Ein Leben mit Bob - Was Bob wirklich besonders macht # 1
von Carsten Wehrhoff
Seit seinem dreizehnten Lebensjahr begleitet Bob Dylan unseren Kollegen Carsten Wehrhoff durch sein Leben. Er ist Bob Dylan bis heute treu geblieben, trotz einiger Enttäuschungen. Aber Enttäuschungen bedeuten ja nur das "Ende einer Täuschung", was durchaus positiv zu bewerten ist...
Sein erstes Dylan Konzert besuchte Carsten Wehrhoff als 17-jähriger und im Laufe der Jahrzehnte hat er über 40 Shows mit ihm erlebt. Er ist Dylan hinterhergefahren, sooft er konnte, und hat viele Auf und Abs miterlebt. Als "Dylanonoge" mag er sich trotzdem nicht sehen.
Heute werden wir mit ihm im Laufe des Tages über seine Erfahrungen und die Bedeutung von Bob Dylan sprechen.
Fast alle Musikfans werden einen Song von Dylan mögen, ob im Original oder eine Coverversion von Them, Hendrix, Adele, Manfred Man's Earth Band oder Guns N' Roses. Vielleicht ist einem auch überhaupt nicht bewusst, das Dylabn das Lied geschrieben hat. Aber man muss Bob Dylan wirklich nicht mögen, weder seinen Gesang noch seine Musik. Dylan ist ja auch nicht der beste Musiker oder Sänger.
Doch Respekt hat er verdient. Als Pionier, als Türöffner für viele andere Musikerinnen und Musiker.
Dylan setzte durch, dass er, anders als damals üblich, seine Songs selbst aufnehmen konnte. Vorher gab es eine klare Trennung zwischen Autor und Interpret, die Verlage und Plattenfirmen bestimmten, wer die Songs singen sollte. Damit war er Vorreiter für die Beatles oder Stones, die bis dato nur Coverversionen aufgenommen hatten. Die Zeit der Interpreten war Vergangenheit, mit Dylan wurde es wichtig, eigene Songs zu schreiben.
In vielen Bereichen hat Bob Dylan Neuland beschritten:
Mit dem sechsminütigen „Like A Rolling Stone“ sprengte er das Singleformat und in seiner langen Karriere hat Bob Dylan regelmäßig Songs in Überlänge aufgenommen, vorher gab es das nur im Jazz.
Ausserdem veröffentlichte Dylan mit "Blonde On Blonde" das erste Doppelalbum der Rockgeschichte.
Bob Dylan hat oft und gerne die Regeln gebrochen, Erwartungen enttäuscht und ist immer nur seinem eigenen Kompass gefolgt. Immer wenn man ihn in eine Rolle pressen wollte, hat er sich entzogen. Er wollte nicht die Stimme der sixties sein, hat musikalisch immer wieder neue Richtungen eingeschlagen, auch wenn er damit seinen alten Fans vergraulte.
So erwarten alle, dass Bob Dylan nach längerer Konzertpause beim Woodstock Festival auftreten würde, aber er spielte stattdessen ein paar Tage später beim "Ilse Of Wright" Festival in England.
Auf der Bühne spricht er schon lange nicht mehr mit dem Publikum und Interviews mit ihm sind rar. Im Gegensatz dazu veröffentlichte er dann seine Autobiographie, stand Martin Scorsese für die Doku "No Direction Home" Rede und Antwort und produzierte 100 Ausgaben seiner "Theme Time Radio Hour", wo sich Dylan als wunderbarer Geschichtenerzähler präsentiere. Dylan tut immer das,was man überhaupt nicht erwartet.
Trotzdem war nicht alles, was er gemacht hat, wichtig, nicht alles war gut. Es gab viele Auf und Abs in den 60 Jahren seiner Karriere und auch mich hat Bob Dylan oft enttäuscht, aber seine Standhaftigkeit "Gegen alle Widerstände" ist einzigartig im Musikgeschäft.