Keine Übertragung der „Infowars“ an „The Onion“ - Zwangsversteigerung der Firma von Alex Jones ist gescheitert

Infowars.com, 15.11.2024: „Massive bombshell – Illegal sale of Infowars now under criminal investigation – Alex Jones set to break massive news“
Die Startseite kurz nach der Wiederaufschaltung am 15.11.2024 | © infowars.com

Die Übertragung der „Infowars“ des Verschwörungsideologen Alex Jones an die Satireplattform „The Onion“ ist zumindest vorerst geplatzt. Ein Richter hob den bei der Zwangsversteigerung erteilten Zuschlag auf.

Das Verfahren scheiterte an der Intransparenz, in der ein vorliegendes höheres Gebot als das von „The Onion“ nicht berücksichtigt wurde. Über das weitere Vorgehen hat nun der Insolvenzverwalter zu befinden.

Nach der Erteilung des Zuschlags waren bereits die „Infowars“-Webplattform abgeschaltet und Alex Jones der Zugang zu seinen Studios verwehrt worden. Das hob der Richter am 14. November wegen der eingereichten Beschwerde sofort wieder auf.

Die Versteigerung durch ein Insolvenzverfahren rührt aus dem Schadensersatz von mehr als 1,5 Milliarden Dollar, den Jones zu leisten hat. Dabei geht es um die von ihm auf massive Weise verbreitete Behauptung, das Massaker an der Schule „Sandy Hook“ sei eine Inszenierung gewesen.

Stand vom 15.12.2024


Zu dem Schadensersatz war Jones in mehreren Prozessen 2022 verurteilt worden. Seinerzeit machte er geltend, zahlungsunfähig zu sein. Das konterkarierte er schon damit, weiterhin Sendezeit auf der privaten Kurzwellenstation WWCR einzukaufen.

Im September 2023 verschwanden die „Infowars“ dann doch aus deren Programmschema. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekam Jones nicht etwa die Tür gewiesen, sondern bestellte die Sendezeit von sich aus ab. Dieses Szenario, hier bei einem europäischen Betreiber, ist aus dem Jahre 2020 schon von Stephen Bannon bekannt.

Die Bereitwilligkeit, auch Sendungen rechtsextremen Inhalts ins Programm zu nehmen, ist seit dessen Start im Jahre 1989 charakteristisch für WWCR, allerdings mitnichten ein Alleinstellungsmerkmal.

Wer den Gründer des Senders danach befragt, erhält lediglich eine Tirade darüber, wie WWCR eine Stimme der einfachen Leute sei. Aktuell verbreitet dieser George McClintock über seine heutige Station WTWW Produktionen, gegen die, so formulierte es eine Polemik, Alex Jones fast noch vernünftig wirkt.

Zu breiter Bekanntheit im deutschsprachigen Europa brachte WWCR es 1993 durch Sendungen von Ernst Zündel. Für den bekennenden Nationalsozialisten war die hierzulande zwar besser als ihre Wettbewerber, aber dennoch allenfalls mäßig zu empfangende Kurzwellenstation natürlich nicht die Erfüllung seiner Rundfunkträume.

Diese sah Zündel 1996 gekommen: Es gelang ihm, beim am Rande des Untergangs stehenden Radio Moskau einen Sendeplatz auf Mittelwelle im Gebiet Kaliningrad anzumieten. Aus so schillernden Orten wie Toronto, wo er 2017 noch Nachrufe bekam, hatte er dabei kein wirksames Einschreiten zu befürchten.

Dennoch fand die „Zündelei“ aus dem einstigen Ostpreußen ein sehr schnelles Ende. Wie späteren Äußerungen – diese interessanterweise nicht in deutscher, sondern in englischer Sprache – zu entnehmen war, wurmte Zündel durchaus, von woher dafür gesorgt wurde.

Denn aus inzwischen abgerissenen Plattenbauten, tief in der einstigen DDR, gab es gewisse Kontakte. Die alarmierten Journalisten von Radio Moskau ließen sich eines der Sendebänder vorspielen, deren Inhalt die Techniker nicht verstehen konnten – und hörten mit Entsetzen, was die unbedarften Sendezeitverkäufer ihres Hauses da abgenommen hatten.

Tagesschau, 19.04.1993: Waco – Sektenzentrum abgebrannt
© ARD-aktuell

Alex Jones sieht sein Vorbild in William Cooper. Die Sendungen dieses Verschwörungstheoretikers kamen 1993 ebenfalls ins Programm von WWCR.

Ein stolz präsentiertes Archiv weist ganz bestimmte Lücken auf. Nicht mehr nachzuhören ist deshalb, wie die Vorgänge in Waco bei Cooper ein großes Thema waren. Das brachte WWCR dann doch in gewisse Bedrängnis, denn der Oklahoma-Attentäter berief sich ausdrücklich auf diesen Sendekunden.

Vor der Ausstrahlung durch WWCR gab es die Cooper-Sendungen bereits 1992 im damaligen „Becker Satellite Network“. Dessen Betreiber gehörte zu den Partnern von Allan Weiner, der 1998 die Kurzwellenstation WBCQ gründete und William Cooper sogleich ins Programm nahm.

Nach dem Tod von Cooper im Jahre 2001 übernahm ein Doyel Shamley und führte die Sendung bei WBCQ noch bis 2005 fort. 2020 wollte Shamley sich zur Wahl für das Repräsentantenhaus aufstellen lassen, wurde dann aber doch nicht nominiert.

Tru News, Rick Wiles
Rick Wiles | © trunews.com

Für einige der von Jones aufgegebenen Sendeplätze konnte WWCR mit den „Tru News“ eines Rick Wiles einen Kurzwellen-Rückkehrer gewinnen. Die Schilderung von Hansjörg Biener:

„Er verspricht The truth, the whole truth, nothing but the truth, so help us God. Er greift jedoch rechts orientierte und verschwörungstheoretische Themen auf und beansprucht, auch biblisch orientiert zu sein, was im Spektrum europäischer Theologie sicher bestritten würde. Er geht, wie am 3. Oktober 2023 zu hören war, von einem unmittelbar bevorstehenden Dritten Weltkrieg aus.“

Zu den früheren Sendepartnern von Rick Wiles gehörte 2015 die Voice of Hope mit ihrer Station KVOH in Los Angeles. Damit schließt sich ein weiterer Kreis: Nachdem George McClintock von den Plänen zur Schließung dieses Senders hörte, versuchte er vergeblich, sein WTWW als Ersatz dorthin zu verkaufen.

Gene Scott
Aufzeichnung im Programm der Witwe | © Gene Scott

Halbwegs bekannt ist aus der Kundschaft von WWCR auch die Witwe des 2005 verstorbenen Teleevangelisten Gene Scott.

Ein Kaufangebot für 36,5 Millionen Dollar brachte einige beeindruckende Bilder in die Öffentlichkeit: Die bescheidene Hütte von Gene Scott, von der sich die Witwe 2011 noch für deutlich weniger Geld, nämlich 7,2 Millionen Dollar, getrennt hatte.

Nur noch über die Erben aktiv ist auch ein anderer Kunde von WWCR, der sich dadurch auszeichnet, außerdem die Kurzwellensender in Bulgarien zu nutzen: „Brother“ Stair, der eine ihm ergebene Gefolgschaft aufgebaut hatte.

 

Beitrag von Kai Ludwig