Um ein Land zu verstehen, muss man seine Musik hören. Aber wo anfangen? Zumal bei einer Nation, die ihre Eigenständigkeit und ihren Wert so bitter zu erkämpfen hat wie die Ukraine. Eine Compilation mit Stücken verschafft nun einen interessanten Überblick über die lebendige Kiewer Underground-Szene, über opulente Pop-Produktionen, raffinierten Jazz und experimentelle Klanglandschaften, die vor und nach dem Zerfall des Sowjetimperiums entstanden. Tatsächlich scheint man mit den „Ukrainian Sonic Archives 1971-1996“ einen Wald aus Melodien zu erleben. Die atmosphärische Dichte, die Wärme und liebliche Unschuld, die aus vielen Songs spricht, auch denen, die unverkennbar westlichen Vorbildern nachempfunden sind, verrät viel über das ukrainische Gemüt. Und wie sehr sich das Land als Brücke zwischen West und Ost versteht.

Kai Müller, Tagesspiegel