Zwei Stunden in den Iran - Die letzte Kurzwellensendung von Radio Kuwait
Sollte der Eindruck bestehen, Radio Kuwait habe seine Ausstrahlungen auf Kurzwelle eingestellt: Dem ist nicht so. Es gibt allerdings nur noch einen Rest, der hierzulande unhörbar ist, weil Sendungen im 41-Meterband bei Tageslicht vom Persischen Golf nicht bis nach Mitteleuropa durchkommen.
Bei dieser letzten, täglich von 9.00 bis 11.00 Uhr MEZ auf 7250 kHz laufenden Übertragung handelt es sich um ein für den Iran bestimmtes Programm in Farsi.
Nachdem auf Kurzwelle nichts mehr zu holen ist, bietet sich für sportliche Empfangsversuche jetzt noch die Mittelwelle an, und zwar die mit 600 kW betriebene Hauptfrequenz 540 kHz während der bereits um 22.30 Uhr beginnenden Nachtpause des Senders Solt (Ungarn).
Die AM-Station von Radio Kuwait wird unter der Bezeichnung Kabd geführt. Das mit 5 x 5 Kilometern ausgesprochen großzügig dimensionierte Gelände befindet sich an der aus Kuwait Stadt nach Süden herausführenden Sulaibiya-Straße. Umfangreichere Auslandssendungen begannen hier Ende der 60er Jahre.
Nach der irakischen Besetzung von Kuwait griff ab Herbst 1990 Radio Bagdad auf die Sender zu. Auf Kurzwelle übertragen wurden zwar nicht die regulären Fremdsprachensendungen (seinerzeit auch noch mit Deutsch), jedoch arabische Sendungen und ein englisches Sonderprogramm für Angehörige der US-Streitkräfte („Voice of Peace“).
Diese Ausstrahlungen machten im Golfkrieg 1991 auch die Sendestation zum Angriffsziel. Zerstört wurden dabei zumindest die technischen Ausrüstungen, die Radio Kuwait erst wenige Jahre zuvor ausgetauscht hatte.
Erneute Ausstrahlungen auf Kurzwelle begannen 1992 mit zunächst zwei Sendern, wieder von derselben, 500 kW starken Bauart der früheren Firma Brown, Boveri & Cie (Schweiz). 1995 kamen noch drei Sender weiterentwickelter Konstruktion hinzu.
Was bis hierher beschrieben wurde, hat nichts mit dem Auslandsrundfunk der USA zu tun. Er betreibt eine eigene Station 35 Kilometer (Luftlinie) nordwestlich des Zentrums von Kuwait Stadt, an jenem Verkehrsweg, der seit 1991 als „Autobahn des Todes“ bekannt ist, nachdem hier ein Konvoi des sich zurückziehenden irakischen Militärs bombardiert wurde.
Es begann 1993 mit einem Mittelwellen-Provisorium (50 kW), das auch für die inoffiziellen, bis 2003 auf verschiedenen Frequenzen oberhalb von 1500 kHz in den Irak gerichteten Sendungen genutzt worden sein dürfte. Ab 1995 entstand die 600 kW starke, mit einer aus sieben Türmen bestehenden Antenne ausgestattete Anlage der Frequenz 1548 kHz.
Die weitere Entwicklung steht in direkter Verbindung mit der Sendestation von Radio Free Europe / Radio Liberty in Oberlaindern bei Holzkirchen (Oberbayern), die einst mit Programmen für die Tschechoslowakei und Polen auf der Mittelwelle 720 kHz aktiv war.
Nachdem sich das erledigt hatte, sollte der Sender für Ausstrahlungen in das zerfallende Jugoslawien genutzt werden. 1994 übernahmen die USA dafür die Mittelwelle 1593 kHz vom Westdeutschen Rundfunk und überließen ihm im Gegenzug die bisherige Oberlaindern-Frequenz zur ganztägigen Nutzung.
Inzwischen gab es jedoch immer lautere Kritik an den Feldstärken in der Umgebung der Sendestation. Deren 1950 begonnener Aufbau hatte keinerlei Planrechtsverfahren durchlaufen, er wurde von den USA als sich selbst autorisierende Besatzungsmacht realisiert.
Schließlich kristallisierte sich auf US-amerikanischer Seite heraus, für den nur noch geringen Versorgungswert dieser Mittelwelle den immer größer werdenden politischen Schaden nicht weiter in Kauf nehmen zu wollen. Konsequenz war die Einstellung des Betriebs am 8. April 2001.
