Ein Kinoleben - Bali Kino
in Berlin-Zehlendorf
BALI heißt eigentlich Bahnhofslichtspiele. In den 70iger Jahren war es eines der führenden politischen Kinos in Deutschland.
In den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Saal im BALI Kino als Tanzpalast genutzt, seit 1946 ist es ohne Unterbrechung ein Kino. Es hieß von Anfang an "BALI". 1979 übernahm Helgard Gammert das BALI von dessen Gründer Manfred Salzgeber. Dafür zog sie von Mannheim nach Berlin in eine Wohngemeinschaft. Sechs Jahre zuvor war das BALI Kino eröffnet worden.
Helgard Gammert ist ausgebildete Buchhändlerin und machte die ersten Erfahrungen im kommunalen Kinobereich aus ihrer ungebrochenen Kinoleidenschaft. Für sie stand immer der Kontakt zum Publikum im Vordergrund. „Mir liegen alle Altersgruppen am Herzen“, sagt Gammert.
Aber wie man ein Kino mit Leben füllt und zu einem Treffpunkt macht, das habe sie am Anfang nicht gewusst. Angefangen habe es auch gar nicht gut, erzählt Gammert. Sie berichtet von dem 31. Dezember 1978: Unvergesslicher schneereicher Winter, abgebrochener Kinoschlüssel in der Seitentür, Haupteingang zugeweht mit scheinbar unüberwindlichen Schneeverwehungen. Eine Schaufel musste her. Sie konnte jedoch keine finden, da ihr das Haus noch fremd war. Sie erinnert sich, an Silvester weinend in ihrer Berliner WG gesessen zu haben.
Ähnlich ging es weiter: Die Kinomaschinen gingen kaputt. Gammerts Vorstellungen eines politischen Kinos waren immer weniger durchführbar. Häufig hätten in den Kinosesseln mehr eingeladene Gäste als Publikum gesessen. Um mit ihrem Kino überleben zu können, musste sie das Programmangebot verändern. Sie richtete ein Angebot für Jugendliche um 18 Uhr ein, außerdem ein Kinderprogramm und ein anspruchsvolles Programm für Erwachsene. Sie probierte viel aus und verwarf einiges. Heute gibt es ein ausgewähltes, gehobenes Programm mit cinéeastischer Ausrichtung, Themenabende, Filmfestivals, Kinder- und Schulprogramme, Filmnächte und Sonderveranstaltungen.
Das BALI Kino ist im Kiez angekommen und erhält die einzigartige, lebendige Kinovielfalt in der Hauptstadtregion. Das war ein langer Prozess. Vor ihrer Übernahme hatte das Kino den Ruf einer marxistischen Kader-Schmiede und wurde damit vom Bezirk und den Bewohnern abgelehnt. Das Kino und Helgard Gammert mussten sich das Vertrauen des Publikums erst einmal erarbeiten. Entscheidend war für mich die Vernetzung des Kinos mit dem Umfeld, vielen Organisationen, Instituten, der Universität und vor allem, mit dem Publikum“, sagt Gammert. Die ersten Schritte dazu war die Zusammenarbeit mit den Schulen, den Kitas und dem Bezirksamt Zehlendorf.
Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Jahr 2005 und der Bezirksmedaille der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf am 14. Juni 2017 taten dann bei der Bevölkerung sein Übriges. Im Kino-Alltag sei das allerdings nicht wichtig. Das Publikum halte ihr die Treue, auch wenn es im Kino kein Popcorn zu kaufen gibt. Das BALI Kino und Helgard Gammert sind aus Zehlendorf nicht mehr wegzudenken.