Rad'n'Roll - Radbahn U1 - Teststrecke in Berlin-Kreuzberg eröffnet

Teststrecke der Radbahn U1 in Berlin-Kreuzberg © IMAGO/Jürgen Held
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Zwischen den U-Bahnhöfen Görlitzer Bahnhof und Kottbusser Tor können Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer unter dem U-Bahn-Viadukt der Linie U1 den neuen Radweg auf einer Länge von 200 Metern bis zum 15. Juni 2024 testen. radioeins-Fahrrad-Experte Simon Brauer war vor Ort und berichtet darüber.

Wäre es nicht herrlich, einfach so mit dem Fahrrad durch Berlin-Kreuzberg zu radeln - entspannt und sicher, geschützt vor Autos und LKW, geschützt vor Regen, direkt unter dem Viadukt der U-Bahn-Linie U1? Diesen Traum hatte vor rund zehn Jahren ein kleines Team aus Stadtplanerinnen und Architekten, und ein knappes Jahrzehnt später wurde der erste Abschnitt dieses neuen Radwegs, eine 200 Meter lange Teststrecke - eröffnet.

Radbahn Berlin - so heißt dieses Projekt. Von einem 9 Kilometer langen Radweg unter der Hochbahn U1 war ursprünglich mal die Rede; wie weit kommt man denn jetzt auf dem ersten Teilstück?

Es sind 200 Meter. Auf der Skalitzer Straße, zwischen Mariannenstraße und Oranienstraße, also ein kleiner Abschnitt zwischen den U-Bahnhöfen Görlitzer Bahnhof und Kottbusser Tor. Da lohnt es sich kaum, auf das Fahrrad zu steigen - und ich muss auch sagen: Diese 200 Meter sind fast zu schön, um da mit dem Rad durchzurauschen.

Es gibt so viel zu sehen: Vogelhäuschen und Insektenhäuschen, schicke Sitzbänke, eine Fahrradreparaturstation mit Luftpumpe, Werkzeug und einem Fahrradschlauchautomaten, WLAN für alle, Handyladestationen, ein Röhrentelefon für Kinder, große Wassertanks, in den versucht wird, auf natürliche Weise, also mit Sand und Schilf, das dreckige Regenwasser von der U1 soweit zu reinigen, dass man damit die Grünanlagen rund um die Radbahn bewässern kann.

Es ist eine Art Labor, deshalb heißt dieser Abschnitt auch offiziell "Testfeld des Reallabor Radbahn".

Klingt alles ganz interessant, aber: 200 Meter? Warum ist dieser Radweg so kurz geworden?

Es soll auf engstem Raum gezeigt werden, was alles möglich ist, wenn man mal Stadtentwicklung neu denkt: Wie kann man diesen Raum unter der U-Bahn attraktiv machen? Weg mit parkenden Autos und kackenden Tauben, her mit Lebensqualität, mit Ideen.

Kann man da überhaupt Fahrrad fahren? Antwort: Ja, wunderbar glatter Asphalt, rötlich braun, sieht auch noch schick aus, Verkehr fließt in beide Richtungen, durch Mittelstreifen getrennt. Fahrbahnen sind nicht besonders breit, jeweils 1,30 Meter; das Berliner Mobilitätsgesetz sieht breitere Radwege vor, Fußgängerinnen und Fußgänger können da ja auch noch unterwegs sein.

Es ist also alles andere als ein Radschnellweg, aber auf jeden Fall ein tolles Gefühl, da entlang zu rollen. Ich war gestern Abend nochmal da und dachte wieder: Wow, macht Spaß, macht Lust auf mehr - und damit möglichst viele etwas davon haben, nehme ich natürlich Rücksicht auf alle anderen, die da auch unterwegs sind.

Die 200 Meter sollen ja nur ein Anfang sein. Wie gehts weiter mit der Radbahn?

Das Testfeld ist bis Mitte Juni geöffnet, möglichst viele Menschen sollen testen, entlang fahren, spazieren und bewerten - einen Fragebogen dazu gibt ss auf radbahn.berlin. Die Macherinnen und Macher hoffen, dass in der Zeit nicht alles durch Vandalismus zerstört wird - und, dass die Pflanzen zwischen Radbahn und Skalitzer Straße irgendwie überleben. Dafür tauchen wir ein in die wundersame Welt der Behördensprache - diese Anlage ist nämlich "Straßenbegleitgrün". Die rund drei Millionen Euro für das Testfeld kamen aus einem Fördertopf von Bund und Land, denn das Team der Radbahn konnte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für diese Idee begeistern. Die Verkehrssenatorin ist ja eher "knauserig", was neue Radwege angeht. Wenn die Evaluation positiv verläuft und wieder irgendwo Töpfe voller Geld gefunden werden, dann soll die Radbahn weitergebaut werden. Ich fände es toll - und hoffe, dass es nicht wieder zehn Jahre dauert, bis wir etwas davon sehen.