu den heute verwendeten Varianten gehört die nunmehrige institutionelle Bezeichnung als „Hope Media“.
Die Sendungen in deutscher Sprache wurden 2007 aus dem Kurzwellenprogramm von Adventist World Radio genommen. 2018 folgte die völlige Abschaltung des linearen Hörfunks. An dessen Stelle trat die alleinige Verbreitung der Audioproduktionen als Podcasts.
Schwerpunkt ist seit 2009 ein Fernsehprogramm, auch wenn die Hope Media damit an die Grenzen ihrer Möglichkeiten geht, wie so mancher langatmigen Studioproduktion anzusehen ist. Zugleich sind die Adventisten auch ohne Moosbrunn-Kurzwelle weiterhin Kunden der Österreichischen Rundfunksender GmbH, denn sie übernimmt seit 2015 die Satellitenausstrahlung des Fernsehkanals.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 15.12.2024