Album der Woche - "The Human Fear" von Franz Ferdinand
Wenn die Gegenwart eines zeigt, dann dass Ängste unsere Gesellschaft bestimmen. "The Human Fear" heißt somit passenderweise das neue Album der schottischen Band Franz Ferdinand.
Es ist das siebente Studioalbum der Formation aus Glasgow, wenn man die Kooperation mit den Sparks dazuzählt (FFS) und es wird von allen erdenklichen Ängsten durchzogen. Von der Latrophobie zum Beispiel erzählt der Song "The Doctor"; oder von Beziehungsangst, die die Songs "Night or Day" und "Bar Lonely" aufgreifen. Selbstredend gibt es auch genau das Gegenteil poetisch zu verarbeiten, also die Angst vor Verlust. Die Angst, jemanden zu verlieren, wovon "Tell Me I Should Stay" handelt.
Was den Kopf und Sänger der Band Franz Ferdinand, Alex Kapranos, an der Angst fasziniert, sei der Moment, wenn der Mensch seine Angst überwindet. "Du fühlst, dass dein Herz schlägt. Du spürst, wie das Blut durch dein System pumpt. Das ist der Grund, warum wir die Angst suchen. Deshalb fahren wir Achterbahnen. Das ist der Grund, warum wir Horrorfilme schauen. Denn wenn du die Angst überwindest, diesen Prozess durchläufst, fühlst du dich lebendig", sagt Kapranos
Tatsächlich gab es eine konkrete Angst, die seine Band betrifft. Zwei Mitglieder sind ausgestiegen: Nick McCarthy und Paul Thompson und es stand kurz die Frage im Raum, ob alles auseinanderfällt. Alex fragte in jener Zeit, ob die anderen weitermachen wollen. Kurze Angst, doch alle sagten Ja. Dann kam Audrey Tait als neue Schlagzeugerin. "Wir gingen also mit einer Angst in den Tag hinein, dass alles auseinanderfallen und Franz Ferdinand nicht mehr existieren würde, nur um zu bemerken: Oh Gott, es ist eigentlich besser als vorher", sagt Kapranos.
Trotzdem gibt es auch tradierte Elemente auf dem neuen Album: Das Artwork auf dem Albumcover zum Beispiel korrespondiert eindeutig mit den ersten zwei Alben der Schotten. „Wir haben sogar genau den gleichen Farbton des Oranges verwendet, das sowohl auf "Tonight" als auch auf dem ersten Album zu finden ist. Es sieht aber auch aus wie ein Albumcover, das wir noch nie zuvor gemacht haben. Was ich immer mit dem Cover anstrebe, das ist die Essenz dieser konstruktivistischen Arbeit, die mutig, direkt und brutal ist, aber eine Wiederholung erfordert. Es wird einem nicht langweilig", sagt Kapranos. Man will die Platte immer wieder auflegen. Das Coverbild ist von einer Arbeit namens "7 Twists" von Dóra Maurer, einer ungarischen Künstlerin, inspiriert. Sie hält das Selbstporträt in der Hand, das sich immer wieder dreht. Zudem ist es auch beeinflusst von dem Schaffen Yoko Onos, das sich Kapranos kürzlich im Rahmen einer Retrospektive in der Tate angesehen hat. Das Albumcover zeigt alle Bandmitglieder, wie sie ineinandergreifen und damit etwas kreieren, das mehr ist als die Summe der Einzelteile.
Das ist auch die Essenz des neuen Albums. Es ist entstanden, nachdem Franz Ferdinand ihre erste Songkompilation namens "Hits To The Head" 2022 herausgebracht haben. "Wenn man so eine Compilation zusammenstellt, wird man sich wirklich bewusst, was die Band ausmacht und auch was man persönlich an der Band mag", sagt Kapranos. "Es ist wie: Oh richtig, das ist gut! Ich mag diese Identität der Band! Und so war es in gewisser Weise der Beginn einer neuen Ära, aber auch eine Art Fokussierung. Es ist neu, aber auch ein Album, das man sofort als Franz Ferdinand erkennt. Wahrscheinlich mehr als bei 'Always Ascending'. Ich denke, das neue Album ist viel deutlicher Franz Ferdinand als 'Always Ascending‘. Außerdem hatte ich, als ich diese Platte machte, das Gefühl hatte, dass diese neuen Songs mit jedem Song auf diesem Greatest-Hits-Album "Songs To The Head" konkurrieren mussten. Ich wollte, dass jeder Song standhält und die Qualitätskontrolle besteht."
Claudia Gerth, radioeins