Die Literaturagenten - Kristine Bilkau und ihr preisgekrönter Roman "Halbinsel": Eine leise Erkundung lauter Themen

Autorin Kristine Bilkau wird für ihren Roman "Halbinsel" mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet © Hendrik Schmidt/dpa
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Die Leipziger Buchmesse 2025 hat Kristine Bilkau für ihren Roman "Halbinsel" mit dem renommierten Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet. In ihrem Roman erzählt Bilkau die Geschichte von Annett und ihrer Tochter Linn. Nachdem Linn, Mitte zwanzig, einen Zusammenbruch erleidet, zieht sie zurück zu ihrer Mutter, die auf einer Halbinsel in Nordfriesland lebt. Der Roman beleuchtet auf sensible Weise die Herausforderungen dieser wiederaufgenommenen Beziehung zwischen zwei erwachsenen Frauen, die gleichzeitig Mutter und Tochter sind, vor dem Hintergrund einer von den Gezeiten geprägten Landschaft und den drängenden Fragen des Klimawandels und der gesellschaftlichen Zukunft.

Im Gespräch mit den Literaturagentinnen kurz nach der Preisverleihung schilderte Christine Bilkau ihre Erlebnisse der vergangenen 24 Stunden als "sehr kurzweilig, und sehr vielseitig“, die Zeit sei geradezu an ihr vorbeigerauscht. Rückblickend auf ihre Debütteilnahme vor zehn Jahren mit "Die Glücklichen" in Leipzig, äußerte Bilkau die Hoffnung, dass der Preis die Sichtbarkeit ihres Buches "Halbinsel" erhöhen und ihr mehr Leserkontakt ermöglichen werde. Sie freue sich besonders auf den Austausch mit den Lesern nach Lesungen, diese "kleinen Momente des Feedbacks" nach der "eher immer sehr einsamen Tätigkeit" des Schreibens.

Auf die Frage nach dem Anlass für "Halbinsel" erklärte Bilkau, dass es eine Beobachtung bei ihr selbst und eine damit verbundene Wehmut angesichts folgender Frage war: "Wie bringt man ein Kind in diese Welt, wie sie jetzt ist?". Dabei sei es ihr vor allem um die Herausforderungen gegangen, wenn aus dem Kind ein erwachsener Mensch werde und sich vielleicht "manche Versprechen, ja Zuversichtsversprechungen“ wenn sich die nicht einlösten. Kristine Bilkau wollte die Dynamik beleuchten, wenn Mutter und Tochter plötzlich auf Augenhöhe miteinander diskutieren und sich austauschen.

Das ungeklärte Verhältnis zwischen den beiden erwachsenen Frauen war ein zentrales Thema des Gesprächs. Bilkau betonte, dass die Mutter in der Tochter immer noch ihr Kind sähe, während Linn nach ihrem Zusammenbruch erschöpft in ihr altes Kinderzimmer zurückgekehrt sei und sich teils wieder wie ein Teenager verhalte. Bilkau stellte fest, dass sie selbst in der Literatur noch nicht oft über dieses besondere Verhältnis zu erwachsenen Kindern gelesen habe und dies ein Grund für sie war, diese Geschichte zu erzählen.

Die Landschaft der nordfriesischen Halbinsel spielt in Bilkaus Roman eine tragende Rolle. Sie wollte entlang des Wassers erzählen, da diese Küstenabschnitte etwas sehr Fragiles hätten, aber auch von Widerstandskraft gegenüber den Naturgewalten zeugten. Die Landschaft diene als Spiegel für die Verletzlichkeit und Stärke der Menschen und ermögliche es, über die unterschiedlichen Perspektiven von Mutter und Tochter auf Vergangenheit und Zukunft zu erzählen. Linn blickt zukunftsgerichteter auf den ansteigenden Meeresspiegel, während die Mutter diese Perspektive erst nach und nach entwickelt und ihre Tochter auf neue Weise kennenlernt.

Kristien Bilkau sprach über die Begegnung der Generationen in ihren Büchern und die Reibungen und Nähe, die dabei entstehen. Sie beobachte, dass die Gesellschaft oft negativ auf die Forderungen der jüngeren Generation reagiere, beispielsweise in Bezug auf Klimawandel oder veränderte Arbeitsvorstellungen, und hoffe, mit ihrem Roman zu einer Hinterfragung dieser Diskurse anzuregen.

Christine Bilkau „Halbinsel“, Luchterhand Verlag, 2024. 202 Seiten, 24 €.

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