Dem folgte der 11. September 2001 und damit politischer Druck, die Rundfunkaktivitäten im Nahen Osten sowie in Afghanistan und Pakistan schnell zu erweitern. Der noch in Oberlaindern stehende, 150 kW starke Mittelwellensender wurde folglich nach Kuwait umgesetzt und dort 2002 ohne Frequenzänderung, sprich auf 1593 kHz, wieder in Betrieb genommen.
Zunächst nutzte ihn RFE/RL für sein parallel unter der Marke Radio Farda gestartetes Iran-Programm. Dabei blieb es, bis eine leistungsfähigere (800 kW), im Auftrag der USA von der staatlichen Rundfunkgesellschaft in Abu Dhabi gebaute Mittelwellenanlage zur Verfügung stand.
Danach übertrug RFE/RL auf 1593 kHz noch sein Irak-Programm, das seit 2015 nicht mehr existiert. Im Vorgriff auf diese völlige Einstellung überließ man die Frequenz bereits 2013 Alhurra, das hier eine andere als die auf 1548 kHz verbreitete Variante seines Hörfunkprodukts Radio Sawa aufschaltete.
Inzwischen häuften sich die technischen Schwierigkeiten mit dem älteren Sender. So führten 2012 Ausfälle der Kühlung zur Zerstörung mehrerer Senderöhren. Dies mündete zwischen 2019 und 2021 – das hatte schon kein Beobachter mehr verfolgt – in die Stillsetzung.
Für Sendungen nach Afghanistan und Pakistan entstanden kurzfristig vier Kurzwellenantennen. In Betrieb gingen sie 2003 mit drei Sendern (US-amerikanische Bauart, 250 kW) aus den eingelagerten Ausrüstungen der 1996 geschlossenen Station Glória in Portugal.
Parallel hatte die Einstellung des Mittelwellenbetriebs in Oberlaindern die Wogen nicht glätten können. Die zunächst weitergeführten Ausstrahlungen auf Kurzwelle, mit vier Sendern des bereits aus Glória bekannten Typs, fanden ebenfalls keine Akzeptanz mehr.
Somit verzichteten die USA zum Ende des Jahres 2003 ganz auf den Standort. Einer der Sender kam 2005 nach Kuwait, wo sich das Zielgebiet des Kurzwellenbetriebs fortan um China und den Iran erweiterte. Seitdem wird Radio Farda hier rund um die Uhr (abgesehen von zeitweisen Auslagerungen) auf der markanten Frequenz 5860 kHz übertragen.
2007 zog der Auslandsrundfunk der USA sich schließlich auch aus Ismaning zurück. Nach dem Wegfall der Mittelwelle 1197 kHz (2005) war hier noch Satellitentechnik verblieben, die ebenfalls nach Kuwait umgesetzt wurde.
Ebenso verfahren wurde mit einer 600 kW starken, 2006 auf Rhodos stillgelegten Mittelwellenanlage, um sich für Radio Farda die teure Sendermiete in Abu Dhabi sparen zu können.
Der Wiederaufbau geriet zu einer Serie von Pleiten, Pech und Pannen (der kalifornische Auftragnehmer bezahlte erst Leistungen seiner Subauftragnehmer nicht und ließ die Baustelle dann ganz ruhen, wodurch sich die für 2008 geplante Fertigstellung bis 2010 hinzog) – und mündete in eine 5,2 Millionen Dollar teure Investruine.
Ursache war die Idee, in der üblichen hemdsärmeligen Weise für die ausgewählte Frequenz 1386 kHz bei der Internationalen Fernmeldeunion einen Betrieb mit geringer Leistung anzuzeigen und dann einfach die installierten 600 kW einzuschalten. Das Problem dabei: Für diese Frequenz existiert eine Koordinierung im Iran.
Die kuwaitischen Gastgeber wollten sich deshalb nicht auf dieses Spiel einlassen. Der Vorgang wanderte bis auf den Tisch der damaligen Außenministerin Clinton, die entschied, auf Alleingänge zu verzichten. Den Ausschlag gab wiederum der zu befürchtende Schaden für die Reputation der USA, der den Nutzen der zusätzlichen Frequenz überstiegen hätte.
Inzwischen hat sich das Thema erledigt: Abgesehen von einer digitalen Erhaltung der Marke fand Radio Sawa am 31. Juli 2023 sein Ende.
Damit steht die Mittelwelle 1548 kHz jetzt für Radio Farda zur Verfügung. Auf einen Betrieb rund um die Uhr (der Bereich direkt am Persischen Golf wäre auch tagsüber per Bodenwelle erreichbar) verzichtet RFE/RL von vornherein; nach letztem bekanntem Stand ist der Sender nur von 17.30 bis 0.30 Uhr MEZ eingeschaltet.
