Frühere Leiterin der Iran-Redaktion im Fokus - Die Voice of America und die Wahlkampf-Endphase
Kurz vor den Wahlen in den USA machte der Republikaner Michael McCaul, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Repräsentantenhauses, die Voice of America noch einmal zum Thema. In seinem Fokus steht die frühere Leiterin der Iran-Redaktion, die heute zum Team des kommissarischen Programmdirektors John Lippmann gehört.
Gegenstand der offiziellen Veröffentlichung, in der die aktuelle US-Regierung in ungewöhnlicher Weise als „Biden-Harris-Administration“ bezeichnet wird, ist die Niederschrift einer fast vierstündigen Befragung.
Dabei finden sich wenig neue Erkenntnisse. McCaul wiederholt weitgehend seine bekannten Anschuldigungen: Setareh Sieg habe zu Unrecht einen französischen Doktorgrad geführt und, etwa bei externen Aufträgen und der Genehmigung bezahlter Überstunden, Günstlingswirtschaft betrieben.
Im Fokus der Republikaner steht Sieg, seit sie Anfang 2021 von einer kurzzeitigen Hausleitung entlassen und nach deren Absetzung wieder zurückgeholt wurde. In den Diskussionen geht es darüber hinaus um den geringen Erfolg des Sprachdienstes. Die ins Feld geführten internen Kritiker hätte man natürlich auch nach ihren eigenen Beiträgen zum Programm fragen können.
Unterstützer wollten in den Untersuchungen von McCaul den Auslöser des abrupten, nicht begründeten Abgangs der kommissarischen VOA-Direktorin im Vorjahr sehen. Sie hat sich aus dem Journalismus verabschiedet und übernahm einen Posten bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank.
Yolanda Lopez war zuvor Nachrichtenchefin der VOA. Sie wurde von der erwähnten kurzzeitigen Hausleitung degradiert, weil eine ihrer Mitarbeiterinnen es gewagt hatte, den damaligen Außenminister Pompeo anzusprechen, als er den Sender noch neun Tage vor dem Ende seiner Amtszeit besuchte.
Ganze zehn Tage später ist diese Hausleitung abgeführt und Lopez als kommissarische Direktorin des Senders eingesetzt worden. Die wegen ihres „Vergehens“ ebenfalls degradierte Reporterin avancierte zur Leiterin des VOA-Büros im Weißen Haus.
Der Besuch des scheidenden Außenministers am 11. Januar 2021 war im Grunde nur noch bizarr. Pompeo war er dennoch eine Erwähnung in seinen Memoiren wert.
[Nachtrag vom 10.11.2024: Nach dem Verzicht auf eine Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur schwebte Pompeo vor, Verteidigungsminister zu werden. Dem erteilte Donald Trump eine Absage.]
In seiner Ansprache im Saal des VOA-Funkhauses wollte Pompeo damit gefallen, auf den eigenen Militärdienst an der „Front der Freiheit“ in den 80er Jahren zu verweisen:
» Ich konnte nicht nach Ostdeutschland passieren. Ich diente in einer kleinen Stadt namens Bindlach. Westdeutsche konnten auch nicht passieren. Aber Ihre Sendungen, die der Voice of America, konnten es. «
Abgesehen von den mehr als 30 Kilometern, die Pompeos Garnison von der „Front“ trennten, war die VOA nach dem Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit für die DDR nicht mehr von Interesse: Da die US Information Agency auch den RIAS betrieb, verzichtete man in Washington über Jahrzehnte auf die deutsche Sprache.
In seinem Buch zeigt Pompeo sich empört über die Kritik an diesem Auftritt, bezeichnet den Auslandsrundfunk als „eine der kaputtesten Institutionen in der ganzen Regierung“, die „ein Opfer der Linken“ geworden sei, und fährt fort:
» Wir haben versucht, mit Michael Pack, einem vielseitigen Dokumentarfilmer, das Schiff auf den richtigen Kurs zu bringen. Seine Bestätigung durch den Senat nahm jedoch zwei Jahre in Anspruch, und so blieben ihm nur sieben Monate, bis die Biden-Regierung ihn an ihrem ersten Tag feuerte. «
Die Beschreibung „Dokumentarfilmer“ ist zwar nicht falsch. In dieser Rolle trat Michael Pack zuletzt als Stichwortgeber für den reaktionären Richter Clarence Thomas in Erscheinung.
Relevanter ist jedoch seine Tätigkeit für das Claremont Institute, das vor Donald Trump eine unbedeutende Denkfabrik war. Es gilt als akademischer Arm des 6. Januar 2021, nachdem das Vorstandsmitglied John Eastman auf der Kundgebung sprach (zu sehen ab 2:19:00), die in die Erstürmung des Kapitols mündete.
Eastman ist ein früherer Referent von Clarence Thomas. Er könnte also wiederum bei der Einfädelung von Packs Filmprojekt beteiligt gewesen sein.
Zur Ernennung von Michael Pack kam es erst 2020, weil sich Donald Trump und sein Stab über längere Zeit nicht für die Auslandssender interessierten. Auf eine solche Ignorierung der Medien kann nicht noch einmal gesetzt werden.
Möglich war die Episode Pack überhaupt nur durch leichtsinnige Gesetzesänderungen, die kurz vor dem Ende der Präsidentschaft Obama vorgenommen wurden. Maßgeblich initiiert hatte sie der unlängst verstorbene John Lansing, der Beinfreiheit bei der Leitung des Auslandsrundfunks wollte.
Im vergangenen Frühjahr gab es Bestrebungen, zumindest die unmittelbare Entlassung von Direktoren der einzelnen Sender zu erschweren. Davon hat man jedoch nichts wieder gehört.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 03.11.2024