Albumtipp - Pushin‘ Against A Stone von Valerie June
Da muss Erykah Badu ja neidisch werden: kinderarmdicke Dreadlocks medusenhaft aufgestapelt zu einem Turban – das sich selbst erhöhende Ego in Bestform. Dabei macht diese Diva, anders als die erstgenannte, Musik der Bescheidenheit. Musik der armen, tiefgläubigen Southerner, handgemacht, erdverbunden und verwurzelt in einer langen, oft traurigen Geschichte.
Valerie June kommt aus West Tennessee, unweit von Memphis und Nashville. Sonntags ging sie erst in den Gottesdienst der Schwarzen, später, nach dem Umzug aufs Land, in den Gottesdienst der Weißen. Die einen sangen tief und brüllten, inbrünstig wie Mississippi John Hurt, drauf los, die anderen sangen sehr hoch und kolorierten im Stil der Carter Family.
„Vielleicht werde ich eines Tages auch mal ein Album herausbringen, das nicht von diesen Wurzeln geprägt ist“, aber wirklich glauben tut sie es nicht, denn ihre Heimat sitzt ihr in den Knochen. Der Workin‘ Woman Blues knüpft unmittelbar an die Tradition des Deltas an und ist doch das Statement einer modernen, jungen Frau, die erkennen muss, dass Arbeit und Familie nur funktionieren, wenn sich nicht auch noch der Mann bedienen lässt.
Fabelhaft wie dazu Trompeten schmettern! Einer der vielen guten Einfälle einer Künstlerin und ihrer Produzenten, neben Kevin Augunas auch Dan Auerbach von den Black Keys. Dessen Soloalbum Keep It Hid hatte sie solange verfolgt, dass sie unbedingt mit ihm arbeiten wollte – sich aber auch schnell beschwerte, denn er hat sie an ihr Limit gepusht.
Gut so, denn von HipHop über Countryfolk und Blues kommt hier alles zu einem vitalen Mix zusammen, trägt die manchmal dröge und leidvolle Mentalität hinein in den urbanen Hunger nach Ursprünglichkeit.
Christine Heise im TIP-Magazin