Sparpläne - Offene Briefe aus der Deutschen Welle

Deutsche Welle in Berlin
Archivbild: Deutsche Welle, Standort Berlin | © Kai Ludwig

Die Stimmung in der Deutschen Welle ist nach der Ankündigung eines massiven Personalabbaus anscheinend auf dem Nullpunkt angelangt. Darauf deutet die geradezu inflationäre Nutzung einer speziellen Kommunikationsform: Dem „offenen Brief“, der entweder direkt veröffentlicht oder an einen ausgewählten Empfängerkreis verschickt wird.

Den Aufschlag machte der Personalrat des Senders. Er monierte, ihm liege „nichts Schriftliches vor“, nachdem man „schon vor Jahren von den jährlichen Budgetgesprächen ausgeschlossen und nur kursorisch über Entwicklungen und Verschiebungen im DW-Etat informiert“ wurde.

Es gebe, so der Personalrat, „immer wieder programmliche und sonstige Prestigeprojekte, deren Sinnhaftigkeit sich uns angesichts der angespannten Budgetsituation nicht erschließt“. Als Beispiele nannte er die teure Einführung eines neuen Designs, die fortgesetzte Anmietung eines Parlamentsstudios in Berlin und die Eröffnung eines neuen Büros in Kinshasa.

Dabei scheine „die juristische Grundlage für ein sicheres Arbeiten der lokal Beschäftigten vor Ort – wie zum Beispiel in Istanbul – nicht in allen Fällen ausreichend gegeben“ zu sein. Das bezieht sich auf die Meldung, das türkische Wirtschaftsministerium habe die Arbeitserlaubnis der DW nicht mehr verlängert, da „das Betätigungsfeld nicht korrekt angegeben wurde“.

Weiter formulierte der Personalrat:

„Es ist nicht wertschätzend bis zu 300 Mitarbeitende auf die Straße zu setzen, es ist nicht respektvoll den Sport nach einer dreijährigen Umbauphase um 75% zu kürzen, es ist nicht wertschätzend die Mitarbeitenden an einem Freitag um 17:30 Uhr mit dem Kopf voll Sorgen ins Wochenende zu schicken. Loyalität funktioniert nur in beide Richtungen!“


Aus der Sportredaktion kam auch der zweite „offene Brief“. Wie es darin hieß, werde sie mit der Streichung von drei Vierteln ihres Budgets „de facto aufgelöst“.

Der dritte „offene Brief“ unterstellt der Intendanz, sich zu einem späteren Zeitpunkt auch vom Onlineangebot in deutscher Sprache (bzw. dem, was davon zunächst noch übrig bleibt) trennen zu wollen, obwohl es sich dabei um die am häufigsten aufgerufenen DW-Seiten überhaupt handele.

Weiter heißt es, parallel zum massiven Personalabbau in Deutschland wolle die DW „Mitarbeiter im Ausland (zu deutlich geringeren Löhnen) einstellen“. Eine solche Auslagerung von Produktionen in Billiglohnländer wird vom BBC World Service schon seit Jahren systematisch umgesetzt.

Stand vom 27.05.2023


Bereits seit dem vergangenen Jahr ist die Internetadresse der DW in der Türkei gesperrt, da der Sender es ablehnte, eine Sendelizenz zu beantragen und sich so der dortigen Rundfunkregulierung zu unterwerfen. Die Verfügung kam von RTÜK, der türkischen Medienaufsicht.

RTÜK ist vollwertiges Mitglied der Europäischen Plattform der Regulierungsbehörden (EPRA). Es ist damit gewissermaßen folgerichtig, wie fast gleichzeitig andere EPRA-Mitglieder die Verbreitung der DW-Programme über deutsche Fernsehplattformen unterbunden haben.

Dazu kam es, obwohl die Präsenz im Heimatland nichts neues war, da – auch wenn hartnäckig anderes behauptet wird – die Radiosendungen der DW seit jeher in Deutschland selbst gehört werden konnten. Das erledigte sich 2011 nur durch deren Einstellung.

Abgeschaltet wird bald auch das deutschsprachige Fernsehprogramm, das nach Angaben der DW nur 250.000 regelmäßige Zuschauer hat.

Die Satellitenverbreitung beschränkt sich hier auf die ukrainisch-baltische Direktempfangsposition 4,8° Ost. Obwohl das den Landesmedienanstalten nicht gefällt, ist das Programm weiterhin auch in Deutschland zu sehen, indem man hier klickt.

Generell gilt die Linie, „schrittweise linear ausgespielte Programmangebote [zu] reduzieren, wo es strategisch sinnvoll ist, und zugleich verfügbare Mittel in digitale Angebote in Regionalsprachen um[zu]lenken“.

Die 2019 zunächst eingestellten, nach der Rückkehr der Taliban noch einmal aufgenommenen Radiosendungen für Afghanistan betrifft das schon nicht mehr. Sie wurden 2022 erneut und diesmal wohl endgültig abgeschaltet.

Weitere Erläuterungen und Kommentare sind von der DW auch diesmal zunächst nicht zu erhalten.

 

Beitrag von Kai Ludwig