Neuseeland - Verkauf von Mittelwellen-Infrastruktur zu deren Erhalt

Mittelwellensender Auckland
Der zur Umsetzung anstehende Mittelwellensender in Auckland-Henderson | © Russellstreet, CC-BY-SA

Da in Neuseeland die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach europäischem Vorbild gescheitert ist, haben die bestehenden Strukturen weiter ihr Auskommen zu suchen. Neuestes Detail: Radio New Zealand will zur Finanzierung seines Mittelwellennetzes den bestehenden Sender in Auckland verkaufen.

Nachdem sich Auckland in die Umgebung des vor 90 Jahren eingerichteten Senders ausgebreitet hat, ist das Objekt heute 6 Millionen Neuseeländische Dollar wert. Das ist fast die Hälfte der 13 Millionen Dollar, die als Investitionsbedarf für den Erhalt des Mittelwellennetzes in Neuseeland gelten.

Bis 2026 will Radio New Zealand eine Entscheidung darüber herbeiführen, ob noch einmal Geld für die Mittelwelle in die Hand genommen wird. Zwar erhält RNZ bereits zusätzliche 1,7 Millionen Dollar pro Jahr für diesen Zweck. Dabei geht es jedoch konkret um die Verbreitung des Parlamentsradios.

Save RNZ Concert
© Krissy Jackson

2020 sollte das Kulturprogramm von RNZ auf eben diese Mittelwellenkette abgeschoben werden. Dabei wäre nur noch ein von vier Personen betreuter Musikteppich übrig geblieben. Auf UKW sollte stattdessen ein neu zu schaffendes Programm für „ein jüngeres, diverseres Publikum“ kommen.

Zum Echo gehörte neben massivem Protest von Künstlern (Abbildung) auch Verärgerung der Ministerpräsidentin Jacinda Ardern, da die Hinzunahme eines dritten UKW-Programms politische Unterstützung gefunden hätte. Danach nannte RNZ alles ein Missverständnis und kam nicht mehr auf den Plan zurück.

Radio New Zealand
Funkhaus Wellington in einem Archivbild von 2007 | © luvjnx, CC

Eigentlich wollte die neuseeländische Labour-Partei aus RNZ und dem als kommerzieller Betrieb aufgestellten TV New Zealand eine Rundfunkanstalt nach europäischem Modell bilden. Ein erstes, 2017 entwickeltes Konzept wurde verworfen und eine Hinterzimmerrunde von Politikern, Medienmanagern und Ministerialbeamten eingesetzt.

Das Ausmaß der praktizierten Intransparenz zeigte die Art und Weise, in der 2022 die Ergebnisse von drei Jahren vorgestellt wurden: Der zuständige Minister Faafoi behauptete, dafür keinen Termin nennen zu können – 20 Minuten später verschickte seine Verwaltung die Einladung zur Online-Pressekonferenz.

Mit dem Rücktritt von Jacinda Ardern war das gesamte Vorhaben erledigt. Ihr Nachfolger beerdigte es zusammen mit weiteren Plänen.

Ministerpräsident Hipkins behauptete, nicht zu wissen, wieviel Geld der von ihm abgebrochene Reformversuch gekostet hat. Medienberichte sprachen von fast 15 Millionen Neuseeländischen Dollar.

Unter dem Titel „Sollen die Leute doch Netflix gucken“ sah ein Kommentar klares Scheitern der Labour-Partei. Selbst bei einer Umsetzung ihres Konzepts hätte die Finanzausstattung des Rundfunks in Neuseeland immer noch deutlich unter Ländern vergleichbarer Größe wie Dänemark, Schweden oder Finnland gelegen.

Im Herbst 2023 endete die Amtszeit von Hipkins durch die Abwahl seiner Partei. An deren Stelle trat eine von den Konservativen angeführte Koalition, an der auch Rechtspopulisten beteiligt sind.

Sender Rangitaiki
Blick über den Zufahrtsweg zur Sendeanlage Rangitaiki

Was sich jetzt in Neuseeland für die Mittelwelle abzeichnet, galt zumindest bislang nicht für die Kurzwelle. Im Gegenteil erhielt RNZ unlängst 4,4 Millionen Neuseeländische Dollar für die Anschaffung eines neuen Kurzwellensenders.

Dabei war erst 2006 der hier zu sehende Sender installiert worden. Möglich gemacht hatte es das Zauberwörtchen „Digitalisierung“ in Form der Idee, Überspielungen zu Partnerstationen im Pazifikraum in digitaler Form abzuwickeln.

Es steht dahin, in welchem Umfang die Partner überhaupt diese immer noch störanfällige und qualitativ minderwertige Methode nutzen. Schon in der Bebilderung eines einschlägigen Textes fällt die ohnehin vorhandene Satellitentechnik ins Auge.

Die Sendestation im Inneren der neuseeländischen Nordinsel, im Bereich der Streusiedlung Rangitaiki, war 1990 in Betrieb gegangen. Sie hatte die 1948 gestarteten Kurzwellensendungen aus Wellington abgelöst.

Schon die Ausstrahlungen vom alten Standort waren trotz der bescheidenen Sendeleistung von 7,5 kW mitunter bis nach Europa zu hören, da die Lage fast am Antipodenpunkt, also „gegenüber“, die sehr große Entfernung zum Teil kompensiert. Mit der Verstärkung auf 100 kW verbesserten sich die Empfangsmöglichkeiten natürlich erheblich.

2016 hatte RNZ den parallelen Einsatz des ursprünglichen und des 2006 installierten Senders beendet. Nach der Mittelzuteilung für die erneute Investition wurde das zunächst revidiert.

Derzeit findet kein solcher Doppelbetrieb statt. Somit wird, bezogen auf Mitteleuropäische Zeit, erneut von Sonntag bis Freitag jeweils von 17.51 bis 21.58 Uhr die analoge Ausstrahlung zur Abwicklung der digitalen Überspielungen unterbrochen.

Bis zum 23. März sind folgende Frequenzen vorgesehen:

23.59-06.58 Uhr: 17675 kHz
06.59-13.58 Uhr: 13755 kHz
13.59-17.50 Uhr: 7390 kHz
17.51-18.58 Uhr: 9700 kHz
18.59-20.58 Uhr: 11725 kHz
20.59-23.58 Uhr: 15720 kHz

Den jeweils aktuellen Stand enthält diese Seite.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 25.02.2024