3. Dezember 2024 - Südkorea: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk war schon ausgeschaltet
Wie knapp Südkorea dem Rücksturz in die Militärdiktatur entgangen ist, zeigt ein Blick zum öffentlich-rechtlichen Korean Broadcasting System. Offensichtlich waren dort schon alle Vorkehrungen getroffen.
Zwar hatten andere südkoreanische Medien die Anordnung des Staatspräsidenten Yoon ignoriert und mit ihrer Berichterstattung maßgeblich zum Scheitern seines Putschversuchs beigetragen.
Was jedoch KBS betrifft, genügt ein Blick auf die deutschsprachigen Seiten. Die Verhängung des Ausnahmezustands wurde dort sofort um 23.00 Uhr und 59 Sekunden Ortszeit veröffentlicht und um 23.06 Uhr der Eintrag noch einmal bearbeitet.
Dem folgte um 6.46 Uhr die Mitteilung der Aufhebung. Diese Meldung ist um 17.37 Uhr modifiziert worden. Zuvor hatte um 11.45 Uhr eine erneute Veröffentlichung von Beiträgen begonnen.
Solche Nachtarbeit ist bei kleinen Fremdsprachendiensten völlig unüblich. Bei dem Versuch, die Demokratie in Südkorea zu beenden, war KBS also nachweislich einbezogen. Zur Bewertung dieser Tatsache dürfte es nützlich sein, in der kommenden Zeit die journalistische Tätigkeit speziell auch der deutschsprachigen Redaktion zu verfolgen.
Das Auslandsradio aus Seoul gibt es seit 1953. Aus der ursprünglichen „Stimme des freien Korea“ wurde 1971 „Radio Korea“ (zuletzt mit angehängtem „International“). 1981 begann die Produktion von Sendungen in deutscher Sprache.
1996 startete eine starke Konkurrenz: Arirang, ein englischsprachiger, in Deutschland inzwischen über Astra 19,2° Ost und zahlreiche Kabelnetze verbreiteter Fernsehsender, der mittlerweile auch in die Hörfunkproduktion eingestiegen ist.
2003 zog KBS nach und schuf mit „KBS World“ ebenfalls ein solches Programm, allerdings mit bis heute eher bescheidener Verbreitung. Die so eingeführte Marke gilt inzwischen auch für die Radiosendungen.
Arirang tönte bereits, man sei „der Hauptbetreiber von Auslandsrundfunk der Republik Korea“. Dem stellt KBS World entgegen, „der einzige mehrsprachige internationale Sender Koreas“ zu sein. Diese Formulierung behandelt die Sendungen aus Pjöngjang natürlich als nicht existent.
Leistungsfähige Sendetechnik erhielt das damalige Radio Korea mit der ab 1975 schrittweise aufgebauten Station Gimje (Kimjae). Letzte bekannte Investition war hier 2013 ein neuer Kurzwellensender.
Dennoch blieb der Empfang speziell in Mitteleuropa recht mäßig. Das lag nicht nur an der Entfernung von mehr als 8000 Kilometern, sondern auch an einer oft recht ungeschickten Frequenzwahl.
So wurde in den 90er Jahren versucht, am hiesigen Vormittag im 41-Meterband eine Wiederholung der deutschen Sendung vom Vortag anzubieten. Zu dieser Zeit liegt der gesamte Weg aus Korea im Tageslicht. Die Frequenz war damit viel zu niedrig, um es bis nach Europa zu schaffen. Trotzdem hatte die Ausstrahlung zwei Stammhörer – und zwar in Japan.
Die ersten dieser Direktsendungen nach Europa wurden 2006 eingestellt. Seit 2021 betrifft die schrittweise Reduzierung der Ausstrahlungen auch Asien und führte Anfang 2024 zur Aufgabe überalterter Anlagenteile.
Den Durchbruch für die Hörbarkeit in Europa hatte 1993 eine gegenseitige Überlassung von Sendezeit mit der BBC gebracht. Diese Vereinbarung fand 2011 mit dem drastischen Rückbau des Kurzwellenhörfunks auf Seiten der BBC ihr Ende.
