Mit Ausstrahlung auf Langwelle - Ukrainische Nachrichten bei Polskie Radio Jedynka
Polskie Radio hat eine bereits in der Belarus-Krise etablierte Aktion ausgedehnt und in das Programm von Jedynka, der auch auf Langwelle ausgestrahlten Leitwelle, rund dreiminütige Nachrichten seiner Ukraine-Redaktion aufgenommen. Unterdessen brechen staatliche russische Medien die Brücken ins Ausland ab.
Die ukrainischen Nachrichten begannen sofort am späten Nachmittag des 24. Februar. Sie laufen in zwei täglichen Ausgaben gegen 10.06 und 17.06 Uhr.
Nachrichten der Belarus-Redaktion hatte Jedynka bereits am 22. August 2021 ins Programm genommen. Sie kommen weiter auf den bekannten Sendeplätzen gegen 6.40, 12.20 und 22.20 Uhr.
Diese beiden Redaktionen bestehen beim Auslandsdienst von Polskie Radio seit Jahrzehnten. Ihre traditionellen Hörfunksendungen laufen um 6.00 bzw. um 5.00 Uhr über einen Mittelwellensender in Litauen. Zu einer Erweiterung ist es hier zumindest bislang nicht gekommen.
Unterdessen wurde die Weiterverbreitung russischer Fernsehprogramme in Polen am 25. Februar beendet. Das betrifft neben den staatlichen Rundfunkgesellschaften TV Nowosti (RT; mit zwei Kanälen) und WGTRK (mit Rossija 24 und RTR Planeta) auch den Religionssender Sojus TV.
Die externe Kommunikation hat RT eingestellt und auch sonst nichts mehr zu sagen: Zur Lage in der Ukraine dürfen nur noch Verlautbarungen offizieller Stellen verwendet werden. Eine entsprechende Verfügung soll im nicht mehr erreichbaren Internetauftritt rkn.gov.ru veröffentlicht sein.
WGTRK sowie Perwy Kanal und Radio Orfei haben ihrerseits die Verbindungen ins Ausland abgebrochen und (so bei TASS zu lesen) am 26. Februar ihren Austritt aus der European Broadcasting Union erklärt. Noch am Vortag hatte die EBU lediglich beschlossen, die Teilnahme der russischen Seite am Eurovision Song Contest für 2022 auszusetzen.
Aus Rumänien wiederum ist eine geänderte Frequenzbelegung zu beobachten: Auf der Langwelle 153 kHz läuft statt Antena Satelor, einem auf traditionsorientiertes Publikum im ländlichen Raum zielendem Programm, jetzt Radio România Actualități.
Berichte über ähnliche Maßnahmen wie bei Polskie Radio gibt es dabei nicht. Soweit bekannt, enthält Radio România Actualități weiterhin ausschließlich Beiträge in rumänischer Sprache.
Stand vom 27.02.2022
Die Langwelle 225 kHz kommt seit 1999 von einer neu errichteten Sendeanlage bei Solec Kujawski (Schulitz), wenige Kilometer entfernt von Bydgoszcz (Bromberg).
Im Gegensatz zum gesamten sonstigen Sendernetz von Polskie Radio und Telewizja Polska wird die Langwellenanlage nicht vom Dienstleister Emitel, sondern von Polskie Radio selbst betrieben. 2014 umschrieb Polskie Radio die Betriebskosten mit 40 bis 50 Prozent der für die UKW-Kette von Jedynka zu zahlenden Miete.
Diese UKW-Kette gibt es in flächendeckender Form überhaupt erst seit 2007. Auch 2014 wurde der Anteil der Langwellenhörer des Programms noch immer auf 40 Prozent beziffert.
Als Zeithorizont, bis zu dem der Sender Solec genutzt werden soll, nannte Polskie Radio seinerzeit 2025 bis 2030. Somit könnte sich Polen am Ende als das europäische Land erweisen, in dem der Langwellenrundfunk am längsten in Betrieb bleibt.
Die Anlage Solec ersetzte den 1974 in Betrieb gegangenen, 2000 kW starken Langwellensender Konstantynów bei Gąbin, reichlich 80 km westlich von Warschau.
Dessen herausragendes Merkmal war die bei Langwellensendern einmalige Ausführung der Antenne als Strahler mit halber Wellenlänge. Hieraus ergab sich eine Höhe von 646 Meter, die den Mast zum höchsten Bauwerk der Welt machte.
Nicht realisiert wurden Pläne, auch noch eine niedrigere Reserveantenne zu errichten. Deshalb endet das Betriebstagebuch des Senders mit folgendem Eintrag:
„Am 8. August 1991 um 19.10 Uhr hörte das Wahrzeichen Polens, entstanden durch die Hände polnischer Spezialisten, auf zu existieren.
Das ist ein Beweis für die menschliche Dummheit, für den Mangel an Verantwortungsbewusstsein und Respekt für die großen Dinge, für fehlende Phantasie und Weitsicht, was die Folgen des eigenen Handelns betrifft.
