Paetzold platziert - Signature Dish
Der Signature Dish - das Alleinstellungsmerkmal eines Kochs oder einer Köchin – ist in der Gastro-Szene ein fester Begriff. Wenn man die Profis fragt, dann wird jeder sofort den Kaisergranat von Sterne und Fernsehkoch Tim Raue nennen - und zehn weitere.
Wer als Kochlehrling anfängt, will einmal so einen Signature Dish sein eigen nennen, sagt auch Küchenchef Philip Vogel vom Restaurant Orania in Kreuzberg: "Geprägt hat mich Dieter Müller und sein Cappuccino von Curry und Zitronengras. Dafür sind die Leute bis nach Lerbach gepilgert. Das sind so Sachen, auf die man sich einfach freut, wo man weiß, der macht das ganz, ganz, ganz besonders. Ich glaube, die Hokey Pokey Eiscreme hier in Berlin hat ganz viele tolle Eissorten. Aber wo ich, wo alle immer ausflippen, ist das Salzkaramell Eis, mit dem sie angefangen haben."

In der persönlichen Signature Dish Hitliste von Johannes ganz weit oben: Die Bouillabaisse von Küchenchef Yann Mastantuono im Mastan in Kreuzberg. Den Tafelspitz im Gmoa Keller in Wien. Und wenn in Hamburg, dann ist der Labskaus in der Oberhafenkantine ein Muss. Aber wer bestimmt, was ein Signature Dish ist? Koch? Gäste? Philip Vogel: "Früher habe ich immer gedacht, dass es nur die Gäste sind, die es ausmachen. Heute weiß ich, da gehört auch der Koch dazu. Du musst natürlich ein tolles Produkt haben. Du musst eine gute Story haben. Du musst Spaß an dem Gericht haben. Du musst es selber mögen, damit du da drüber erzählen kannst. Aber am Ende sind es die Gäste, die sagen, das ist gut oder nicht und wir haben Bock, dass ein zweites und drittes Mal zu essen."

Signature Dish haben ihr Eigenleben. Bestes Beispiel: Masimo Bottura. Einer der kreativsten Köche weltweit. Dessen Patissier fällt die Zitronen Tarte vom Teller, zerbricht. Vor Bottura! Der Patissier wollte sich umbringen. Aber Bottura ruft: "Wow - das ist die schönste Zitronen Tarte, die ich je gesehen habe!" Heute steht dieses Kunstwerk des lukullischen Trümmerhaufens auf der Karte als "Oops! I dropped the Lemon Tart". Philip Vogel und das Orania sind selbst Beispiel für den Zufall als Baumeister: "Also, es war am Anfang eine Schnapsidee, dann wurde es zum Signature Dish. Und mittlerweile ist es muss man ja schon sagen ein Konzept geworden. Also ein Signature Dish, der ein ganzes Konzept kreiert hat, mit drumherum, mit veganer Ente, mit Merchandise, mit Comic, mit eigenem Logo, mit eigenem Auftritt." Wer im Orania Essen bestellt, erwartet auf der Karte: Entenbrühe mit Dumplings. Pizza Duck. Duck Burger.

Beim Signature Dish, dem Alleinstellungsmerkmal eines Kochs und Köchin, kommen Lust und Frust zusammen. Im englischen gibt es den Ausdruck, killed by success, Erfolg tötet. Im Film "Kiss the Cook" zwingt Restaurantinhaber Dustin Hoffman den Chefkoch Jon Favreau, der mal was neues Kreatives machen will, als Schuster brav bei seinen Leisten zu bleiben: "Sie wissen wer heute Abend kommt. Heute beurteilt uns der wichtigste Kritiker der Stadt. Sehen Sie, wenn sie Stones Tickets kriegen und Jagger spielt nicht Satisfaction. Würde Ihnen das Spaß machen? Nein. Sie sind der Chefkoch. Aber wissen Sie was ich denke? Sie sollten Ihre Hits spielen!"
Die Hits spielen. Wer zu Tim Raue geht, will den Kaisergranat. Und im Orania die Ente, ob vegan oder fleischlich: "Ich glaube, das ist genauso wie bei den Stones. Auch die Stones freuen sich, Satisfaction zu spielen, das war ja nicht nur für sie ein Hit, sondern die haben genauso Herz Blut in den Song reingesteckt am Anfang. Und ich bin mir sicher, dass Jagger & Co. Tage kennen, wo sie den Song nicht spielen wollen. Aber auch Tage, wo sie sagen, heute Abend geil. Heute habe ich richtig Bock drauf. Und genauso geht es uns auch."