In den weit mehr als sechs Dekaden, die seine Karriere inzwischen währt, hat John Cale sowohl als Mitglied von The Velvet Underground als auch mit seinem Solowerk beziehungsweise so mancher Gemeinschaftsproduktion Musikgeschichte geschrieben. Doch ein Mann der sentimentalen Rückblicke ist der gebürtige Waliser nicht. Vielmehr sucht er stets auf neue die Herausforderung, wie er zuletzt im Sommer 2024 mit seinem bereits zweiten Album binnen Jahresfrist bewiesen hat.

Dieses hört zwar auf den verspielt anmutenden Namen "POPtical Illusion", doch statt wie beim Vorgänger "Mercy" diverse Gäste hinzuzubitten, begab sich Cale diesmal "größtenteils allein in die Labyrinthe von Synthesizern und Samples, Orgeln und Klavieren." Und mit zurückgebracht hat er ein streitbares, unbequemes Stück Musik, mit dem er seiner Wut Ausdruck verleiht – denn er ist "immer noch wütend, immer noch erzürnt über die mutwillige Zerstörung, die unkontrollierte Kapitalisten und reuelose Betrüger über die Wunder dieser Welt und die Güte der Menschen gebracht haben."

Und auch, wenn Cale gerne das ein oder andere Velvet Underground-Stück oder überraschende Coverversionen wie etwa von Elvis' "Heartbreak Hotel" in sein Live-Set einbaut, so ist ein Konzert des klassisch ausgebildeten Musikers weit entfernt von einer nostalgischen Oldie-Show. Stattdessen gibt es beispielsweise am 14.3. in Berlin jemanden live zu erleben, der auch wenige Tage nach seinem 83. Geburtstag immer noch vorwärtsgewandt denkt und dessen Mischung aus neuen Songs und (mitunter überarbeiteten) Perlen früherer Jahre einen spannenden Konzertabend mit Tiefgang verspricht.