Album der Woche - "Bar von Josefine" von Nitsch

"Bar von Josefine" von Nitsch © Staatsakt
"Bar von Josefine" von Nitsch | © Staatsakt

Die "Bar von Josefine" ist eine Kellerkneipe in Graz, in der es keinen Handyempfang gibt. Ein großes Glück in unserer Zeit.

Nitsch - Das sind Niklas Mitteregger und Nick McCarthy: Ein Duo, das sich nicht gesucht, aber zum Glück gefunden hat. Der 17 Jahre jüngere Mitteregger war in seiner Jugend Fan von Franz Ferdinand. Zufällig ist das die Band, die McCarthy mitgegründet und in der er Gitarre gespielt hat. Das Münchener Residenztheater wurde der schicksalhafte Ort, an dem sich beide treffen sollten. 2019 gab es gemeinsame Proben. Niklas spielte Birk, Borkas Sohn und Nick spielte Gitarre mit seiner Band Pollyester. Es ergaben sich nach den Proben und Stückaufführungen Situationen, in denen man mit Musikequipment gemeinsam auf einer Bühne stand.


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Was sollte anderes passieren, als dass man zusammen jammte. Beide verstanden sich auf Anhieb. Wenn man Niklas heute fragt, wie sie ihre Songs schreiben, dann sagt er, dass sie immer alles aus dem Moment greifen. Sie würden keine Musik machen mit theoretischem Überbau, oder mit einem Vorhaben, bestimmte Genres zu bedienen, noch irgendwelche Themengebiete abzuarbeiten. Sie fischen aus der Luft, was in ihr steckt. "Wir versuchen, den Moment zu nehmen, wie er ist und nicht irgendwas zu erzeugen, was nicht gerade nicht wirklich da ist", meint Niklas. Deswegen legt er auch das Hochdeutsche ab, das er auf den Theaterbühnen spricht. "Ich singe gern und die Sprache kommt einfach anders rüber, wenn ich nicht versuche, mich zu verstellen. Ey, wir machen coole Musik und coole Musik bedeutet auch, irgendwie authentisch zu sein."

So sind die Songs von Nitsch im Grazerischen gesungen, das gar nicht so entfernt ist vom Wienerischen. Bisweilen blitzt der Falco durch. "In meiner Kindheit war der Falco ganz groß", sagt Niklas, "zwischendurch fand ich ihn uncool und habe viel lieber Aggro Berlin gehört. Mittlerweile weiß ich ihn wieder richtig zu schätzen".

Auf keinen Fall ist er ein weiterer singender Schauspieler: "Also Musik war immer ein Teil meines Herzens. Ich hatte immer so das Gefühl, ja, Musik ist so die Sprache, die ich sprechen möchte. Ich habe mit 16 begonnen, Musik zu machen", sagt Niklas und das hat dann auch Nick McCarthy überzeugt. Zusammen haben sie für ihr Debütalbum 11 Songs geschrieben, die allesamt mit recht geerdeten Titeln aufwarten. "Pupillen", "Gassi", "Spring", "Sauna". Songnamen, die nicht gerade Romantik vermuten lassen und doch sind die Songs durch und durch romantisch.

Sie bergen die Gedanken eines Idealisten, der weiß, dass diese Welt nur noch Quantifizierungen kennt. Wir brauchen Liebe, wir brauchen Gefühl, meint Niklas. "Ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass man Gefühl zeigen kann, weil ich finde, dass ein Großteil unserer Gesellschaft das tatsächlich verlernt hat. Das kann man an jeder U-Bahnstation, an jeder Ecke, ach einfach überall erleben. Diese Welt, ist gerade total am Arsch. Aus einer riesigen Angst entsteht da einfach Schreckliches. Wenn ich mit Ernst Songs schreiben würde, dann wäre da überhaupt kein Schmäh mehr drinnen und dann wäre da überhaupt keine Liebe, jedoch ist es genau das, was ich eigentlich zeigen will. Also für mich ist das Wichtigste Liebe. Ich möchte so dieser Welt zeigen: Hey, lass uns doch irgendwie miteinander eine schöne Zeit haben."

Dieser Ansatz ist gar nicht naiv, denn vielleicht muss man doch auch erstmal zeigen, dass diese Welt im Grunde schön ist und dass es schöne Dinge gibt, die man verteidigen muss. Für die man kämpfen kann. Und so ist der Ansatz von Niklas in den Songs von Nitsch: "Schau, es geht auch anders, man muss nicht hassen, um irgendwas darzustellen oder um männlich zu sein. Diese ganze Machowelt, in der wir uns befinden, ist eh zum Kotzen. Und so ist sie zwar Teil davon, wie ich singe. Ich zeige aber dabei auch, hey ok, ja, ich bin ein Mann, aber ich liebe. Und ich hasse nicht."

So ist die Musik von Nitsch nicht nur aus dem Moment gegriffen, sondern sie hat diese Verspieltheit und sie hat Witz. Deswegen ist sie auch nicht dezidiert politisch, denn wenn es um Politik geht, hören das Spiel und der Witz auf. Übrigens Hermann Nitsch, der österreichische Künstler, hat nichts mit der Band zu tun und er ist zufällig im selben Jahr gestorben, in dem Nick McCarthy und Niklas Mitteregger mit ihrer Band den ersten Song "Is Ok" veröffentlicht haben. Er mochte einfach den Namen, sagt Niklas dazu, und sie wollten sich keine großen Gedanken machen über einen Bandnamen. Und damit sind wir wieder beim Thema: Sie haben ihn eben einfach aus dem Moment gegriffen.

Claudia Gerth, radioeins

Tracklist

1 Gassi
2 Grau
3 Bar von Josefine
4 Is ok
5 Pupillen grau
6 Schlag mich
7 Patschuli
8 Spring
9 Karre
10 Sauna
11 Ende der Welt

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