Hunderttausende Stromzähler betroffen - Langwellenabschaltung in Großbritannien nicht im Griff

Radio Teleswitch
Ein Empfangsgerät für das auf 198 kHz mit übertragene Rundsteuersignal | © Richard Harvey

Nach aktueller Lesart soll die britische Langwelle 198 kHz unter allen Umständen am 30. Juni 2025 außer Betrieb gehen. Das sorgt zunehmend für Besorgnis, da über dieses Signal immer noch 700.000 Stromzähler gesteuert werden, deren Verhalten beim dauerhaften Wegfall der Datensendung nicht sicher vorhersehbar ist.

Diese Stromzähler nutzen das Langwellensignal zur Tarifumschaltung für Nachtspeicheröfen und Boiler. Im ungünstigsten Fall könnte es in den betreffenden Haushalten somit zum Ausfall von Heizung und Warmwasser kommen.

Besorgt äußerte sich jetzt der Verbraucherschutz in Schottland. Allein dort sind noch immer 175.000 dieser Langwellen-Rundsteuerempfänger in Betrieb.

Im bisherigen Verlauf des Jahres wurden in ganz Großbritannien etwa 200.000 der betroffenen Stromzähler ausgetauscht. Es wäre also erforderlich, in den kommenden Monaten das Volumen des Zählertauschs zu vervierfachen. Beobachter halten das für reines Wunschdenken.

Die Appelle des Branchenverbandes Energy UK, einen solchen Zählertausch zu vereinbaren, werden von Verbrauchern nur noch als Zumutung empfunden: Wer den Aufforderungen nachkommt, erhält im Zweifelsfall eine Absage; teils nicht nur eines konkreten Termins, sondern generell des Austauschs.

Sender Droitwich
Die Antenne der Langwelle 198 kHz ist zwischen zwei Masten gespannt, von denen einer wiederum als Strahler der Mittelwelle 693 kHz geschaltet ist | © Jeff Gogarty, CC-BY-SA

Eigentlich wollte die BBC bereits 2023 die Langwelle abschalten. Seitdem hat die Energiewirtschaft die gesamten Betriebskosten zu tragen. Dem Vernehmen nach beläuft sich der zu zahlende Betrag mittlerweile auf 6 Millionen Pfund (7 Mio. Euro) pro Jahr.

Zwar wird auf 198 kHz nach wie vor das UKW-Programm von Radio 4 übertragen. Ein offizieller Verbreitungsweg ist die Langwelle seit dem 1. April jedoch nicht mehr.

Folglich endete am 15. April der Betrieb der neun Mittelwellensender, die das Langwellenprogramm ergänzend auf 603, 720, 756, 774, 1449 und 1485 kHz übertrugen. Damit entfiel die letzte Möglichkeit, einen nordirischen Sender überregional zu hören (die jetzt noch aktiven Mittelwellensender in Nordirland arbeiten alle in Gleichwellennetzen).

Sender Lisnagarvey
Nicht mehr in Mitteleuropa zu hören: Sender Lisnagarvey bei Belfast | © Dean Molyneaux, CC-BY-SA

Mit dem Wegfall des Langwellenprogramms von Radio 4 wanderten eine Sendung über das Geschehen im Parlament am Vortag und die inzwischen auf billige Studioproduktionen eingedampften Radiogottesdienste in den Digitalkanal Radio 4 Extra, der eigentlich als alternatives Wortangebot ohne politische Sendungen gedacht war.

Von den Seewetterberichten verblieben nur die auch auf UKW übertragenen Ausgaben. Hier könnte man fragen, wie lange sie das irgendwann kommende Ende der AM-Ausstrahlung überdauern werden. Beim Deutschlandfunk, der sein Seewetter 2023 eingestellt hat, waren es gut sieben Jahre.

Auch bei der BBC steht längst der Kultfaktor im Vordergrund. Das zeigte sich schon 1993 in einer speziellen Fernsehausgabe, die einmalig die Ansage des Sendeschlusses von Radio 4 mit der des Nachtprogramms von BBC Two verband.

2013 gab es eine Umfrage unter Yachtbesitzern zur Nutzung der Seewetterberichte. Diese winkten nur ab, da sie längst Navtex im Einsatz hatten. Um die Ohren geschlagen bekam die BBC stattdessen den Unmut über die häufigen, stundenlangen Cricket-Sendungen, die ebenfalls zum Langwellenprogramm gehörten.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 06.10.2024