Großmittelwelle und Langwellen-Kleinsender - Ankündigung erneuter AM-Sendungen aus Finnland

Sender Pori-Preiviiki
Mittelwellenmast Pori-Preiviiki, davor die Trägertürme der früheren Kurzwellen-Vorhangantennen | © Santtu37, CC-BY-SA

Aus Finnland kamen in letzter Zeit gleich zwei Ankündigungen einer Reaktivierung des AM-Rundfunks. Auf einem anderen Blatt steht, was davon letztlich Realität wird: Es sind nicht die ersten derartigen Meldungen.

Für die Großmittelwelle Pori 963 kHz bewirbt sich eine Alfa Media. Deren Ursprung sehen finnische Quellen in Produktionen, die das 1955 gegründete IBRA-Radio der schwedischen Pfingstbewegung aus Tanger abgestrahlt hatte.

Heute geht es um die seit 1982 betriebenen Medienaktivitäten eines in Kanada aufgewachsenen, im Besitz beider Staatsbürgerschaften befindlichen Finnen, beschrieben als „evangelikaler Geschäftsmann nordamerikanischen Stils“.

Die Finanzierung dieser Aktivitäten aus US-amerikanischen, kanadischen und finnischen Quellen wird als gemeinnützige Spenden behandelt. Alfa TV geriet deshalb in Schwierigkeiten, denn dessen Programm war überwiegend von kommerziell-säkularem Charakter; mit einer der Pfingstbewegung entsprechenden, also konservativen bis reaktionären politischen Linie.

2022 ging Alfa TV in die Insolvenz und wurde abgeschaltet. Im Frühjahr 2024 kam es zur Lizenzierung einer Nachfolgefirma. Dabei blieb unklar, wie deren Betrieb finanziell abgesichert werden soll. Im Internet präsentiert sich bis heute nur ein Platzhalter.

Die dazugehörige Dachgesellschaft IRR-TV hatte 1990 mit Zulieferungen noch in die Sowjetunion begonnen. Sie fanden in Russland bereits 2011 ihr Ende, also ein Jahrzehnt, bevor sie als „illegale Missionstätigkeit“ vollends unmöglich geworden wären.

Als Grund gilt die ablehnende Haltung der orthodoxen Kirchen gegenüber den Praktiken der Pfingstbewegung. Größere Vorbehalte bestehen dabei auch auf Seiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands, während diese Besprechung einer von der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgegebenen „Orientierungshilfe“ mit Untertönen auffällt.

Auch das Mittelwellenprojekt von Alfa Media soll kein reiner Missionssender werden. Die Rede ist davon, internationale Rundfunkstationen als Sendekunden zu gewinnen. Ausdrücklich genannt wird die BBC, die bereits Ziel von Bestrebungen ist, deren russische Audioproduktionen noch einmal auf Kurzwelle zu bringen.

Nach Aussage des Sendernetzbetreibers Digita ist eine nochmalige Aktivierung der Großmittelwelle 963 kHz grundsätzlich möglich. Es wären allerdings umfangreiche Vorarbeiten erforderlich, nachdem die 600 kW starke Sendeanlage seit mittlerweile elf Jahren stillsteht.

Radio Finnland
Als Souvenir: Luftbild der Sendeanlagen bei Pori

Diese Sendeanlage in Preiviiki bei Pori entstand in den 80er Jahren für den Auslandsdienst von Yleisradio (kurz als Yle auftretend), der damit seine Verbreitung auf Kurz- und Mittelwelle gegenüber den alten Sendern am Stadtrand von Pori maßgeblich verstärken konnte.

Pilotsendungen in deutscher Sprache, die mit der neuen Technik zunächst am Wochenende ausgestrahlt wurden, erwiesen sich als unvermutet großer Erfolg. Sie mündeten deshalb 1987 in tägliche Programme.

2002 war es mit Deutsch in Helsinki wieder vorbei. Kurz danach beendete der als Radio Finnland präsentierte Auslandsdienst auch die Sendungen in englischer und französischer Sprache. Übrig blieb neben den Landessprachen einzig Russisch.

Wie schon von den Rundfunkanstalten einer Reihe von Ländern bekannt, wurde auch bei Yle ein Dialog mit dem enttäuschten Publikum und den nicht minder enttäuschten Redakteuren nur simuliert. Das zeigte sich noch einmal, als Yle schließlich den Ausstrahlungsvertrag in Preiviiki zum Ende des Jahres 2006 auslaufen ließ.

Der frühere Leiter von Radio Finnland (er hatte inzwischen eine Tätigkeit an der Universität Toronto aufgenommen) kommentierte auf persönlich herabwürdigende Weise eine Meldung über Pläne zur anderweitigen Vermarktung der Sendeanlagen. Was er damit bezweckte, blieb sein Geheimnis. Die von ihm angegriffenen Angaben entsprachen jedenfalls den Tatsachen.

