Album der Woche - "Primzahlen aus dem Bardo" von Tom Liwa

"Primzahlen aus dem Bardo" von Tom Liwa © d,dmfk
"Primzahlen aus dem Bardo" von Tom Liwa | © d,dmfk

In der Mathematik sind es die Primzahlen, die gewissermaßen eine Ordnung ins System bringen und gleichzeitig willkürlich erscheinen. Nur durch sich selbst und eins teilbar, bilden die Primzahlen die Grundlage für alle anderen Zahlen. Sie beeindrucken auch Liedermacher Tom Liwa, und haben ihn nun zu seinem neuen Album „Primzahlen aus dem Bardo“ inspiriert.

Die 14 Lieder von „Primzahlen aus dem Bardo“ sind Teil eines Multiversums. Und immer wieder entdeckt man in ihnen die Begeisterung von Tom Liwa zu Schriftstellern wie J.R.R. Tolkien oder C.S. Lewis – der in den „Chroniken von Narnia“ unterschiedliche Welten durch einen Wald verbindet. Der Wald von Tom Liwa ist neben der Sprache, vor allem die Musik. Sie webt die entsprechende Hintergrundlandschaft zu der jeweiligen Geschichte; und mal dauert die 2 Minuten, mal sind es 14. Tom Liwa nimmt sich die Zeit, die er braucht.

Liwa widmet sich dabei vor allem dem „Bardo“, also dem was nach dem tibetisch-buddhistischer Begriff zwischen den Dingen liegt, mag es ein Raum oder so etwas wie Leere sein. Präzise beschreibt er menschliche Gedanken und Zweifel; auch hier interessiert ihn vor allem das „Zwischenmenschliche“. Die Protagonist*innen seiner Texte existieren dabei alle in anderen Szenarien – sind aber trotzdem irgendwie verbunden. So tauchen Figuren alter Songs und Platten auch auf der neuen auf, und innerhalb des Albums referieren Songs wiederum auf andere Songs des Albums, sodass sich bei jedem Hören stets neue Verbindungen offenbaren.

Alles ist fiktiv und dann doch irgendwie nicht: Die Lyrics wie Musik speisen sich aus den Erfahrungen und der Neugier Liwas. Spürbar ist das anhand von Songs wie „Equi non la“, der inspiriert von seiner Arbeit an einem Italo-Pop-Abend am Theater Bremen nun auch auf „Primzahlen aus dem Bardo“ gelandet ist. Liwa reist mit Tolkien nach Italien, um sich das Land anzusehen; sein Interesse für den Autor sowie dessen linguistische Beobachtungen treffen auf das Land Italien, wo Tolkien vor allem von den Rechten immer wieder vereinnahmt wird. Liwa selbst ist im Ruhrgebiet aufgewachsen; mit der ersten Generation italienischer Gastarbeiter und hat sich dem Land südlich der Alpen vor allem zunächst einmal über Klischees genähert.

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Auf „Primzahlen aus dem Bardo“ fließen die Geschichten geradezu endlos über das ganze Album, sind ineinander verwoben, und so ist es die Musik, die nicht mit jedem Song einfach endet und wieder neu beginnt. Klassisches Singer-Songwriting trifft dabei auf das zum Teil scheinbar improvisierte Spiel der Saxofonistin Luise Volkmann, das wie ein verbindendes Element Genrebrüche elegant zu etwas Neuem zusammenfügt. Das ganze Album scheint mehr oder weniger wie ein langes Stück, mit einzelnen Unterkapiteln; wenn sich das musikalische Thema in kleinere Teile zergliedert – in Phrasen, Motive und schließlich in einzelne Töne; die – wie die Primzahlen – ein ordnender Teil einer komplexen Struktur sind.

Laurina Schräder, radioeins

Tracklist

1
Hemil
2
Jack & Neil
3
Malmö 1948
4
Van der Beek Stomp
5
Space Czechovs
6
E qui non la
7
Bitch E.P.
8
Mari On
9
Binnen Meisje
10
Stella Oscura
11
Tommy de Who
12
The Old Stockholm
13
Love Dinner
14
Van der Beek Toodeloo

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