Kino in vierter Generation - Weltspiegel Kino
in Finsterwalde
Das Weltspiegel Kino in Finsterwalde wird von der Familie Siegert und ihrem Team in vierter Generation betrieben. Das Kino hat einen großen Saal mit einer Visionsbar, die einen direkten Blick auf die Leinwand bietet und der Lieblingsplatz des Inhabers Torsten Siegert ist. Darüber hinaus gibt es noch einen kleinen Kinosaal, der ebenso durch eine futuristische Atmosphäre besticht.
1912 taten sich die Herren Unternehmer Krengel, Wehle und Tonke zusammen und entwickelten den Plan, für Finsterwalde -im Herzen der Niederlausitz- ein Kino zu bauen. Im Mai 1912 begannen dazu die Bauarbeiten am Wickhof, der heutigen Karl-Marx-Straße, im Zentrum der Stadt. Als Architekten konnte das Cottbuser Büro Schmidt & Arnold gewonnen werden, die im Vorfeld schon für den namensgleichen „Weltspiegel“ in Cottbus, eines der ersten großen Kinos in Deutschland, verantwortlich waren.
Am 9. Oktober 1912 öffnete der Finsterwalder „Weltspiegel“ seine Türen und es begann eine cineastische Familientradition, die bis heute in der Hand der Familie Siegert liegt. 404 Zuschauern bot der Filmtempel bei seiner Eröffnung Platz, eine für damalige Verhältnisse sehr respektable Zahl und Ausdruck des stabilen Wohlstandes in der Stadt.
Neben Funktionalität wurde beim Bau sehr viel Wert auf eine moderne Architektur gelegt. Der Innenraum des großen Kinosaals wurde an den Seitenwänden mit Schmuck aus antiken Motiven versehen. An der Giebelwand befand sich die Leinwand. Durch den konstruktiven Aufbau des Dachstuhls entstand eine ellipsenförmige Decke. Mit Rang und dessen umlaufender Balustrade entstand der optische Eindruck einer sehr starken horizontalen Gliederung des Innenraumes. Beheizt wurde der damals größte umbaute Innenraum für kulturelle Zwecke mit einer Dampfheizung.
Bereits in den Jahren 1926/27 ging man daran, das Antlitz des Kinos nachhaltig zu verändern. Schwerpunkt dabei war der Anbau eines Cafés, einer Dachterrasse und die Veränderung der Fassade.
Im Jahr 1972, als das Kino vollständig in staatliche Hand überging, stand ein erneuter Umbau am Gebäude an, der noch heute zu bewundern ist. Die Fassade wurde 1972 von dem Finsterwalder Grafikers Horst Bahr neu entworfen. Sie begeistert Maximilian Siegert, Sohn des Eigentümers Torsten Siegert, am meisten. Schon als Kind fragte er seinen Großvater über das Kino aus. Er stand schon im Alter von 12 Jahren im Kino und verkaufte Popcorn. Heute ist er vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. „Das Kino muss sich ständig neu erfinden, wenn es überleben möchte und mir liegt viel daran, dass es weitergeht“, sagt der 32-jährige Maximilian Siegert.
Das einstige Kinocafé wurde zu einem kleinen Kinosaal umgewandelt, in dem nach wie vor Filme präsentiert werden. Die gesamte Innengestaltung wurde im Trend der siebziger Jahre ausgeführt und besticht auch die heutigen Gäste mit ihren klaren Linien und Formen. Bis zum heutigen Tag sind wesentliche Elemente der letzten Umbauphase aus den Jahren 1973 bis 1976 sehr gut erhalten und prägen den Charakter des Lichtspielhauses.
1990 stellte erneut ein entscheidendes Jahr in der Geschichte des traditionsreichen Kinos in der Sängerstadt dar: Das Kino wurde wieder privatisiert und liegt nun wieder in den Händen der Familie Siegert. Torsten Siegert ist ein Urenkel von Aldolf Tonke, einem der drei Gründerväter des Kinos „Weltspiegel“. Nach der Rückübertragung wurden bewusst nur notwendige Modernisierungsarbeiten ausgeführt, um damit das Kino als einzigartiges und wertvolles Architekturgut, nicht nur für Finsterwalde, zu erhalten.
Neben der Architektur zeichnet sich das Weltspiegel Kino im Finsterwalde auch durch besondere Programmschwerpunkte und Aktionen aus. Torsten Siegert bietet handverlesene Filme: Jeden Film setzt er selbst auf den Spielplan. Gezeigt wird eine Mischung aus Kinderfilmen, Mainstreamfilmen und immer montags auch Arthouse-Filmen, die eine Gradwanderung zwischen Filmkunst und Kommerz sind. Regelmäßig betrachtet er Filme von einem Tisch in der "Visionsbar" im großen Saal. Von dort genießt Torsten Siegert den hervorragenden Blick auf die Leinwand.
Die Visionsbar wurden im Großen Saal unter dem Rang eingebaut. Die Besonderheit bestand in ihrer Konstruktion, da die Parterreplätze durch eine große Scheibe ohne Dehnungsfuge von der Visionsbar abgetrennt wurden.
Die Idee an der Visionsbar ist das Kino als sozialen Raum zu verstehen. In dem Raum kann man beim Filmschauen mit Freunden und Familie am Tisch sitzen und ein Getränk genießen. Durch die Glasscheibe ist der Blick auf die Leinwand frei und wenn der Vorhang sich öffnet und der Film beginnt, dann übertragen Lautsprecher den Ton in die Bar.
Neben dem Kinoprogramm lässt es sich Familie Siegert nicht nehmen diverse Filmevents umsetzen. Zur Eröffnung des Denkmaltages organisierte das Weltspiegel Kino ein Filmscreening im Finsterwalder Schloss und ferner seit über zehn Jahren auch das Freibadkino. Die schwimmende Leinwand ist von einer sonst selten genutzten Tribüne aus zu sehen. Wo haben Besucher und Besucherinnen sonst die Möglichkeit nach dem Baden "Open-Air" einen Film genießen zu können?