Hans-Rosbaud-Studio in Baden-Baden - Sendesaal des Südwestfunks wird abgerissen
Zunehmend in Frage steht die Aufrechterhaltung eines bestimmten Teils der Infrastruktur des Rundfunks: Jener Aufnahmesäle, die für Musikproduktionen mit großen und größten Besetzungen bestimmt sind.
Bereits besiegelt ist das Schicksal des Sendesaales des früheren Südwestfunks in Baden-Baden. Das nach dem ersten Chefdirigenten des SWF-Orchesters, Hans Rosbaud, benannte Gebäude wird im kommenden Jahr abgerissen.
Letzte Produktion waren Fragmente weniger bekannter Bachkantaten mit dem Vokalensemble des SWR. Das reiht sich ein in ein globales Bild: Die BBC meint(e) schon, auf ihren Chor verzichten zu können.
Der Südwestrundfunk seinerseits hatte 2016 die Orchester der beiden Vorgängersender zusammengelegt. Die faktische Auflösung in Baden-Baden führte zwangsläufig zum Ende der Probentätigkeit im dortigen Sendesaal. Auch deshalb ließ er sich jetzt nicht mehr halten.
Kritisch diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Rolle der Denkmalschutzbehörden: Sie betrachten das von 1950 stammende Gebäude als nicht erhaltenswürdig, weil es verschiedene Investitionen zum Werterhalt gegeben hatte.
Eine breitere Öffentlichkeit kann von der Entwicklung von vornherein keine Notiz nehmen: Öffentliche Veranstaltungen waren aus Brandschutzgründen schon seit vielen Jahren verboten.
Der Brandschutz gilt auch als Grund für noch wesentlich weitergehende Pläne in München, gegen die der Aufstand geprobt wird: Hier soll das gesamte, von 1955 bis 1963 errichtete Hörfunkgebäude verschwinden.
Einer der Rundfunksäle hörte auch schon auf zu existieren, ohne noch mit guten Worten bedacht zu werden: Der des Funkhauses in der Leipziger Springerstraße, das der Mitteldeutsche Rundfunk bereits 1999 aufgegeben hatte.
Bekannt ist der Standort durch die markante Fassade des einstigen Bürogebäudes einer Versicherungsgesellschaft. Es war als Ersatz für das 1943 bei einem Luftangriff zerstörte alte Funkhaus am Markt beschlagnahmt worden.
1946/1947 entstand hier ein Sendesaal mit einem Raumvolumen von 3800 Kubikmeter. Ein interner Chronist der 80er Jahre notierte dazu:
» Aus historischem Abstand läßt sich nur schwer ermessen, was dieses Vorhaben und seine technische Durchführung damals bedeuteten.
Angesichts eines völlig zerrütteten Transportwesens mußten alle Baustoffe aus den verschiedensten Gegenden der Sowjetischen Besatzungszone zum Teil mit Hand- und Pferdewagen herangeschafft werden. Jeder Stein und jeder Sack Zement waren „bezugsscheinpflichtig“.
Der Treibstoff für die wenigen zivilen Kraftwagen reichte nicht einmal aus, um die notwendigen Lebensmitteltransporte für die Bauleute und Rundfunkmitarbeiter zu sichern. Und doch wurde gebaut. Selbst das Holz für die akustisch so wichtige Täfelung und der Parkettfußboden wurden beschafft.
Auch die Arbeitskräfte waren knapp, so daß alle Mitarbeiter selbst Hand anlegten. In unzähligen freiwilligen Aufbaustunden leisteten sie Schachtarbeiten, putzten Trümmerziegel und rührten Mörtel an. Der Ingenieur stand neben dem Hilfsarbeiter, der Direktor neben der Putzfrau. «
Der so entstandene Anbau mit dem Saal wurde nach jahrelangem Leerstand 2010 abgerissen. Von der Straße aus ließ er sich nur schlecht einsehen.
Betrachten kann man das in dieser Schilderung jenes umfassenden sächsischen Zugriffs im Äther, den nicht alle Rundfunkteilnehmer so schätzten (und sich ihm oft auch durch den Empfang einstrahlender Sender, insbesondere Calau, zu entziehen verstanden), wie man das in der Nachwendezeit im Funkhaus Leipzig gern selbst glauben wollte.
Die Regie fand ihren Platz im zweiten Stock des Bestandsbaus. Von dort führte eine Treppe in den Saal. Zu sehen ist das auf dieser Seite, laut der bei jener Aufbauarbeit der unmittelbaren Nachkriegszeit etwas nur wenig brauchbares herauskam.
[Nachtrag: Einige Bilder des Saales im Jahre 1991 sind hier zu sehen.]
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 17.12.2023