Filme aus Russland und Osteuropa - Kino Krokodil

in Prenzlauer Berg

Kino Krokodil
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Fassade vom Kino Krokodil | © radioeins Download (mp3, 7 MB)

Schon 1912 wurden in dem Gebäude in der Greifenhagener Straße ein Ladenkino eingerichtet. Heute überzeugt das Programmkino in einer klar definierten Nische. Seit der Gründung des Kino Krokodil im Jahr 2004 stehen insbesondere Filme aus Russland und Osteuropa im Fokus.

Neben Klassikern der Filmgeschichte werden auch regelmäßig zeitgenössische Produktionen auf der Leinwand gezeigt. Gründer und Leiter des vereinsbetrieben Kinos Gabriel Hageni versucht das Publikum des über neue Entwicklungen in Osteuropa zu informieren. Der wechselseitige Einfluss westlicher und östlicher Filmkultur liegt ihm dabei ebenso am Herzen wie die Frage, ob und wann solche Kategorisierungen überhaupt sinnvoll sind.

Für Hageni war es überraschend, dass im Westen für Filme aus dem Osten wenig Platz schien. Lagen die spannenden Filmstoffe während der großen gesellschaftlichen Veränderungen hier nicht auf der Straße? Spürte man im Westen nicht gerade ein ganz neues Interesse am Osten?

„Möglicherweise versuchen wir mit der Präsentation eines eigenen Programms nur eine selbst empfundene Lücke zu schließen“, sagt Hageni. Diese Leerstelle begreift er nicht als Marktlücke im ökonomischen Sinne. Die geographische Fokussierung des Programms auf Filme aus Russland und Osteuropa bedeutet für ihn nicht mehr als eine Startposition bei der Suche nach Antworten auf ganz universelle Fragen. Gehe es doch immer um das Individuum und seinem Platz in der Welt, seinem Verhältnis zur Gesellschaft, zur Welt und nach dem dahinter.

Bei der Programmauswahl stehen filmästhetische, inhaltliche und formale Kriterien gleichberechtigt neben der Frage der Herkunft. Filme entstehen immer in einem bestimmten Raum. Dieser wird unter anderem von gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen bestimmt. Vielleicht liegt die Spannung darin, Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen, Sozialisationen, aus unterschiedlichen Regionen, aus Ost und West, aber eben auch aus Nord und Süd zusammenzuführen und sich zum Einlassen und die Konzentration auf einen Film oder ein Programm zu bewegen. Kollektives Sehen schließt die Konfrontation mit den Reaktionen anderer ein. Das Team vom Kino Krokodil freut sich über Begegnungen und nutzt als Gastgeber gern die Gelegenheit für Einladungen zum gemeinsamen Essen und Umtrunk nach dem eigentlichen Programmende.

Im Kino Krokodil werden die Filme digital nach DCP Standard projiziert. Immer wieder wird auch analoges Material abgespielt. Dafür steht die 35mm und 16mm Technik stets betriebsbereit. Dies sei ein Luxus, den manche Kinos ihrem Publikum heute nicht mehr ermöglichen können. „Jenseits aller Befindlichkeiten heißt analoge Präsentation für uns zuerst, Filme werkgetreu aufzuführen, denn zweifellos bestehen zwischen den beiden Wiedergabeverfahren ästhetische Unterschiede. So käme auch niemand auf die Idee, Bachs Goldberg Variationen im Rahmen eines klassischen Konzerts auf einem Keyboard vorzutragen“ sagt Hageni.

Kino Krokodil Fassade
Fassade vom Kino Krokodil | © Kino Krokodil Archiv

Filmverleih

„Seit wir die Eisenbahnen haben laufen die Pferde schlechter!“. Theodor Fontane

Neben dem Kino betreibt Hageni noch einen kleinen Filmverleih. Fontanes Diktum lässt sich zwar nicht im Geringsten auf die Arbeit im Verleih übertragen, hat aber, laut dem Inhaber, direkt mit dem Dichter zu tun. Im Jahr von Fontanes 200. Geburtstages brachte der Filmverleih Spreeland Fontane und Havelland Fontane, die beiden letzten Teile von Bernhard Sallmanns Fontane Tetralogie, ins Kino. Unlängst für den Preis der deutschen Filmkritik nominiert, wurden die Filme immer wieder von prominenten Häusern wie dem Filmmuseum München, dem Filmmuseum Potsdam oder dem Österreichischen Filmarchiv gebucht. In jedem brandenburgischen See (Flussfilm) spiegelt sich eben die ganze Welt.

Archiv

Im Archiv des Kino Krokodil werden Filmkopien, Fotos, Diapositive, Tondokumente, Zeitungen, Kinotechnik, Kinoinventar, Zeugnisse osteuropäischer Alltagskultur und Skurrilitäten aufbewahrt. Zur Filmsammlung gehören sowjetische Klassiker wie Moskau glaubt den Tränen nicht (OmU) oder Tschapajew (OmU) ebenso wie deutsche Dokumentarfilme (z.B. Lange nach der Schlacht von Eduard Schreiber), ein Amateurfilm aus einer sowjetischen Kaserne in der DDR, Ausgaben der Wochenschau Fitil, sowjetische landeskundliche Filme ab den frühen 50er Jahren, studentischen Arbeiten sowie Werbe- und Animationsfilme. Garbiel Hageni interessieren an den Zeitungen und Alltagsgegenständen die Aspekte, die oft erst beim zweiten Hinschauen erkennbaren Aussagen über die Befindlichkeiten ihrer Zeit. „Eng mit dem Kinobetrieb verbunden ist es für uns Wunderkammer, Ort der Erkenntnis und des Spielens zugleich“, sagt Hageni.