31. Dezember 2022 - Ende der Mittelwelle in der Slowakei
Eigentlich hatte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Slowakei schon vor fast anderthalb Jahrzehnten von der Mittelwelle zurückgezogen. Der Silvesterabend 2022 dürfte nun den endgültigen Abschied bringen.
Jetzt noch aktiv ist zum einen die slowakische Hauptmittelwelle 1098 kHz aus dem Raum Nitra.
Ursprünglich kam die Frequenz vom Sender Veľké Kostoľany. Dieser Standort war einst auch auf Kurzwelle aktiv, jedoch nur mit bescheidenen Anlagen. Deren Betrieb endete schon um 1998, als der Tschechische Rundfunk die zunächst noch praktizierte Weiternutzung der Kurzwellensender in der Slowakei aufgab.
1988 übernahm eine völlig neu aufgebaute Sendeanlage in Veľké Zálužie bei Nitra den Betrieb auf 1098 kHz. Pläne, die Station von den ursprünglichen 750 kW ab 1989 noch weiter auf 1500 kW zu verstärken, wurden nicht mehr realisiert und im Gegenteil gegen Ende der 90er Jahre die Leistung auf 260 kW abgesenkt.
Nach nur 15 Jahren endete der Betrieb dieser neuen Station dann schon wieder. Inzwischen ist nur noch ihr geräumtes, mittlerweile verwüstetes Gebäude übrig. Die Ausstrahlung auf 1098 kHz übernahm ab 2003 stattdessen mit noch 50 kW die einige Kilometer entfernte Station Jarok, wo zuvor die Frequenz 1521 kHz entfallen war.
Fünf Jahre später folgte der Anfang vom völligen Ende: Der Slowakische Rundfunk behielt nur noch drei Mittelwellen für seine Sendungen in Minderheitensprachen. Alle anderen Sender auf 567, 621, 864, 900, 927 und 1035 kHz gingen außer Betrieb.
Anfang 2009 entfielen zunächst auch die Ausstrahlungen auf 702, 1017 und 1098 kHz. Die Sendungen in den meisten Minderheitensprachen (darunter ein winziges Restangebot in Deutsch) laufen seitdem ab 18.15 Uhr im Programm von Rádio Regina, der Regionalkette, auf der dieser harte Abschaltimpuls zum Ende des Tagesprogramms in Kauf genommen wird.
Das eigentliche Rádio Patria ist damit ein rein ungarischsprachiges, von 6.00 bis 18.00 Uhr laufendes Programm. Dessen Zielgruppe beläuft sich nach den jüngsten offiziellen Daten immer noch auf gut acht Prozent der slowakischen Bevölkerung. Entlang der Grenze zu Ungarn stellt sie die Mehrheit der dortigen Einwohner.
In dieser Region lief Rádio Patria fortan auf vier Frequenzen von Rádio Devín und weiteren drei Frequenzen von Rádio FM. Die so aufgerissenen Versorgungslücken waren in der Realität aber doch größer als im Wunschdenken der Planer. Auch für Rádio Patria blieb diese Lösung unbefriedigend, da sie etwa Bratislava und Trnava komplett außen vor ließ.
Nach wenigen Wochen gab es deshalb doch noch einmal eine Mittelwellen-Minimallösung: Einmal 10 und einmal 5 kW, aus abrechnungstechnischen Gründen nun rund um die Uhr. Die Bespielung der Abend- und Nachtstunden übernahm Rádio Devín, was im Ausland immer wieder für Verwunderung sorgte, denn klassische Musik ist auf Mittelwelle inzwischen sehr exotisch.
Die 10 kW kamen wieder auf 1098 kHz aus Jarok. Die 5 kW sollten auf der westslowakischen Hauptmittelwelle 702 kHz zum Einsatz gelangen. Auf den alten, einst hier mit bis zu 400 kW betriebenen und inzwischen komplett eliminierten Sender Haniska bei Prešov wurde jedoch nicht wieder zurückgegriffen.
Stattdessen fiel die Wahl auf Čižatice bei Košice, errichtet in den 70er Jahren als Hauptsender für die Frequenz 1521 kHz des föderalweiten Hvězda-Programms. Diese Aufgabe erledigte sich Ende 1992 mit der Auflösung des Staatenbundes. Dabei gibt es aus tschechischen Quellen die Andeutung, der Sender habe seine volle Leistung von 600 kW nie erreicht.
Auch so brachte er es immer noch weiter als das letzte tschechoslowakische Großsenderprojekt Kurojedy, bei Bor an der Autobahn von Prag nach Nürnberg. Der Bau dieser Anlage, die mit 1500 kW auf 1287 kHz über die nahe Grenze hinein nach Bayern strahlen sollte, wurde noch 1989 abgebrochen. Inzwischen ist die Baustelle beräumt.
Das gilt seit wenigen Jahren auch für die Antenne 1521 kHz in Čižatice. Übrig und jetzt noch auf 702 kHz aktiv ist einzig die kleine Anlage, die bis 2008 auf 927 kHz lief.
2017 kam es sogar zu einer Verstärkung dieses Mittelwellendienstes. Die Sendeleistung auf 1098 kHz wurde auf immerhin 25 kW angehoben und der Sender Rimavská Sobota noch einmal in Betrieb genommen. Er stand still, seit der Slowakische Rundfunk die Kurzwellenausstrahlung seines Auslandsdienstes 2011 eingestellt hatte.
Der Mittelwellenbetrieb ruhte in Rimavská Sobota bereits seit 2008. Aus unbekannten Gründen fiel für seine nochmalige Aufnahme die Wahl auf keine der einst von hier genutzten Frequenzen, also weder auf 567 noch auf 1017 kHz.
Stattdessen wurde die – für eine Tagesversorgung eigentlich deutlich schlechter geeignete – Frequenz 1521 kHz noch einmal aktiviert. Sie war in der Slowakei seit den 90er Jahren komplett außer Gebrauch. Übertragungen der BBC, die es nach 1992 mit geringen Sendeleistungen gab, verschwanden schon nach kurzer Zeit wieder.
Das galt dann auch für die mit 10 kW gebuchte Nutzung der Frequenz in Rimavská Sobota, die unter technischen Schwierigkeiten mit der 1983 eingebauten Röhrensenderanlage litt. Schon zum Ablauf des 31. Januar 2022 wurde die Ausstrahlung wieder abbestellt.
Damit gibt es, wenn man Kleinsender unter einem Kilowatt ausnimmt, in Europa keine Ausstrahlungen auf 1521 kHz mehr.
Ab Neujahr gilt das dann auch für die Frequenz 702 kHz. Schon einen Monat später könnte das 800 kW starke, derzeit noch zwischen 16.00 und 22.00 Uhr von der BBC aus Oman abgestrahlte Signal ebenfalls verschwinden.
Danach verbleiben auf 702 kHz die ebenfalls mit hoher Leistung (offiziell jetzt auf 500 kW beziffert) vom Südufer des Kaspischen Meeres abgestrahlten, für die Türkei und den postsowjetischen Raum bestimmten Auslandsprogramme aus Teheran. Sender der Leistungsklasse bis 50 kW sollen auf der Frequenz noch in Algerien, Ägypten und Saudi-Arabien in Betrieb sein.
Einfacher gestaltet sich die Aussage, was künftig zu hören sein wird, für die Frequenz 1098 kHz: Hier arbeiten vier Sender des spanischen Rundfunks RTVE mit Leistungen von 5 bis 25 kW. Alles Geraune über eine bevorstehende Einstellung auch dieser Ausstrahlungen hat sich bis jetzt nicht bewahrheitet.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 28.12.2022