Ein Kiez-Kino für Herz und Hirn - Thalia Programmkino
in Potsdam
In seiner hundertjährigen Geschichte durchlebte das Thalia Programmkino in Potsdam fünf politische Systeme und viele Krisen. Mit Filmen für Herz und Hirn ist das Kiez-Kino heute fester und zentraler Bestandteil des kulturellen Lebens in Babelsberg und Potsdam und wurde im Jahr 2016 als bestes Programmkino in Deutschland ausgezeichnet.
Alles Begann im Februar 1918. „Erstaufführungen von hervorragenden Schlagern“ verspricht der Inhaber des „Thalia-Theaters“ seinem Publikum. Erst der zweite Weltkrieg sollte im April 1945 die Lichter im Thalia ausmachen, wenn auch nur für kurze Zeit. Denn unter sowjetischer Kontrolle konnte noch im gleichen Jahr im vom Krieg unversehrten Saal wiedereröffnet werden. Zu DDR-Zeiten erlebte hier „Spur der Steine“ 1966 seine Uraufführung. Nach der Wende überlebt das Thalia das große Potsdamer Kinosterben und ist 1997 als „Miniplex“ mit vier Sälen und 709 Plätzen das modernste Kino der Stadt.
Damals haben die heutigen Kinomacher Thomas Bastian als Geschäftsführer und Christiane Niewald als Programmchefin die Leitung des Hauses übernommen. Gezeigt wurden vor allem kommerzielle Filme und das durchaus erfolgreich, zum Start von Titanic kamen an einem Wochenende 1.500 Besucher pro Tag, erinnert sich Thomas Bastian an die Goldenen Zeiten. Doch als 1999 das UCI am Potsdamer Hauptbahnhof eröffnet, brechen die Besucherzahlen existenzbedrohend ein und das Thalia musste sich neu erfinden.
Seit 2001 stehen die Thalia Programm Kinos für erlesene Delikatessen der Filmkunst. Hollywood-Fastfood verliert sich kaum noch in die Rudolf-Breitscheid-Straße. Dafür wird die Programmarbeit auf Landes- und Bundesebene regelmäßig mit Auszeichnungen gewürdigt.
Knut Elstermann im Gespräch mit der stellvertretenden Geschäftsführerin Daniela Zuklic:
Als Kiez-Kino ist das Thalia fest verankert in die Nachbarschaft. Ein Treffpunkt, ein Kino für Jung und Alt. Viele Veranstaltungen werden in Kooperation mit lokalen Institutionen und Gesprächspartnern durchgeführt. Darüber hinaus geben sich Regisseure, Produzenten und Darsteller die Klinke in die Hand. Eine wöchentliche Dokumentarfilmreihe stellt gesellschaftliche und politische Themen zur Diskussion. Das Thalia soll ein Ort der Begegnung, des Austausches, des Innehaltens und Nachdenkens sein. Die familiäre Atmosphäre der Säle würden Gespräche auf Augenhöhe in einer Art von Wohnzimmeratmosphäre ermöglichen sagt Programmchefin Niewald. Ein Rezept, das aufgeht und bei Publikum und Filmschaffenden gleichermaßen beliebt ist. Getreu dem Motto "Aus dem Bauch und für den Kopf" bietet das Programm einen ausgesuchten Querschnitt aus Filmkunst- und Familienkino. Die zahlreichen Filmreihen legen ein besonderes Augenmerk auf die unterschiedlichen Interessen unserer Kinobesucherinnen und Kinobesucher – von Kinderwagenkino über Silberstreifen bis hin zu Femme Totale, Autism Friendly Cinema und dem Russischen Salon.
Das Selbstverständnis als Familienkino hat natürlich auch Auswirkungen auf das Programm. Besonders für die kleinsten Kinobesucher gibt es zahlreiche Angebote. Maxis Kinoabenteuer ermöglicht den allerersten Kinobesuch. Das Spatzenkino richtet sich an Kitas und auch für Schulklassen aller Jahrgangsstufen ist das Thalia regelmäßiger Ansprechpartner. Frischgebackene Eltern können beim Kinderwagenkino ihre Babys mit in die Filmvorführung nehmen. Ein europaweit einzigartiges Projekt ist die Kinderfilmuniversität in Zusammenarbeit mit der Filmuniversität Konrad Wolf und dem Potsdamer Filmmuseum.
Und auch Festivals machen im Thalia halt. 2019 nutzte zum zweiten Mal das Festival des historischen Films - Moving History die Räume des Thalia und erst im Februar war man im Rahmen von „Berlinale goes Kiez“ Teil des Berlinale Programms.