Sendestation mit bewegter Geschichte - Der Restbetrieb des Kurzwellenrundfunks in Palau
Es könnte die Frage aufkommen, ob die Kurzwellenstation im pazifischen Inselstaat Palau noch aktiv ist: Das ist sie in der Tat, wenn auch nur noch in sehr bescheidenem Umfang.
Im Sommer 2024 in Betrieb sind
die Frequenz 9930 kHz mit der Abstrahlrichtung China am Montag von 10.35 bis 11.05 Uhr und von Dienstag bis Freitag jeweils von 10.50 bis 12.00 Uhr;
die Frequenz 9965 kHz mit der nördlichen Abstrahlrichtung an Arbeitstagen von 10.00 bis 11.05, am Sonnabend von 10.40 bis 12.05 und am Sonntag von 10.10 bis 13.50 Uhr;
die Frequenz 15680 kHz mit der westlichen Abstrahlrichtung am Sonnabend von 3.10 bis 4.35 und am Sonntag von 3.10 bis 5.30 Uhr.
Das Schema ist seit 2020 weitgehend unverändert geblieben. Es dürfte somit auch im kommenden Winterhalbjahr weiter gelten, dann mit nach MEZ jeweils eine Stunde früheren Zeiten.
Betrieben wird dieses Hope Radio von Baptisten aus West Virginia, also Angehörigen einer Konfession, die bereits damit auffiel, Bilder zu produzieren, die zumindest für Katholiken verstörend sind. Diese Medienaktivitäten präsentieren sich ansonsten als MFC Ministries.
Aufgebaut wurde die Station ab 1992 von den Vorgängern jener Voice of Hope, die jetzt noch aus Sambia aktiv ist. Mit dem Ende von deren Sendungen aus dem Süden des Libanon trennten sich die Wege.
Ab 2000 arbeitete die Kurzwellenstation Palau zunächst vor allem für Radio Free Asia, dem eine Mitnutzung der für die Voice of America in Thailand und den Philippinen bestehenden Sendezentren nicht gestattet wird.
Dennoch verzichtete RFA nach einigen Jahren wieder auf die Sendemöglichkeit. Inzwischen hatte man auf den 1500 Kilometer nordöstlich von Palau liegenden Marianen eine vorhandene Sendeanlage aufgekauft sowie zuvor in Portugal betriebene Technik dorthin umgesetzt.
2008 fand sich ein strategischer Investor: World Harvest Radio aus Indianapolis. Mit dem Standort Palau ersetzte es eine kleine Kurzwellenanlage in Hawaii, die wegen der zu großen Entfernung von Asien nur unbefriedigende Ergebnisse lieferte.
Schon ein Jahrzehnt zuvor hatte World Harvest Radio eine Gelegenheit zur erheblichen Verstärkung seines Senderparks genutzt: Bei Bangor (Maine) zu haben war ein 500 kW starker Sender mit einem Paar (hohe und niedrige Frequenzen) Vorhangantennen für Ausstrahlungen nach Europa und Afrika.
Die Anlage bei Bangor entstand 1987 für ein Radioprojekt der Freikirche Christian Science. Für dessen Verbreitung wurde auch jene Kurzwellenstation auf der Marianeninsel Saipan aufgekauft, die schließlich bei Radio Free Asia landete.
Das Hörfunkprojekt der Christian Science erwies sich letztlich als überambitioniert. Schon nach sechs Jahren führten ein Richtungsstreit und finanzielle Engpässe zum Verkauf unter anderem des Senders in Maine.
Erworben wurde er zunächst von der Firma eines Pastors aus Florida, der auch Fernsehsendungen im damaligen englischen Super Channel unterbrachte. An der Kurzwellen-Großstation verhob man sich aber völlig, und so war es 1997 schon wieder vorbei. Das machte die Anlage zum Schnäppchen für World Harvest Radio.
