Berlinale | Generation - Julia Lemke und Anna Koch über "Zirkuskind"
"Zirkuskind" ist ein berührender Film, der die Herausforderungen und Schönheiten des Zirkuslebens einfängt. Die Regisseurinnen Julia Lemke und Anna Koch haben es geschafft, eine Geschichte zu erzählen, die sowohl Kinder als auch Erwachsene anspricht.
"Zirkuskind" erzählt aus dem Leben der letzten Nomad*innen in Deutschland. Vom Aufwachsen in der Großfamilie, mit den Tieren, und einem Leben ohne Netz und doppelten Boden. Ein dokumentarisches, mit Animationen versehenes Roadmovie über die Kraft von Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Santino ist ein Zirkuskind. Mit seiner Familie und den Tieren zieht er im Wohnwagen durchs Land – heute hier, morgen dort. Zuhause ist für ihn kein fester Ort, sondern das sind seine Eltern Angie und Gitano, sein Bruder Giordano, unzählige Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins und ganz besonders sein Uropa Ehe, einer der letzten großen Zirkusdirektoren Deutschlands. Ehe erzählt Santino wilde Geschichten aus seinem langen Leben: vom prachtvollen Elefantenbullen Sahib, seinen eigenen ersten Schritten als Clown und dem Freiheitsgefühl, für das es sich lohnt, alle Strapazen in Kauf zu nehmen. An Santinos elftem Geburtstag stellt Ehe die Frage, was Santino denn einmal in der Manege zeigen möchte, schließlich müsse auch er etwas zu ihrer Gemeinschaft beitragen. Doch wie findet man das nur heraus?
Die Regisseurinnen Julia Lemke und Anna Koch berichten auf radioeins von den Herausforderungen, die sie beim Filmen der Zirkusfamilie hatten. Es war nicht einfach, sich in die komplexen Abläufe des Zirkus einzufügen. Anfangs hatten sie das Gefühl, im Weg zu stehen, doch mit der Zeit gewannen sie das Vertrauen der Familie. Die rauen Töne und die direkte Kommunikation, die im Zirkus herrschen, wurden auch auf die Filmemacher übertragen, was zu einer besonderen Verbindung führte.
Die Wahl des Zirkus war nicht zufällig. In einer Gesellschaft, die dem Zirkus oft skeptisch gegenübersteht, wollten die Regisseurinnen eine Familie finden, die die Schönheit und die Herausforderungen des Zirkuslebens authentisch darstellt. Es war eine Herausforderung, einen Zirkus zu finden, der sowohl eine gute Tierhaltung als auch eine interessante Geschichte zu bieten hatte. Santino und sein Urgroßvater wurden schnell zu zentralen Figuren des Films, die die Zuschauer in die Welt des Zirkus eintauchen lassen.
Santino, der erst elf Jahre alt ist, zeigt beeindruckende Fähigkeiten, die weit über das hinausgehen, was man von einem Kind seines Alters erwarten würde. Er kümmert sich um die Tiere, hilft bei der Show und hat ein großes Verantwortungsbewusstsein. Doch die Frage bleibt: Wie würde er in der "realen" Welt zurechtkommen? Die Regisseurinnen sind sich einig, dass Santino in seiner Zirkuswelt glücklich ist, aber die Vorstellung, dass er außerhalb dieser Blase leben könnte, ist für ihn unvorstellbar.
Quelle: Berlinale