EU oder Russland? - Richtungsweisende Parlamentswahlen in Georgien

Menschen kommen mit georgischen und EU-Fahnen zu einer Demonstration in der georgischen Hauptstadt Tiflis © Katharina Schröder/dpa
Katharina Schröder/dpa
Menschen kommen mit georgischen und EU-Fahnen zu einer Demonstration in der georgischen Hauptstadt Tiflis | © Katharina Schröder/dpa Download (mp3, 11 MB)

Am Samstag findet in Georgien eine Parlamentswahl statt. Das Land im Südkaukasus ist seit Dezember 2023 EU-Beitrittskandidat. Seit Mai jedoch wackelt dieser Status. Der Grund: Die Regierungspartei "Georgischer Traum" brachte ein Regelwerk durch das Parlament, das in der EU, aber auch in den USA auf viel Kritik stieß: Das Gesetz "Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme". Es ähnelt Vorschriften, die der Kreml in Moskau gegen unliebsame Nichtregierungsorganisationen anwendet. Das in Georgien seit Mai geltende Gesetz löste eine Welle der Proteste aus. Wir haben mit Stephan Malerius, dem Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Südkaukasus, über die aktuelle Situation und die anstehenden Wahlen gesprochen.

Am Samstag finden in Georgien Parlamentswahlen statt, die als richtungsweisend gelten. Die ehemalige Sowjetrepublik steht vor der Entscheidung, sich entweder weiter Richtung Russland zu orientieren oder den Weg zurück in Richtung EU zu suchen. Die EU wirft der georgischen Führung aktuell einen antieuropäischen Kurs vor und hat deshalb den Prozess zum EU-Beitritt auf Eis gelegt.

Sollte die aktuelle pro-russische Regierung die Wahlen gewinnen und im Amt bleiben, würde dies ein düsteres Bild für Georgien zeichnen. Der Oligarch hinter der Regierung hat angekündigt, die Opposition zu verbieten und sogar von einem Nürnberger Prozess gesprochen. In den letzten Tagen kam es bereits zu Gewalt gegen Oppositionspolitiker. Ein Sieg der aktuellen Regierungspartei würde Richtung Autoritarismus, Repression und weitere Einschränkungen von bürgerlichen Freiheiten bedeuten.

Gewinnt hingegen die pro-europäische Opposition, könnte Georgien wieder auf den Kurs Richtung EU-Beitritt zurückkehren. Nach der russischen Invasion in die Ukraine stellte Georgien 2022 einen Beitrittsantrag und erhielt im Dezember letzten Jahres den Kandidatenstatus. Die Beitrittsverhandlungen sind momentan eingefroren, könnten aber wieder aufgenommen werden, wenn die Opposition gewinnt.

Proteste gegen neue Gesetze

In diesem Jahr verabschiedete die aktuelle Regierung in Georgien mehrere Gesetze, die es so ähnlich auch in Russland gibt. Die Rechte queerer Menschen wurden beschnitten und es gibt ein Gesetz gegen vermeintliche ausländische Einflussnahme. Gegen diese Gesetze gab es massive Proteste, die vor allem von der jungen Generation getragen wurden. Diese Generation profitiert stark vom visafreien Reisen nach Europa und ist sehr europaorientiert.

Einfluss Russlands

Trotz der pro-europäischen Bestrebungen hat Russland weiterhin großen Einfluss in Georgien. Die russische Sprache ist immer noch präsent und russische Kanäle sind empfangbar. Georgien hat eine 900 Kilometer lange Grenze mit Russland, was die geografische Nähe und historische Verbindungen verdeutlicht.

Freie Wahlen?

Es gibt viele Anzeichen dafür, dass die Regierung versuchen wird, die Wahlen zu manipulieren. Es wurden Berichte über Druck auf Oppositionelle und Wahlmanipulationen bekannt. Wie frei und fair die Wahlen am Samstag sein werden, bleibt abzuwarten.

 


Gespräch mit Giorgi Kakabadze

Nicht nur in Georgien, auch hier in Deutschland gibt es Demos gegen die prorussische Regierung - organisiert von einer Gruppe in Berlin lebender Georgier, dem Georgischen Zentrum im Ausland (GZA). Über deren Ziele haben wir im Schönen Morgen mit Giorgi Kakabadze gesprochen, Doktorand an der Freien Universität Berlin und Mitgründer des GZA.