Katholischer Sender - Petersburger Radio Maria erneut abgeschaltet

Radio Maria: The SOS
Das Bild zur Mitteilung der Abschaltung | © vk.com

Keine erkennbaren politischen Schwierigkeiten hat die russische Filiale von Radio Maria, einer internationalen Gruppe katholischer Sender. Wirtschaftlich steht sie jedoch auf tönernen Füßen: Am 9. Juli wurde, nun das dritte Jahr in Folge, die terrestrische Ausstrahlung erneut unterbrochen.

Wie schon im Vorjahr hat der Sendernetzbetreiber RTRS die Mittelwelle 1053 kHz in Sankt Petersburg und die UKW-Frequenz in Wyborg abgeschaltet, als die angehäuften Schulden eine Million Rubel erreichten.

Die Illustrierung der Mitteilung von Radio Maria ist ironisch gemeint. Man habe, so heißt es, zwar keine andere Wahl, als die Sendungen für vorerst zwei Monate auszusetzen. Die Lage sei aber besser als 2023. Seinerzeit dauerte die Unterbrechung fast ein halbes Jahr, von März bis September.

[Nachtrag vom 20.10.2024: Diesmal wurden es genau drei Monate.]

Die damalige Verfahrensweise, einen großen Teil der Belegschaft in die Kurzarbeit zu schicken und sich digital auf ein Notprogramm mit Archivmaterial zu beschränken, wird offenbar erneut angewendet: Das Telefon funktioniere, aber man möge, so heißt es, das Anspringen des Anrufbeantworters abwarten, da in der Redaktion niemand hört.

Die „bessere“ Lage scheint als Bezug auf 2022 gemeint zu sein. Damals hatte die Abschaltung etwas weniger als die jetzt genannten zwei Monate angedauert.

Völlig außergewöhnlich ist eine solche Situation für das Maria-Netzwerk nicht. Auch dessen niederländische Station war vor Jahren in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Stand vom 21.07.2024


Radio Maria, srednije wolny 1053 kHz
© Radio Maria

Das Petersburger Radio Maria, dessen bescheidene Natur sich bereits in seinen Räumen zeigt, wurde 1999 gegründet. Die Mittelwelle 1053 kHz blieb seitdem unverändert. Zunächst kam sie aus dem Stadtgebiet, wegen der Schließung der dortigen Sendestation seit 2016 nun aus Olgino am Nordufer der Newabucht.

W Peterburge na tschastote 73.1 FM. C 1 no 31 awgusta 2022 g. westschanija net. Westschanije w Tichwine prekrastscheno. Bestschanije w Wyborge prekrastscheno.
Inzwischen gelöscht: Die Sammlung der Abschaltmeldungen von 2022 | © grad-petrov.ru

Schon seit 1996 sendet von dort das Grad Petrow der Petersburger Diözese der russisch-orthodoxen Kirche. 2010 konnte es von der Mittelwelle auf UKW wechseln, allerdings nur auf eine Frequenz im alten OIRT-Band, die mit neuen Radios nicht mehr zu empfangen ist.

2022 erging es Grad Petrow so wie Radio Maria: Geldmangel zwang zu Unterbrechungen des Sendebetriebs. Die damals im Internetauftritt veröffentlichten Spendenaufrufe sind inzwischen verschwunden, die zusätzlichen UKW-Frequenzen in Tichwin und Wyborg allerdings auch, und zwar endgültig.

Angesichts des staatstragenden Charakters der russisch-orthodoxen Kirche (die orthodoxe Kirche in Rumänien hatte diesen auch schon zu Zeiten von Ceaușescu) könnten solche Schwierigkeiten eines ihrer Medienbetriebe verwundern. Dazu äußerte sich 2022 der Direktor des von der Kirche zentral betriebenen Radio Radonesh:

„Feinde Russlands schätzen die Effektivität unserer Aktivitäten hoch ein, was man von den staatlichen Strukturen, die zu ihrer Unterstützung aufgerufen sind, nicht sagen kann.“

Das zeigte sich spätestens 2019, als Radio Radonesh seine Mittelwellenausstrahlung in Moskau von RTRS abgekündigt bekam. Verblieben ist seitdem nur noch die Frequenz 684 kHz aus Olgino mit der täglichen Betriebszeit von 18.00 bis 23.00 Uhr MESZ (17.00-22.00 Uhr MEZ).

Zwar bleibt die Sendeleistung wie bei Radio Maria auf 10 kW beschränkt. Im Gegensatz zu dessen Frequenz 1053 kHz, die nach wie vor von britischen und rumänischen Großsendern mitbelegt ist, kann die Übertragung auf 684 kHz mitunter aber trotzdem bis nach Mitteleuropa gehört werden.

Sender Olgino
Blick aus Sankt Petersburg zum Gaskraftwerk und den Sendeanlagen in Olgino | © CGP Grey, CC-BY-SA

Bei der Räumung der Sendestationen im Stadtgebiet war in Olgino auch noch ein Sender auf 828 kHz aktiviert worden. Er ist seit Ende 2021 jedoch außer Betrieb.

Dazu führte das Ende von Radiogaseta Slowo, einem mit der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation verbundenen Projekt, das nach dem Tod seines Gründers sang- und klanglos verschwand. Dessen Frequenzpartner, das wiederum orthodoxe Prawoslawnoje Radio, konnte sich danach allein nicht mehr halten.

Aus anderen Gründen verschwand 2016 die Ausstrahlung von Radio Teos, einer Station der protestantischen Far East Broadcasting Company, auf 1089 kHz: Dessen Mittelwellenlizenz wurde nicht mehr verlängert.

Sender Krasny Bor
Krasny Bor: Sendeanlage 1089 kHz; rechts davon einer der Kurzwellensender
Sender Krasny Bor
Krasny Bor: 2 = Antenne 1494 kHz, 3 = Kurzwellenantennen, 5 = Senderblöcke 234/549/801/1494 kHz; 4 = ein Motiv vom Petersburger Fernsehturm

Diese Frequenz kam aus Krasny Bor, im Südosten von Sankt Petersburg. Mit ihrer Ausschaltung endete der Sendebetrieb dort insgesamt, nachdem die Übertragungen auf Kurzwelle und der letzten Großmittelwelle 1494 kHz bereits mit Ablauf des Jahres 2012 entfallen waren.

Wie zu hören ist, wird die Station nicht mehr lange zu sehen sein: Das Grundstück ist verkauft, schon bald sollen die Anlagen abgebrochen werden. Als letzte Erinnerung bleibt dann noch der nach dem russischen Funkpionier Popow benannte Haltepunkt der Eisenbahn.

Wiederum aus Olgino kommt auch die UKW-Frequenz 91,5 MHz, auf der bis zum 1. März 2022 Echo Moskwy sendete. Sie blieb nicht lange außer Betrieb: Die Kette von Echo Moskwy bespielt seit dem 9. März 2022 die Struktur Rossija Segodnja, die ursprünglich für den Betrieb von Auslandsmedien gegründet wurde.

Womöglich läuft deren UKW-Programm im Inland künftig – als Echo Moskwy: Rossija Segodnja wollte sowohl den Namen als auch das Logo für sich registrieren.

Ein Exilprojekt aus Berlin hat nicht erst versucht, den alten Namen noch einmal zu nutzen. Es präsentiert sich nur als „Echo“.

 

Beitrag von Kai Ludwig