Voraussichtlich ab Herbst 2024 - Einschränkungen beim Kurzwellenbetrieb in Japan
Auf die Frage, wie es mit dem Kurzwellenrundfunk in Japan weitergeht, gibt es eine vorläufige Antwort: Er soll zwar weitergeführt werden, jedoch mit Einschränkungen.
Die Rede ist davon, auf der Sendestation Yamata bei Tokio die Zahl der noch aktiven Sender von sieben weiter auf fünf zu reduzieren. Dazu sollen im kommenden Herbst bis zu zehn Monate dauernde Arbeiten beginnen, während denen die verfügbare Kapazität noch darüber hinaus eingeschränkt sei.
Aus praktischer Sicht ist diese Ankündigung kaum nachvollziehbar. Womöglich hat NHK mit der Umschreibung die Existenz eines Stufenplans zum weiteren Ausstieg aus dem Kurzwellenrundfunk offenbart. Mit ihm wird vermutlich die Sendetechnik aus den 80er bis 90er Jahren vollständig aufgegeben.
Diese Sender stammen aus japanischer Fertigung. Im Gegensatz zu einer Reihe anderer Produkte der Rundfunk- und Fernsehtechnik wurden sie wohl nie exportiert. Die einzige bekannte Lieferung ins Ausland, nach Sri Lanka, war für eigene Zwecke von NHK bestimmt.
Ein Teil der Ausrüstungen ist bereits im vergangenen Jahrzehnt durch Sender einer Firma aus der Schweiz ersetzt worden.
Bekannt wurden die Planungen durch den einzigen anderen Nutzer der Station. Dieser erhielt die Ankündigung, man könne für ihn zeitweise nur noch eine Frequenz betreiben. Das gilt dann wohl, bis NHK nach zehn Monaten die Eigenprogramme weiter einschränkt.
Dieser andere Nutzer ist das Shiokaze-Projekt, das in der vagen Hoffnung sendet, noch jemanden der vor Jahrzehnten nach Nordkorea entführten Japaner zu erreichen. Damit angefangen wurde 2007 zunächst auf Kurzwellensendern im Ausland.
2007 erhielt Shiokaze eine Lizenz, die Ausstrahlungen aus Yamata ermöglicht. Das öffnete die Station erstmals überhaupt einem anderen Veranstalter, einmal abgesehen von den Übernahmen ausländischer Partner, die NHK in seiner Zuständigkeit für einige Zeit praktizierte.
Die japanischen Behörden erhofften sich von der Direktausstrahlung, gegen eine Störung der Sendungen durch Nordkorea wirksam über die Internationale Fernmeldeunion vorgehen zu können. Das war allerdings eine deutliche Überschätzung sowohl der Möglichkeiten als auch der Handlungsbereitschaft dieses UN-Organs.
Wegen der Störungen werden die für Shiokaze genutzten Frequenzen laufend geändert. Zuletzt geschah das am 21. Dezember. Damit belegt man von 14.00 bis 15.00 Uhr 5930 und 7335 kHz, von 15.05 bis 15.35 Uhr 6045 und 6085 kHz, von 17.00 bis 18.00 Uhr 6135 und 7320 kHz sowie von 18.05 bis 19.05 Uhr 7225 und 7340 kHz.
Die nordkoreanischen Störsendungen sind auch der Grund für die angezettelte Kontroverse. Allerdings konnten sie von Kurzwellenexperten seit 2022 nicht mehr beobachtet werden.
Vielmehr stört sich Shiokaze bzw. der Senderbetreiber KDDI durch eine erstaunlich schlechte Planung teilweise selbst. Immer wieder setzt man sich auf bereits belegte Frequenzen. So sendet auf 7335 kHz bereits China National Radio.
Die japanische Regierung ihrerseits hat zu den Entführungen einen Sonderstab eingerichtet. Dessen Bemühungen, internationale Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken, zeigen sich in der deutschsprachigen Fassung eines Trickfilms.