Es begann mit einigen Sondersendungen von Radio Nederland Wereldomroep, das seinerseits 2012 verschwand. Ab 2009 gab es dann einen festen Kunden für die Mittelwelle 963 kHz: China Radio International.

Mit den Ergebnissen blieb man, geschuldet vor allem der Mitbelegung der Frequenz (seinerzeit auch noch mit nicht geringen Sendeleistungen in Bulgarien), jedoch unzufrieden. Deshalb stellte das Pekinger Auslandsradio seine Ausstrahlungen aus Finnland 2013 wieder ein.

Kurzwellenantenne in Pori-Preiviiki
Archivbild: Einer der jetzt verschwundenen Kurzwellenvorhänge (links Strahlerwand, rechts Reflektornetz) in Preiviiki | © Radio Finnland

Weniger Erfolg hatten die Vermarktungsbemühungen bei der Kurzwellentechnik. Geplante Ausstrahlungen von Polskie Radio und Voice of America kamen nicht zustande. Sendeversuche von Family Radio und R. G. Stair blieben Eintagsfliegen.

2008 waren diese Bestrebungen am Ende. Die Antennenvorhänge wurden demontiert. Zurück blieben nur die leeren Türme. Für die Sender fand sich hingegen eine Nachnutzung, da Digita seinerzeit ebenso dem französischen Sendernetzbetreiber TDF gehörte wie die deutsche Media Broadcast.

Somit sollten diese Sender heute in Issoudun stehen, und zwar im Saal eines Senderkomplexes aus den 70er Jahren. TDF nutzt (Kennern wird der Unterschied zur Lage in Nauen auffallen) dessen Antennen bis heute in geringem Umfang für verschiedene Kunden, obwohl Radio France Internationale die Nutzung des Komplexes 1998 beendet hat.

Langwellensender Lahti
Foto von 1958: Langwellen-Senderanlage in Lahti | © Suomen valokuvataiteen museo

Schon seit 1993 vorbei ist es mit der Langwelle 254 bzw. zuletzt 252 kHz in Lahti. Die 200 kW starke, 40 Jahre lang betriebene Senderanlage blieb museal erhalten. Von der früheren T-Antenne existieren allerdings nur noch die beiden Trägertürme.

Jetzt meldet sich ein Projekt, das die Frequenz wieder in Betrieb nehmen will; dies nicht aus Lahti, sondern 900 Kilometer weiter nördlich, aus Inari. Angekündigt ist, noch in diesem Jahr mit einem Kilowatt auf Sendung gehen zu wollen.

Es gibt Diskussionen, was damit eigentlich zu erreichen wäre. Diese Frage stellt sich nicht nur, weil die Frequenz nach wie vor aus Algerien belegt ist: Der Aufbau einer Langwellenantenne mit hohem Wirkungsgrad übersteigt im Aufwand bei weitem die Beschaffung des genannten Kleinsenders.

Unabhängig davon weckt die Art und Weise, in der das Projekt kommuniziert, unter Beobachtern laute Zweifel (auch wenn es die Betreiber dieses englischen Forums sind, die damit, anscheinend nur Teilnehmer aus Großbritannien und Irland zuzulassen, einen Dialog von vornherein unmöglich machen).

Sender Helsinki-Santahamina
Die Insel Santahamina mit dem Mittelwellensender Helsinki | © Leonhard Lenz, CC

Zum völligen Ausstieg von Yle aus der Mittelwelle kam es zwölf Monate nach dem Sendeende in Preiviiki. Das Jahr 2007 hindurch nutzte man noch den Sender von Helsinki. Er war in Mitteleuropa kaum zu hören, da seine Frequenz 558 kHz bereits aus der Schweiz und einst auch aus dem Norden der DDR belegt war.

Zuletzt lief hier das Wortprogramm Yle Puhe. Es ist Anfang 2024 ganz entfallen. Angesichts der sich ändernden Hörgewohnheiten will Yle die bisher für die Verbreitung dieses linearen Kanals aufgewendeten Mittel in die Beitragsproduktion investieren.

2014 startete in Helsinki ein Radio Rapu und verklagte Yle, weil sich Yle Puhe als „einziges Wortprogramm“ von Finnland präsentierte. Der Streit wurde gütlich beigelegt.

Parallel wollte Radio Rapu ein russischsprachiges Projekt aufbauen und auf 558 kHz ausstrahlen. Ein Spendenaufruf sollte dafür 500.000 US-Dollar einwerben. Nach Ablauf der angesetzten 30 Tage hatten jedoch ganze zehn Personen insgesamt 4811 Dollar gespendet.

Danach hörte man nie wieder etwas davon. Im Gegenteil endeten 2016 auch die Sendungen auf UKW, und seit 2018 ist Radio Rapu insgesamt Geschichte.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 15.09.2024