Konzert - Massive Attack

Klanglich nicht ganz zu Unrecht dem Trip-Hop zugeordnet und zu den Granden dieses facettenreichen Genres zählend, verstehen sich die 1988 in Bristol gegründeten Massive Attack allerdings keineswegs als Lieferanten des Eskapismus-Soundtracks, den die Genrebezeichnung vermuten ließe. Stattdessen war bei Robert "3D" Del Naja, Grant "Daddy G" Marshall und ihren wechselnden Mitstreiter:innen quasi seit jeher das Private auch politisch – und umgekehrt.
In ihrem Werk steht die ätherische Intimität von Songs wie "Teardrop" gleichberechtigt neben der dräuenden Klaustrophobie eines "Karmacoma", bauen tiefe, schiebende Bässe und schwere, schleppende Beats eine Spannung auf, die sich nicht selten in elektrisierenden Ruhemomenten entlädt. Das bislang letzte Album "Heligoland" datiert auf 2010, seither haben Massive Attack vornehmlich Singles und EPs veröffentlicht. Für ihre Konzerte in diesem Jahr kündigen sie neben einer ausgewogenen Mischung aus Klassikern und jüngeren Songs auch eine neue Live-Show an, die "den größten grenzüberschreitenden Sprung in der Zusammenarbeit zwischen 3D und United Visual Artists seit 2003" darstellen soll. Weiter heißt es: "Indem wir Algorithmen rekonstruieren, um inhaltliche Anomalien und rekursive Feedback-Loops freizulegen, streben wir danach, einen Dialog über den gescheiterten Traum vom selbstbewussten, ermächtigten und individuellen 'Selbst' im Kontext des globalen Zusammenbruchs liberaler Demokratien anzustoßen."
Was sich auf dem Papier (oder Bildschirm) ein wenig sperrig liest, dürfte am 8. Juli vor der beeindruckenden Kulisse der Zitadelle Spandau spätestens mit den ersten Tönen von der Bühne in einem immersiven, ganzheitlichen Konzerterlebnis für Körper und Gehirn aufgehen und Sinn ergeben. Denn Massive Attack wissen, was sie tun – so viel steht fest.