Dokumentarfilm - Filmstunde_23
Im Mai 1968, in einer politisch aufgewühlten Zeit, begann der Filmemacher Edgar Reitz, später als Schöpfer der "Heimat"-Trilogie weltberühmt, im Münchner Luisen-Gymnasium einen ungewöhnlichen Kurs. In der 8. Klasse dieser Mädchenschule lehrte er Film, theoretisch und sehr praktisch.
Mit Super-8-Kameras - Videos und Handys gab es noch nicht - drehte jede der Teilnehmerinnen einen kleinen, persönlichen Film. Darüber entstand eine Reportage des Bayerischen Rundfunks. Im Jahre 2023 trifft sich der inzwischen 90-jährige Reitz mit den einstigen Schülerinnen, sieht sich die Filme an, erinnert sich an die kollektiven Erfahrungen von damals, die alle als beglückend und bereichernd empfanden.
Zusammen mit dem Dokumentarfilm-Kollegen Jörg Adolph ("Die große Passion") entstand aus diesem vielfältigen Material ein überaus lebendiger, anregender und berührender Film, in dem klug über das Wesen der Filmzeit reflektiert wird, aber auch über unseren radikal gewandelten Umgang mit dem Medium. Edgar Reitz verband mit diesem Experiment 1968 die Hoffnung, Film, diese universelle Sprache, könnte regulär in die Stundenpläne aufgenommen werden. Dazu ist es bekanntlich bis heute nicht gekommen.
Knut Elstermann