Rad'n'Roll - Kettenwachs vs. Kettenöl
Die Profis bei der Tour de France setzen auf gewachste Fahrrad-Ketten und auch im Gravelbereich fahren immer mehr mit Kettenwachs. Aber wie funktioniert Wachs auf Kette - wo liegen die Vorteile und welche Nachteile gibt es? Mehr dazu von radioeins-Fahrradexperte Henrik Barth.
Fahrradkette putzen nervt gewaltig, muss aber leider sein. Aber wäre es nicht herrlich, wenn die Kette immer sauber bleibt? Klingt utopisch, aber wachse ich die Fahrradkette anstatt sie zu ölen, bleibt sie tatsächlich nahezu sauber. Aber wie immer hat auch Kettenwachs einen Haken. Mehr darüber von unserem Fahrradexperten Henrik Barth
Wie funktioniert Wachs auf der Kette - wo liegen die Vorteile?
Vor allem nicht mehr die ölverschmierte Kette reinigen zu müssen. Ist eine richtige Sauerei. Überall liegen dann diese winzigen öligen Dreckwürstchen rum. Versuche ich die wegzuwischen, habe ich Geschmiere auf dem Boden. Mein Bruder ist seit ca. eineinhalb Jahren auf Wachs umgestiegen ist, davor war immer extrem genervt, wenn mal die Kette abgesprungen ist. Staub bzw. Dreck und Öl bilden nämlich eine wunderbare Schmirgelpaste, mit der ich meinen Antrieb runterorgele.
Fahrrad-Nerd Alex Freudenberg ist mit seinem Gravelbike bei jedem Wetter im Gelände unterwegs und auf Wachs umgestiegen. Eine Kette hält mittlerweile 2 bis 3 mal länger und entsprechend ist auch der Verschleiß bei Kettenblättern und Ritzeln geringer.
Aber Wachs hat auch einen Haken - welchen?
Bisher war es überschaubar, aber jetzt wird es nerdig. Ich selbst komme ja schon seit einiger Zeit in den Genuss einer gewachsten Kette, weil meine Fahrradjungs eine Testreihe gestartet haben. Womit wir beim Haken wären. Damit das Wachs auf der Kette hält, muss ich auch neue Ketten entfetten. Jetzt kann ich mir natürlich eine entfettete Kette kaufen, aber die sind nicht gerade günstig. Zum Entfetten muss ich die Kette am besten in ein verschließbares Glas mit einem fettlösenden Lösungsmittel packen, weil die ganz schön müffeln. Ist die Kette entfettet, dauert das Aufträufeln von Flüssigwachs schon ungefähr fünf Minuten pro Kette, weil jede Kettenrolle einen Tropfen abkriegen sollte. Gleich losfahren ist auch nicht, die Kette sollte mindestens vier Stunden trocknen, am besten über Nacht. Dafür muss ich aber nicht mehr den öl-verklumpten Antrieb reinigen und der relativ hohe Preis für das Flüssigwachs wird durch die Langlebigkeit kompensiert. Rund alle 200 Kilometer muss ich nachwachsen.
Profis bei der Tour de France fahren ja längst mit Wachs, aber auch bei Gravelbikern hat sich Wachs durchgesetzt - allerdings setzen die eher auf Heißwachs. Was zum Teufel ist das?
Mit Heißwachs ist die Wachsschicht auf der Kette wesentlich haltbarer und ich kann je nach Wetter mehrere Hundert Kilometer fahren. Dazu wird die Kette in einen Topf mit heißem Wachs gelegt. Ist das Wachs ausgehärtet, läuft die Kette leichter und Profis sind damit einen Tick schneller unterwegs. Ein deutscher Hersteller hat jetzt einen Ultraschall-Wachskocher entwickelt mit dem ich zugleich heißwachsen und entfetten kann.
Welche Wachsmischung ist optimal?
Das hat meinen Kumpel Alex Freudenberg besonders erfreut - ich kann einfach stinknormale Kerzen vom Adventskranz einschmelzen, hat der australische Kettenschmierstoff-Papst Adam Kerin von Zero Friction Cycling festgestellt.