Die Christian Science ihrerseits hatte 1989 noch eine flexibel nutzbare Kurzwellenstation bei Furman in South Carolina eingeweiht. 2004 beendete die Freikirche zwar nicht ihre Hörfunkaktivitäten (nach wie vor auch mit deutschsprachigen Produktionen), aber doch den eigenen Sendernetzbetrieb.
Die Anlage Furman kam direkt zu World Harvest Radio, das damit, samt Transfer der Kennung WHRI, den ursprünglichen Standort bei Indianapolis ersetzte. 2009 wurde auch die Station bei Bangor abgeschaltet und demontiert, da Afrika und Europa vom Antennenpark in Furman mit bedient werden konnten.
In den folgenden Jahren kürzte World Harvest Radio die Sendezeiten aus Palau immer weiter. Auch eine Vermarktung der Kapazitäten an externe Programmveranstalter, abgewickelt durch den Dienstleister Encompass, konnte das Abrutschen in die Unwirtschaftlichkeit nicht mehr verhindern. Somit gab man den Standort 2019 auf.
Am 27. März 2021 stellte schließlich auch die Kurzwellenstation in South Carolina ihren Betrieb ein. Damit mutierte das Medienprodukt endgültig zum heutigen World Harvest TV, das sich auf ein Publikum in den USA selbst konzentriert.
Sofern es keine außerhalb der Region unbekannt gebliebenen Entwicklungen gab, steht die Sendeanlage bei Furman bis heute funktionslos in der Landschaft. Eigentlich war für sie bereits eine Nachnutzung in Aussicht genommen: Als Erweiterung des bestenfalls bizarr zu nennenden Kurzwellenbetriebs WBCQ.
Das gefiel der Schwester des, wie sie angab, vorbestraften Betreibers von WBCQ nicht. Somit meldete sie sich, als der Antrag auf Verkauf der Sendeanlage eingereicht war und die Regulierungsbehörde FCC der Öffentlichkeit die Gelegenheit gab, sich zu äußern.
Zentrale Aussage dieser Stellungnahme: Der Betreiber sei lediglich Strohmann eines ägyptischen Milliardärs, der bereits 1,25 Millionen Dollar dafür bereitgestellt habe, die Station für ihn zu kaufen.
Als Beleg übermittelte die Schwester eine ihr vorliegende Mail, die den Ägypter als faktischen Hausherren einer von WBCQ neu errichteten, wiederum 500 kW starken Sendeanlage ausweist. Darin monierte dieser Galal Doss, wie sich nach seiner Meinung die Techniker eine Schlechtleistung des Lieferanten unterschieben ließen.
Offensichtlich gefiel die Konstellation mit faktischer Kontrolle durch einen Ausländer auch der FCC nicht. Somit tat sie einfach nichts, bis die ihr bekannte Bindefrist eines Vorvertrags abgelaufen war und der Veranstalter des nunmehrigen World Harvest TV seinen Antrag zurückzog.
Dieser Veranstalter firmiert seit 2018 als „Family Broadcasting Corporation“, da – so die fraglos zutreffende Überlegung – „LeSEA“ als Kurzform der 1957 gegründeten Lester Sumrall Evangelistic Association nur noch Insidern etwas sagte.
Das bedeutete keine Distanzierung. Wie Gedenkseiten zeigen, sieht sich der jetzt von einem Enkel geführte Sender unverändert dem 1996 verstorbenen Gründer verpflichtet.
Auch die heutigen Besitzer der Kurzwellenstation in Palau widmen ihren Betrieb dem Andenken an Lester Sumrall. Deshalb verwenden sie weiter die Bezeichnungen der einstigen, „Angel“ genannten Sendeschienen von World Harvest Radio, hier mit den Nummern 3 bis 5.
(1 und 2 waren die ursprünglichen Kanäle; 6 gehörte zum übernommenen Standort in Maine und nach dessen Schließung einem zusätzlichen dritten, aus der ersten Kurzwellenstation bei Indianapolis nach Furman umgesetzten Sender.)
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 04.08.2024