Seitdem laufen die Ausstrahlungen, jetzt über die letzte in England noch aktive Kurzwellenstation bei Birmingham, als bezahlte Dienstleistung. 2015 verwendete KBS zu deren Weiterführung bereits das Attribut „vorerst“. Doch auch im Winter 2024/25 findet sich das deutsche Programm auf dem seit drei Jahrzehnten unverändert gebliebenen Sendeplatz um 21.00 Uhr auf 3955 kHz.
Wirft man nun noch einen Blick auf einschlägige Frequenztabellen, dann könnte der Eindruck entstehen, die Mittelwelle habe in Südkorea bis heute ihre Bedeutung behalten. Doch das ist lediglich eine Fassade, die auf „Wunsch“ der Behörden aufrechterhalten wird und inzwischen dennoch sichtlich bröckelt.
Auch KBS hat sich bereits Teile seines Mittelwellennetzes vom Hals schaffen können. Verschont blieb dabei der ebenfalls im Gimje vorhandene, 500 kW starke Sender auf 1170 kHz, den KBS World für Programme in Koreanisch, Japanisch, Chinesisch und Russisch nutzt, allerdings nur zwischen 11.00 und 15.00 Uhr MEZ.
Nicht zur Disposition stehen natürlich die für Nordkorea bestimmten Ausstrahlungen. Davon kann der 1500 kW starke Sender 972 kHz mitunter bis nach Europa gehört werden.
Auf diese Frequenz bezieht sich eine Aussage, die andeutet, wie südkoreanische Behörden sich das in bestimmten Planspielen eigentlich mit der Freizügigkeit denken: Der Sender soll „auch nach der Wiedervereinigung zur Bildung der nordkoreanischen Bevölkerung in Betrieb bleiben“.
Ein weiterer, 1973 auf der Insel Jeju (Cheju) in Betrieb genommener südkoreanischer Sender ist ebenfalls dafür bekannt, gelegentlich bis nach Mitteleuropa durchzukommen: Die auf 1566 kHz arbeitende Anlage der Far East Broadcasting Company, einem evangelikalen Veranstalter aus den USA.
Mit 250 kW war das für einige Jahre die stärkste Mittelwelle von Südkorea, bis sie die anschließend errichteten KBS-Großsender übertrafen. Die Sendeanlage ist mit einer auf verschiedene Zielrichtungen umschaltbaren Antenne ausgestattet. Größere Teile der Sendezeit belegen Produktionen in chinesischer, japanischer und russischer Sprache.
Angesichts des inzwischen auch hier laufenden Rückbaus seien erneut die Kurzwellen-Sendeplätze dokumentiert, die KBS World derzeit noch nutzt:
Südkorea (Gimje)
00.00-01.00 Uhr: 7215 kHz; Chinesisch
01.00-05.00 Uhr: 11810 kHz; Korean., Japan.
03.00-04.00 Uhr: 15575 kHz; Spanisch
09.00-11.00 Uhr: 6155 kHz; Japanisch
09.00-12.00 Uhr: 9570 kHz; Korean., Engl.
09.00-13.30 Uhr: 9770 kHz; Engl., Vietnam., Chines.
10.00-11.00 Uhr: 15160 kHz; Koreanisch
12.00-13.00 Uhr: 11795 kHz; Spanisch
12.30-14.30 Uhr: 6095 kHz; Chinesisch
13.00-16.00 Uhr: 9570 kHz; Indones., Engl.
14.00-15.00 Uhr: 9645 kHz; Russisch
14.00-16.00 Uhr: 15575 kHz; Engl., Korean.
15.00-17.00 Uhr: 9630 kHz; Englisch
16.00-19.00 Uhr: 9515 kHz; Engl., Korean.
16.30-18.00 Uhr: 9640 kHz; Vietnam., Engl.
17.00-18.00 Uhr: 7275 kHz; Koreanisch
17.00-19.00 Uhr: 9740 kHz; Korean., Span.
23.00-24.00 Uhr: 11810 kHz; Englisch
England (Woofferton)
08.00-09.00 Uhr: 9870 kHz; Koreanisch
19.00-20.00 Uhr: 6040 kHz; Russisch
21.00-22.00 Uhr: 3955 kHz; Deutsch
21.00-22.00 Uhr: 6090 kHz; Arabisch
22.00-23.00 Uhr: 3955 kHz; Französisch
Ascension
21.00-22.00 Uhr: 9655 kHz; Französisch
USA (Greenville)
02.00-03.00 Uhr: 11880 kHz; Spanisch
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 08.12.2024