Politik, Gesellschaft und Umwelt - Shell-Jugendstudie 2024: Jugend zwischen Angst und Optimismus

Jugendliche vor dem Plenarsaal des Deutschen Bundestages © imago/IPON
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Was denken, fühlen und wollen die Jüngeren? Laut der 19. Shell Jugendstudie machen sich junge Menschen zwischen 12 und 25 Jahren mehr Sorgen über Politik, Gesellschaft und Umwelt. Größte Angst ist dabei ein Krieg in Europa - davor sorgen sich 80 Prozent der Befragten. Viele fürchten sich etwa auch wegen der wirtschaftlichen Situation und möglicher Armut. Besonders bemerkenswert: 55 Prozent der Befragten bezeichnen sich als politisch interessiert. Das sind so viele wie lange nicht mehr.

Alle vier Jahre gibt die Shell-Studie Einblicke in die Lebenswelt der Jugend. Die aktuellen Ergebnisse, die heute veröffentlicht wurden, zeigen ein widersprüchliches Bild: Die Angst vor Krieg und Armut wächst, doch gleichzeitig blicken immer mehr Jugendliche optimistisch in die Zukunft. Trotz Unzufriedenheit mit den politischen Parteien vertrauen sie mehrheitlich der Demokratie und sind politisch so engagiert wie seit 1991 nicht mehr.

Überraschende Ergebnisse

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich bei der Vorstellung der Studie überrascht über den Optimismus der Jugend. Sie betonte auf radioeins, dass die heutige Jugend die vielfältigste sei, die es je gab – in Bezug auf sexuelle Orientierung, Migrationshintergrund und leider auch soziale Spaltung. Diese Vielfalt spiegelt sich in den widersprüchlichen Ergebnissen wider.

Angst und Optimismus Hand in Hand

Die Shell-Jugendstudie zeigt, dass Jugendliche gelernt haben, selbstwirksam zu sein. Sie nehmen die Krisen und Probleme ernst, sind aber gleichzeitig aktiv und politisch interessiert. Diese Kombination aus Angst und Optimismus erklärt, warum sie trotz der Herausforderungen positiv in die Zukunft blicken.

Konsequenzen für die Politik

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist der Wunsch der Jugendlichen nach mehr Medienkompetenz in der Schule. Über 90 Prozent der Befragten fordern dies, um besser zwischen falschen und richtigen Informationen unterscheiden zu können. Bundesministerin Paus sieht hierin eine wichtige Aufgabe für die Bildungspolitik.

Soziale Herkunft und politische Bildung

Die Studie zeigt auch, dass politisches Engagement und Interesse vor allem bei Jugendlichen aus höheren Bildungsschichten verbreitet sind. Je niedriger der Bildungsgrad, desto größer die Angst vor Armut und Migration und desto größer die Ablehnung der Demokratie. Paus betont die Notwendigkeit, politische Bildung zu stärken und Demokratie erlebbar zu machen, um diese Kluft zu überwinden.

Für die Zukunft erwartet Bundesfamilienministerin Paus, dass die Familie weiterhin eine bedeutende Rolle spielen wird und, dass Jugendliche mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten fordern werden. Sie sieht auch eine zunehmende Partnerschaftlichkeit zwischen jungen Männern und Frauen, die Sorgearbeit gerechter teilen wollen.

Die Shell-Jugendstudie 2024 zeigt, dass die Jugend trotz großer Herausforderungen optimistisch bleibt und aktiv an ihrer Zukunft arbeiten will. Es liegt nun an der Politik, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese positive Entwicklung zu unterstützen.

Sabine Rennefanz © imago images/Future Image
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Kommentar von Sabine Rennefanz - Shell-Jugendstudie 2024: Haben wir die jungen Menschen unterschätzt?

Die Generation Corona: Psychisch angeschlagen, krisengeschüttelt, immer schon mit ängstlichem Blick auf die nächste Katastrophe schielend. Kein Wunder, dass junge Menschen pessimistisch sind, wer überhaupt noch politisch interessiert ist, rückt immer weiter nach rechts - so oder so ähnlich klang das zuletzt, wenn in Politik und Medien über "die Jugend" gesprochen wurde. Gestern erschien die neue Shell-Jugendstudie. Und die zeichnet ein anderes Bild. Ein tendenziell positives Verhältnis zu Staat und Gesellschaft wird beschrieben, Jugendliche hätten zwar Angst vor Kriegen, würden aber für sich persönlich große Zukunftschancen sehen. Auch das politische Interesse ist deutlich gestiegen.