Album der Woche - "Phonetics On and On" von Horsegirl

Die Band Horsegirl veröffentlicht das zweite Album, holt sich ihre musikalische Heldin Cate Le Bon dazu und entdeckt den Gefallen am reduzierten Sound.
Als Schülerinnen gründen mit 17 und 18 Jahren Penelope Lowenstein, Nora Cheng und Gigi Reece in Chicago die Band Horsegirl und spielen ihr Debüt gleich mal mit Mitgliedern von Sonic Youth und Produzent John Agnello (Dinosaur Jr., Kurt Vile) ein. Ein Phänomen! Veröffentlicht beim renommierten Label Matador. In der DIY-Szene Chicagos orientieren sie sich in dieser Zeit an ihren Vorbildern aus den 90er Jahren, also an Yo La Tengo und an Pavement. Deren Haltung in die Gegenwart zu transportieren, trifft so gleich einen Zeitgeist und beschert ihnen für ihr Debütalbum eine Wertung von 82/100 bei Metacritic und eine gemeinsame Tour mit der legendären Band The Breeders.
Nun erscheint die zweite Platte, die Girls zogen nach New York und suchten sich eine neue Produzentin: Cate Le Bon. Die Walisische Musikerin und Produzentin, dazu auch Wahl-New Yorkerin, führte die Band in neue, helle und klare Sound-Gefilde, die Raum und Textur gegenüber den dichten Soundflächen des Debüts in den Vordergrund rücken. Dazu zählt auch der erstmalige Einsatz von Violinen, Synths und Gamelan. Die Produzentenwahl war kein Zufall. Sie seien seit langem schon riesige Cate Le Bon-Fans gewesen, erzählt Penelope Lowenstein."„Wir haben sie verehrt. Es war also nervenaufreibend, in diese Erfahrung zu gehen und sich zu fragen: Wie arbeitest du überhaupt mit jemandem zusammen, den du einfach so sehr respektierst.“ Doch gerade das war genau das Richtige für das"„schwere zweite“ Album.
Der Soundwechsel vom ersten zum zweiten Album kam dann ganz natürlich. Die Pause fühlte sich unendlich lang an, da einfach so viel im Leben der drei Frauen passierte „Wir hatten also irgendwie viel Zeit, um auch als Menschen erwachsen zu werden“, sagt Nora. Die meterhohen Gitarrenwände vom Debüt haben sie hinter sich gelassen und auch die Vorbilder aus den 90ern" „Dann fühlten wir uns zu verschiedenen Dingen hingezogen“, so Nora weiter" „und ich habe das Gefühl, dass sich das ganz natürlich in der Art und Weise gezeigt hat, wie wir Songs geschrieben haben. Wir hatten nie diese Absicht, die Zuhörer mit dieser abrupten Veränderung des Klangs zu schockieren. Es fühlte sich einfach richtig an.“ Die Leadsingle “2468“ ist ein Beispiel für die offenkundige Experimentierlust auf “Phonetics On and On“. Mit seinen Streichern und energischen Drums verdreht einem der Song in seinem fortlaufenden Crescendo immer weiter den Kopf. Das dazugehörige Video stammt von der Schriftstellerin und Regisseurin Eliza Callahan und wurde von Alexa West choreographiert.
In NYC gehen Horsegirl auf die Uni, um englische Literatur zu studieren. Natürlich ereifern sie sich dort in Fächern wie Linguistik. Etwas, das sich auf dem neuen Album nicht nur im Name" „Phonetics On and On“ bemerkbar macht, sondern auch in der Lust, die Songs zu einem klanglichen Spielplatz zu machen, auf dem man Silben neu arrangieren kann. Zusammenfassend kann man für die Songs auf “Phonetics On and On“ sagen, dass sie Momentaufnahmen darstellen von drei Freundinnen, die sich wahrhaftig nahestehen" „Ich denke, dass Musik und das Spielen miteinander ein wesentlicher Teil unserer Bindung ist“, sagt Gigi" „Und das, seit wir Kinder waren. In dem Jahr, in dem Nora und ich in New York lebten und Penelope noch zur Schule ging war wahrscheinlich das schwierigste, aber sobald Penelope nach New York gezogen ist, war es für uns wirklich so natürlich, wieder zusammen Musik zu machen. Wir dachten nicht
einmal wirklich darüber nach, okay, Zeit für unser zweites Album zu schreiben. Es hat sich irgendwie einfach ergeben und am Ende hatten wir eine Handvoll Songs.“
Claudia Gerth, radioeins