Die Anlagen können auch im Bild betrachtet werden. Dieses Video zeigt den noch von der englischen Firma Marconi gelieferten Sender 1548 kHz, die aus Glória und Oberlaindern umgesetzte Kurzwellentechnik, den Mittelwellensender aus Oberlaindern und auch die Investruine mit den Geräten aus Rhodos.
Dieses Produktion präsentiert außerdem das erste Provisorium von 1993 und vermittelt die extreme Emotionalisierung, mit der die Ausbauvorhaben ab 2001 intern aufgeladen wurden.
Unterdessen ist die Kurzwellentechnik noch um zwei zusätzliche Sender und eine drehbare Antenne kleiner Bauart erweitert worden. Das ermöglichte ab 2010 erstmals Ausstrahlungen in andere Richtungen als Nordosten. Somit kam es auch zu Sendungen nach Europa, bis RFE/RL sein russisches und weißrussisches Programm 2016 von der Kurzwelle nahm.
Die jüngsten Bestrebungen offenbart das Satellitenbild mit den Containern, die an der Antenne 1548 kHz abgestellt sind. Darin angeliefert wurde noch brauchbares Antennenmaterial aus der 2006 abgeschalteten Sendestation „A“ bei Greenville in North Carolina (dem Schwesterstandort der weiterhin aktiven Anlage „B“), das man vor dem Abbruch sichergestellt hatte.
Inzwischen sind auch tatsächlich neu aufgebaute Antennen mit der Abstrahlrichtung Afrika zu sehen, offenbar aber bis jetzt nicht betriebsfähig. Das Sendeschema zeigt weiterhin nur die Nutzung der 2003 und 2010 aktivierten Anlagenteile.
Angestrebt war, über den Aufbau zusätzlicher Antennen hinaus die Kurzwellenanlage auf bis zu zehn Sender zu erweitern, um teurere Ausstrahlungen von anderen Standorten abzulösen. Damit ist inzwischen nicht mehr zu rechnen und im Gegenteil nach den jüngsten Entwicklungen bereits die mittelfristige Perspektive des Standorts unklar.
Einstweilen gibt es bis zum 29. März 2025 die folgenden Sendeplätze:
Voice of America
01.30-02.00 Uhr: 7495 kHz; Afghanistan
04.30-05.30 Uhr: 11850 kHz; Ruanda/Burundi
05.00-14.00 Uhr: 12110 kHz; Pakistan
06.00-11.00 Uhr: 13580 kHz; Pakistan
14.00-20.00 Uhr: 9355 kHz; Pakistan Paschtun.
14.30-17.00 Uhr: 12075 kHz; Afghanistan
14.30-18.30 Uhr: 12140 kHz; Afghanistan
15.00-16.00 Uhr: 13590 kHz; Pakistan Paschtun.
17.00-17.30 Uhr: 15460 kHz; Ruanda/Burundi
17.30-18.00 Uhr: 13750 kHz; Suaheli
18.00-18.30 Uhr: 11850 kHz; Englisch
18.00-18.30 Uhr: 12075 kHz; Afghanistan
19.00-20.30 Uhr: 13765 kHz; Äthiopien, Mo-Fr ab 18.30
Mo-Fr 20.30-21.00 Uhr: 12040 kHz; Ruanda/Burundi
Sa-So 21.30-22.00 Uhr: 9485 kHz; Haussa
Mo-Fr 22.30-23.00 Uhr: 11830 kHz; Bambara
Radio Free Europe / Radio Liberty
Rund um die Uhr: 5860 kHz; Iran
03.30-05.30 Uhr: 13860 kHz; Afghanistan
03.30-09.30 Uhr: 7590 kHz; Iran
03.30-14.30 Uhr: 12140 kHz; Afghanistan
05.30-07.30 Uhr: 12070 kHz; Afghanistan
07.30-14.30 Uhr: 15640 kHz; Afghanistan
09.30-15.30 Uhr: 9990 kHz; Iran
15.00-17.00 Uhr: 5880 kHz; Turkmenistan
Radio Free Asia
00.00-01.00 Uhr: 7510 kHz; Tibet
02.00-03.00 Uhr: 9790, 11530, 12015 kHz; Uigurisch
13.00-14.00 Uhr: 11935 kHz; Tibet
16.00-17.00 Uhr: 11725/65 kHz; China
17.00-18.00 Uhr: 11800/95 kHz; Uigurisch
23.00-24.00 Uhr: 7470, 9540, 12050 kHz; Tibet
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 22.12.2024