Auslandsdienst - Sendezeiten von Polskie Radio für den Winter

Sender Viešintos
Mittelwellenantenne in Viešintos, Litauen | © Vilensija, CC-BY-SA

Mit den Übertragungen des Auslandsdienstes von Polskie Radio über einen Mittelwellensender in Litauen ist es kompliziert, denn man will hier der in den einzelnen Zielländern teils weiterhin angewendeten, teils abgeschafften (Belarus, Russland) Sommerzeit Rechnung tragen. Das führt auch bei der Sendung in deutscher Sprache zu ständigem Hin und Her.

Im Winterhalbjahr 2022/2023 kommt die Sendung auf der Mittelwelle Viešintos 1386 kHz nun wieder von 18.00 bis 18.30 Uhr.

Genutzt wird dieser Sendeplatz seit 2020. Das war eine Rückkehr nach einem Vierteljahrhundert, denn den für Auslandssendungen auf Mittelwelle (hier 1503 kHz) bestimmten Sender Stargard hatte Polskie Radio bereits 1994 aufgegeben.

Seinerzeit beschränkte Polskie Radio die terrestrische Verbreitung seines Auslandsdienstes auf die Kurzwellenstation Warschau. 2006 endete auch deren Nutzung. Danach verblieben noch Ausstrahlungen über Kurzwellensender im Ausland, die 2013 schließlich ebenfalls entfielen.

Das geschah 2014 dann auch mit dem Programm in deutscher Sprache, bis es 2016 wieder aufgenommen wurde. Weder für die abrupte Absetzung noch für das Revival nach zwei Jahren gab es irgendwelche Erklärungen. Was nach der Pause auf einmal zu hören war, sorgte für Irritationen.

Parallel kam es zu einem drastischen Durchgriff in die russische Redaktion. Deren Leitung wurde abgesetzt, fünf weitere Redaktionsmitglieder wurden entlassen. Eine Redakteurin, Mascha Makarowa, verließ deshalb von sich aus den Sender.

Sie berichtete von einer „Atmosphäre von Paranoia und Einschüchterung“. Es sei eine „große Enttäuschung“, wie „polnische Journalisten viel schneller als ihre russischen Kollegen in den abgesicherten Modus der Selbstzensur gehen“.

Nach Angaben von Mascha Makarowa zog das Publikum seine Konsequenzen: Die Zugriffe auf das russische Internetangebot von Polskie Radio seien innerhalb weniger Monate um fast 80 Prozent zurückgegangen.

Einstige Freunde der deutschen Sendungen wiederum hatten schon 2006 eine Säuberungsaktion zur Kenntnis zu nehmen, in deren Zuge der langjährige Leiter dieser Redaktion entlassen wurde. Andere damalige Mitarbeiter sprachen von einer „Hexenjagd“, verbunden mit dem Kommentar „unter den Kommunisten war das auch nicht viel schlimmer“.

2001: Deutsche Redaktion von Polskie Radio; ganz rechts deren 2006 entfernter Leiter, Aleksander Opalski

Zum nächsten Paukenschlag kam es 2018 bei Telewizja Polska (TVP) und dessen speziell für Belarus bestimmtem Programm, Belsat. Ein Mitarbeiter wurde fristlos entlassen, weil er das hier besprochene Foto mit dem Kommentar „links der Präsident von Polen“ auf Facebook geteilt hatte.

Wie der ehemalige Redakteur später anmerkte, müssen bei Belsat jegliche Beiträge über Polen von der Chefredaktion freigegeben werden. Das gelte selbst für solche Themen wie Verkehrsunfälle.

Im November 2021 startete TVP mit TVP World nun auch ein Programm in englischer Sprache. Die Rundfunkanstalten in Vilnius und Kiew sind hier mit eingestiegen, zeigen sich bei der Wahl ihrer Partner also wenig wählerisch.

Dabei wurde in Warschau durchaus deutlich gemacht, wie die von TVP gegebenen Verweise auf den „Informationskrieg“ zu verstehen sind. So erging sich ein Regierungssprecher in Anschuldigungen gegenüber der BBC und CNN: Diese Sender seien „linkslastig“.