Der 646 Meter hohe Antennenmast fand nicht nur Eingang in die Landschaft Masowiens, sondern auch in das Guinnessbuch der Rekorde. Er überlebte 17 Jahre der Erfüllung seiner Aufgabe für alle polnischen Herzen, im Land und weit über dessen Grenzen hinaus.
Ein bösartiger Journalist sagte: Der Guinness-Rekord fiel zu Boden. Ich möchte hinzufügen: Die menschliche Hand half ihm dabei.“
Bei einem Austausch der Pardunenseile wurde in der obersten der fünf Abspannebenen in der falschen Reihenfolge vorgegangen. Dies führte zu einer einseitigen Beanspruchung des Mastes, der hierdurch innerhalb weniger Sekunden zusammenbrach.
Bauleiter, Chefingenieur und ein Vorstand des ausführenden Unternehmens Mostostal Zabrze, das den Mast auch errichtet hatte, wurden später zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Die Anwohner nutzten ihre Chance, die unliebsame Sendeanlage loszuwerden. Auf ihre Klage hin erging 1996 ein Gerichtsurteil, das den Bau einer neuen Antenne untersagte.
Somit konnte die Senderanlage von Brown, Boveri & Cie. (Schweiz) nie wieder in Betrieb genommen werden. Sie blieb als gespenstische Mumie noch sehr lange zurück und wurde erst vor wenigen Jahren verschrottet.
Völlig unvermutet für acht Jahre Bestand hatte deshalb, was 1991 eigentlich nur eine Ersatzschaltung für die Dauer der dann verhängnisvollen Wartungsarbeiten war: Die Abstrahlung der Frequenz 225 kHz vom alten Warschauer Langwellensender Raszyn bei Łazy.
Dieser Sender bestand seit 1930. Seine ursprünglichen Anlagen (ein 120 kW starker Sender und zwei jeweils 280 Meter hohe Türme) wurden 1939 zerstört.
1949 entstanden ein neuer, 335 Meter hoher Mast und eine zunächst 200 kW starke, später auf 500 kW verstärkte Senderanlage. Sie wurde 1992 durch ein 600 kW starkes Exemplar der letzten von Asea Brown Boveri gefertigten Generation von Röhrensendern ersetzt.
1997 machte sich eine Sanierung des Mastes erforderlich, womit für reichlich vier Monate keine Sendungen auf Langwelle mehr möglich waren. Ersatzweise wurde das erste Programm in diesem Zeitraum über das Mittelwellennetz von Polskie Radio ausgestrahlt.
Mit der erneuten Inbetriebnahme des Senders Raszyn im Februar 1998 gab Polskie Radio die Mittelwellen auf. Die Sender sind inzwischen weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Das gilt auch für die modernste Station Koszęcin, über die bis 2006 noch die weißrussischen Sendungen von Radio Racja abgestrahlt wurden.
Bis 1991 hatte der Sender Raszyn auf einer zweiten Langwellenfrequenz gearbeitet, die sich Polskie Radio nach der Inbetriebnahme des Senders Konstantynów erschließen konnte: Die nur tagsüber zu betreibende 198 kHz. Mit dem Beginn erster Strahlungsversuche in Solec wurde der Sender wieder hierher umgeschaltet.
Sowohl bis 1991 als auch ab 1999 änderte sich das auf 198 kHz ausgestrahlte Programm immer wieder. Als letzte Variante gab es ab 2008 statt der Duplizierung eines UKW-Programms noch den Auslandsdienst, der so auch noch kleinere Teile seines eigentlichen Sendegebiets, eingeschlossen den Osten Deutschlands, ergänzend erreichen konnte.
2009 gab Polskie Radio den Sender Raszyn schließlich auf. Damit entfielen die terrestrischen Übertragungen aus dem Sejm, die mit der Abschaltung auch der Warschauer Mittelwelle 819 kHz auf Langwelle gewandert waren.
Nach der endgültigen Verbannung aus Konstantynów hatte die intensive Suche nach einem neuen Standort nur noch den früheren Truppenübungsplatz bei Solec ermitteln können. Dieser Standort ist nicht nur wegen seines sandigen Bodens ungünstig, sondern liegt auch nicht mehr zentral in Polen.
Deshalb erhielt die Station zwei Masten mit einer Höhe von 330 bzw. 289 Metern. Sie bilden eine Antenne mit schwacher Richtwirkung, die bevorzugt nach Südosten und damit in die am weitesten vom Sender entfernten Regionen des Landes strahlt.
Erzeugt wird das Signal mit drei jeweils 400 kW starken Blöcken der auch bei den – jetzt nicht mehr für den Rundfunk verwendeten – Langwellensendern in Frankreich eingesetzten französischen Bauart. Diese installierte Leistung wird nicht ganz ausgefahren; angegeben sind derzeit 1000 kW tagsüber und 700 kW abends/nachts.
Autor: Kai Ludwig