radioeins & Freitag-Salon - radioeins- und Freitag-Salon
Haben wir was vergessen? Ein neuer Streit um die deutsche Erinnerungskultur
"Das Gedenken und Sprechen über die deutsche Geschichte muss sich ändern", fordert der Schriftsteller und Historiker Per Leo. Wie aber lässt sich eine solche Veränderung herbeiführen? Was gilt heute beim Umgang mit Begriffen wie Antisemitismus, Kolonialismus oder auch Vergebung und Vergessen?
Der mürrische November bietet mit seinen Jahrestagen zur Novemberrevolution, Reichspogromnacht und zum Mauerfall viel Raum für historische Debatten und Widersprüchlichkeit. Was dabei auffällt: Obwohl sich die deutsche Gesellschaft durch Wiedervereinigung und Migration in den letzten 30 Jahren stark verändert hat, bleibt die Art der Auseinandersetzung mit der eigenen Historie überraschend statisch.
"Das Gedenken und Sprechen über die deutsche Geschichte muss sich ändern", fordert daher der Schriftsteller und Historiker Per Leo. In seinem aktuellen Buch "Tränen ohne Trauer", schreibt er über die Schieflagen deutscher Geschichts- und Erinnerungsdebatten.
Wie aber lässt sich eine solche Veränderung herbeiführen? Was gilt heute beim Umgang mit Begriffen wie Antisemitismus, Kolonialismus oder auch Vergebung und Vergessen? Und passt die Erinnerungskultur der alten Bundesrepublik noch zur Realität der neuen?
Darüber spricht Freitag-Verleger Jakob Augstein mit dem Historiker Per Leo bei "2 um acht" im Berliner Ensemble.
Am Montag, den 29. November 2021, um 20 Uhr im Werkraum des Berliner Ensembles, Bertolt-Brecht-Platz 1, 10117 Berlin.
Live übertragen von radioeins von 20 bis 21 Uhr.
Per Leo wurde 1972 in Erlangen geboren. Als Historiker, freier Autor und Schatullenproduzent lebt er in Berlin. Leos Schreiben kreist um die Vorgeschichte, die Geschichte und das Nachleben des Nationalsozialismus. Er promovierte mit einer Arbeit zur Geistesgeschichte des Antisemitismus in Deutschland. Sein Debütroman "Flut und Boden" wurde mehrfach ausgezeichnet. 2017 löste der von ihm mitverfasste Leitfaden "Mit Rechten reden" eine intensive Debatte aus. In seinem aktuellen Werk "Tränen ohne Trauer" zieht er nun eine kritische Bilanz der deutschen Erinnerungskultur.
Im radioeins & Freitag Salon setzt sich der Journalist und Verleger Jakob Augstein einmal im Monat mit einem Gast an den Tisch und redet – über das Politische in der Kultur, über die Gesellschaft und ihre Zwänge, über die Mechanismen von Öffentlichkeit und Lüge, und über das Verschwinden der Demokratie im Kapitalismus. Radioeins sendet live. Hier verstummt die Erregungsmaschine des Internets. Der radioeins & Freitag Salon ist "unplugged", wie man früher gesagt hätte. Echte Menschen reden über echte Themen und üben sich in Fähigkeiten, die rar zu werden drohen: Zeit nehmen, zuhören, verstehen, lernen. Das – unerreichte – Vorbild dieses aktuellen politischen Diskussionsformats sind die legendären Gespräche des Journalisten Günter Gaus, die im Fernsehen gezeigt wurden, als dieses noch schwarz-weiß war.
Jakob Augstein ist seit 2008 Verleger und Geschäftsführer der Wochenzeitung „der Freitag“. 1967 in Hamburg geboren, studierte er von 1989 bis 1993 Politik an der Freien Universität Berlin und am Institut d'études politiques de Paris. Er war zehn Jahre lang für die Süddeutsche Zeitung als Reporter in Berlin und Ostdeutschland unterwegs. Von 2011 bis 2018 schrieb er die Kolumne „Im Zweifel links“ auf „SPIEGEL ONLINE“. Von 2011 bis 2020 lieferte er sich mit Nikolaus Blome, dem ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur der Bildzeitung, in der Phoenix-Sendung „Augstein und Blome“ einen wöchentlichen Schlagabtausch zum politischen Thema der Woche.