Sender Viešintos
Sendestation Viešintos; Einfahrt, Betriebsgebäude und UKW/TV-Mast | © Vilensija, CC-BY-SA

Die Sendestation Viešintos, 110 Kilometer nördlich von Vilnius, ist ein Thema für sich. Sie war erst 2017 nach einer Unterbrechung von rund 20 Jahren noch einmal auf Mittelwelle aktiv geworden.

Dazu kam es, nachdem sich die Station Sitkunai bei Kaunas immer mehr zur Ruine entwickelt hatte. Schon bei noch laufendem Sendebetrieb war hier mit Demontagen nicht mehr genutzter Technik ein Schlachtfeld hinterlassen worden.

Da Radio Free Europe / Radio Liberty zu diesem Zeitpunkt noch sehr an einer Erhaltung dieser Sendemöglichkeit interessiert war, griffen die USA der litauischen Seite unter die Arme. Auf die jetzt von Niederländern realisierte Lösung, einen Sender direkt an der Antenne aufzubauen, wollte man seinerzeit noch nicht zurückgreifen.

Deshalb fiel die Wahl auf die weiterhin mit UKW- und Fernsehsendern aktive Station Viešintos, deren Mittelwellenantenne noch nutzbar war. Die USA stellten dazu einen Sender zur Verfügung, der zuvor 2011/2012 auf der Mittelwellenstation des American Forces Network in Weißkirchen bei Oberursel aufgebaut wurde.

Mit dem Rückzug des AFN aus der Mittelwellenverbreitung endete der Einsatz des Senders in Hessen schon 2013 wieder. Dessen erneute Inbetriebnahme in Litauen wurde zu einem offiziellen Ereignis.

2019 beschränkte RFE/RL die Nutzung des Senders jedoch auf drei Stunden am Tag. Nichts konnte und kann die Verantwortlichen in Prag und Washington dazu bewegen, hier noch einmal eine Erweiterung in Erwägung zu ziehen. Im Gegenteil trat RFE/RL im Sommer eine weitere halbe Stunde seiner Sendezeit an die Deutsche Welle ab.

Auch ein Versuch, RFE/RL zu einer Änderung dieser Strategie zu bewegen, indem es Sendezeit geschenkt bekommt, hat sich inzwischen wieder weitgehend erledigt. Nach den Kurzwellensendungen aus Bulgarien ist die eine Stunde auf Mittelwelle, die von den Aktivisten in Armenien gebucht wurde, nun offenbar ebenfalls entfallen.

Für einen Ausbau seiner Sendungen aus Litauen gewonnen werden konnte hingegen NHK World Japan. Da jedoch in Tokio zugleich Sparmaßnahmen im Auslandsdienst ergriffen wurden, kommt von NHK jetzt eine krude Mischung aus Beiträgen in russischer und englischer Sprache sowie teilweise zehn Minuten Pausenzeichen am Stück.

Der bislang neueste Zugang im April wurde erst konkret erkennbar, seit in Kiew die zeitweise Zusammenschaltung des gesamten Hörfunks zu einem Einheitsprogramm wieder aufgehoben ist: In der nicht mehr von RFE/RL genutzten Sendezeit in der Nacht läuft jetzt Radio Ukraine International, das seine deutschen Sendungen auch jetzt nicht wieder aufgenommen hat.

Insgesamt sollte der Programmablauf auf 1386 kHz aktuell so aussehen:

04.30-05.00 Uhr: NHK World Japan
05.00-06.00 Uhr: Polskie Radio, Weißrussisch
06.00-06.30 Uhr: Polskie Radio, Ukrainisch
(Sendepause)
14.00-15.00 Uhr: Polskie Radio, Englisch
(Sendepause)
16.00-16.30 Uhr: NHK World Japan
(Sendepause)
17.00-17.30 Uhr: Polskie Radio, Russisch
17.30-18.00 Uhr: Polskie Radio, Polnisch
18.00-18.30 Uhr: Polskie Radio, Deutsch
18.30-19.00 Uhr: NHK World Japan
19.00-19.30 Uhr: Deutsche Welle, Russisch
19.30-22.00 Uhr: RFE/RL, Russisch
22.00-04.30 Uhr: Radio Ukraine International

 

Autor: Kai Ludwig; Stand vom 06.11.2022