Parallel zur Ausstellung der Sendelizenz an das zivilgesellschaftliche Shiokaze-Projekt begann dieser Sonderstab ebenfalls mit Rundfunkproduktionen. Allerdings ist, wie aus Deutschland bekannt, auch in Japan die Veranstaltung von Rundfunk durch staatliche Stellen generell unzulässig.
Einziges Schlupfloch, durch das man dennoch auf die Yamata-Sender gelangt, ist eine Übernahme durch Shiokaze. Nach jüngsten Beobachtungen kommt sie um 14.30 Uhr.
Ansonsten bleibt dem Sonderstab nur die Nutzung von Kurzwellenanlagen im Ausland. Derzeit läuft sie, auch hier wieder mit Zeitangaben in Mitteleuropäischer Zeit und dem jeweiligen Senderstandort:
14.30-15.30 Uhr: 7295 kHz (Taiwan)
14.30-15.30 Uhr: 9705 kHz (Taiwan)
14.30-15.30 Uhr: 12045 kHz (Usbekistan)
15.30-16.00 Uhr: 7560 kHz (Usbekistan)
15.30-16.00 Uhr: 9560 kHz (Taiwan)
15.30-17.00 Uhr: 7290 kHz (Taiwan)
16.00-17.00 Uhr: 7550 kHz (Usbekistan)
16.00-17.30 Uhr: 9685 kHz (Taiwan)
17.00-17.30 Uhr: 5815 kHz (Usbekistan)
17.00-17.30 Uhr: 6045 kHz (Taiwan)
17.30-18.30 Uhr: 6155 kHz (Taiwan)
18.30-19.30 Uhr: 5815 kHz (Usbekistan)
Als Furusato no Kaze erscheinen dabei die Programmteile in japanischer Sprache. Darüber hinaus gibt es koreanischsprachige Segmente, präsentiert als Ilbon e Baran (bei Erwähnungen als „Nippon no Kaze“ handelt es sich um eine in den Sendungen so nicht zu hörende Rückübersetzung ins Japanische).
Unterdessen haben fast alle japanischen Privatsender beschlossen, bis 2028 die Mittelwelle zu verlassen. Im Februar wird mit ersten, noch als „Versuch“ deklarierten, wahrscheinlich aber schon endgültigen Abschaltungen angefangen.
Unter diesen Umständen könnte überraschen, mit dem 1954 gegründeten Radio Nikkei (früher bekannt als Radio Tampa oder Nihon) eine solche Station bis heute – und zwar in analoger Form auch nur dort – auf Kurzwelle anzutreffen, wenn auch seit 2018 schon nur noch in erheblich eingeschränktem Umfang.
Von der Sendeanlage (dazu weitere Fotos) bei der Ortschaft Nagara, am Shizu-See auf der Halbinsel Boso, kommt das Hauptprogramm von 23.00 bis 17.00 Uhr, am Wochenende erst ab 1.00 Uhr, auf 6055 kHz.
Das zweite Programm mit dem bereits im Namen zum Ausdruck kommenden Schwerpunkt Börseninformationen läuft an Arbeitstagen von 0.00 bis 11.00 Uhr auf 6115 kHz. Am Wochenende beschränkt sich die Sendezeit auf 1.00 bis 9.00 Uhr.
Die einstigen Frequenzen im 75- und 31-Meterband werden nicht mehr aus Nagara genutzt. Deren Sender sind teils aufgegeben, teils als eiserne Reserve noch vorhanden.
Allerdings ist die einstige Gleichwelle 3925 kHz des Hauptprogramms auch jetzt noch vom Ostzipfel von Hokkaido (Halbinsel Nemuro) aus aktiv. Die 10 kW starke Sendeanlage war 1996 aus Sapporo dorthin umgesetzt worden. Sie soll an Arbeitstagen von 8.50 bis 24.00 Uhr (auch diese Zeiten jeweils in MEZ) eingeschaltet sein.
Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 07.01.2024