Venezolanischer Sender - Telesur in Argentinien abgeschaltet
Knapp fünf Monate nach seinem Antritt hat der argentinische Staatspräsident Milei eine unmittelbar sichtbare Entscheidung getroffen: Das aus Venezuela sendende Telesur wurde abgeschaltet.
Die Rede ist pauschal vom „Televisión Digital Abierta“. Demnach dürfte Telesur nicht nur aus den terrestrischen Sendesignalen, sondern auch vom Satelliten Arsat 1 verschwunden sein.
2016 war das Programm im Land schon einmal abgeschaltet worden. Auch nach dem Ende der Amtszeit des damaligen Staatspräsidenten Macri ist Argentinien, das sich bei der Gründung von Telesur mit einem Anteil von 16 Prozent beteiligt hatte, nicht wieder als Gesellschafter eingestiegen.
In Europa ist Telesur eher unbekannt. Zwar gibt es seit 2015 auch eine englische Fassung (zumindest teilweise als Untertitelung realisiert), die zunächst aber nur nach Nordamerika gesendet und erst Jahre später auch auf Astra 19,2° Ost aufgeschaltet wurde.
Zu den Zielen von Milei gehört die Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Mit seinem Antritt wurde sofort eine Anzahl von Verantwortlichen ausgewechselt, teils mit der Begründung, man habe sich von „Kirchneristen“ getrennt.
Im Januar folgte allein bei Radio Nacional die Beendigung der Zusammenarbeit mit mehr als 500 freien Mitarbeitern. Dazu gab es eine Mischung aus wiederum offen politischer Begründung und der Formulierung von „Anpassung“ an die angestrebte Privatisierung.
Um den Auslandsdienst von Radio Nacional scheinen diese Entwicklungen keinen Bogen zu machen. Zwar suchte dessen Leiter bereits, ein betont positives Bild der Lage zu zeichnen. Bei genauerer Betrachtung sprach er dabei aber nur über die verbliebenen Kurzwellen-Orchideen.
Somit bleibt offen, ob der deutsche Sprachdienst noch einmal auftaucht. Dessen Produktion war mit Ablauf des Februar eingestellt worden. Online sind nur noch einige zeitlose Beiträge übrig. Die letzten vollständigen Sendungen finden sich auf einer Drittseite.
Die Redakteurin, die über 34 Jahre für diese Sendungen verantwortlich war, ist seit Oktober im Ruhestand. Vor ihrem Ausscheiden erhielt sie noch Signale, man wolle ihr nach den Präsidentschaftswahlen eine freie Mitarbeit anbieten. Dazu kam es nicht mehr.
Stattdessen engagierte man zum Beginn des neuen Jahres einen aus Deutschland stammenden Redakteur. Im Gegensatz zur Vorgängerin äußerte er sich nicht zu der Frage, warum nun auch seine Tätigkeit schon nach wenigen Wochen ein zumindest vorläufiges Ende fand.
Stand vom 19.05.2024
Schon im Wahlkampf war Milei damit aufgefallen, die Militärdiktatur der 70er/80er Jahre zu verharmlosen und die Tochter damaliger Verantwortlicher in sein Team aufzunehmen.
In diese Zeit fällt das technische Detail aus der ursprünglichen Fassung dieser Seite. Es geht um die Fußball-Weltmeisterschaft von 1978, deren Teilnehmer die Umstände im Land auch schon damals nicht weiter störten.
Das Ereignis, eingeschlossen die Eröffnung und Siegerehrung durch Juntachef Videla, wurde zwar für die weltweite Übertragung in Farbe aufgenommen. Der damaligen Bosch Fernsehanlagen in Darmstadt bescherte das einen Großauftrag, der nicht etwa still abgewickelt, sondern anschließend stolz in einer Broschüre präsentiert wurde.
In Argentinien selbst war das so allerdings nur in einzelnen, per Leitung angeschlossenen Kinos zu sehen. Grund war die dort wie auch in Paraguay und Uruguay eingeführte Kombination des europäischen 625-Zeilen-Fernsehens mit dem amerikanischen Kanalraster, in dem für das Bild nur eine Bandbreite von 4,2 MHz zur Verfügung stand.
Dadurch ließ sich der PAL-Farbträger auf 4,43 MHz nicht terrestrisch ausstrahlen. Auch das ansonsten in der technischen Übertragung besonders anspruchslose SECAM konnte so nicht betrieben werden.
Es bedurfte deshalb des Sonderverfahrens PAL-N mit einem Farbträger auf 3,58 MHz, um das Farbfernsehen in Argentinien (und fast zeitgleich in Paraguay und Uruguay) 1980 zu starten.
Allerdings wäre es wohl auch ohne diese Besonderheit nicht viel früher dazu gekommen. So begann in Chile der Farbbetrieb mit dem längst etablierten NTSC-Verfahren des 525-Zeilen-Fernsehens ebenfalls erst 1978 (dort wieder mit etwas voreiligen Technikern).
Zugleich gab es zu diesem Zeitpunkt in Brasilien schon seit Jahren ein anderes Sonderverfahren: PAL-M, mit dem auch dem 525-Zeilen-Fernsehen ein zweites Farbsystem beschert wurde. Dessen Verkauf an Kanada soll nur knapp gescheitert sein.
Erfahrene Bildingenieure aus den USA haben dazu ihre Meinung: Telefunken Hannover tat selbst nichts anderes als das, was es in Europa als französisch-russische Abweichlerei brandmarkte.
Dabei lassen sie auch die oft erbarmungswürdige (an dieser Stelle ist gemeint: technische) Qualität älterer nordamerikanischer Produktionen nicht gelten. Diese hatte nichts mit der Anfälligkeit von NTSC gegen – innerhalb der Studioumgebung völlig vermeidbare – Phasenfehler auf der Übertragungsstrecke zu tun, sondern war schlichter Pfusch.
Bei der Einführung des terrestrischen Digitalfernsehens gelang es Brasilien dann, den Standard für Südamerika zu setzen: Fast alle dortigen Länder übernahmen ISDB-TB, die brasilianische Adaption des japanischen Verfahrens. Speziell in Argentinien konnte sie sich gegen das zunächst favorisierte System der USA (ATSC) durchsetzen.
Beitrag von Kai Ludwig