Album der Woche - "Dark Times" von Vince Staples

"Dark Times" von Vince Staples © Universal
"Dark Times" von Vince Staples | © Universal

Der Rapper aus Long Beach verbindet Erzählungen aus der Vergangenheit mit der Realität der Gegenwart für ein weiteres exzellentes, unverblümtes Album. Eigentlich ist Vince Staples ein Rapper wider Willen. Eher reingerutscht ist er in dieses Genre und vielleicht ist er auch deshalb eine Art Ausnahmekünstler in diesem Segment. Sein Stil ist eher nüchtern. Seine Storys wechseln von direkter Rede zu Erzählungen über Bandengewalt und sind dann wieder durchsetzt von trockenem Humor. Über allem steht ein großes Wort geschrieben: Offenheit.

Diese Offenheit beflügelt seine Geschichten und auch sein jüngstes Projekt, die Netflixserie "The Vince Staples Show", einer Comedy-Serie, deren Folgen lose auf Staples Leben basieren. In Long Beach Kalifornien versucht Vince Staples (spielt sich selbst) ein ruhiges und sorgenfreies Leben zu führen. Doch er gerät von einem Chaos ins nächste. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, wer er überhaupt ist. Schaut man sich sein Leben an, sieht man nur ein vielschichtiges Gewirr aus mehreren Welten und Widersprüchen. Arm, reich, kriminell, nicht kriminell? Ist er ein erfolgreicher Rapper oder doch nicht so bekannt? Eine Konstante hat sein schillerndes Leben jedoch: Er bleibt dabei stets er selbst.

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Diese Beschreibungen sind für sein neues Album "Dark Times" ebenso treffend. "Justin" baut langsam romantische Spannung auf, bis die Frau, um die Staples wirbt, ihren tatsächlichen Freund als ihren kleinen Cousin vorstellt. Verwirrung und Chaos. Andere Höhepunkte wie "Étouffée" und "Radio" deuten alte Begegnungen und Familiengeschichten zu erbaulichen Parabeln für eine gestohlene Jugend um. Später schlägt "'Radio'" Brücken zwischen zufälligen Begegnungen mit Musik, von der lebensverändernden Erfahrung des Hörens des Hip-Hop-Duos Blue & Exile bis hin zu den trostreichen Momenten, Brandy und Roberta Flack zu hören, wenn er Liebeskummer hatte.

Seine Offenheit und seiner Fähigkeit, bei sich zu bleiben, kann er in seinen Songs auch glaubwürdig zu Standhaftigkeit motivieren. So wie in "Little Homies" zum Beispiel und der Eröffnungsstrophe von "Freeman": "It feels good to be a free man with clenched hands I used to pray to find a way to make a label advance (I used to pray everyday)"

Das große Drama bleibt passenderweise aus auf "Dark Times" – Nicht sein Stil. Und so etikettiert er jeden Sieg, jede Niederlage in seinem Leben einfach als Lektion. Als Teil des Lebens. Dazu gehören eben auch Verlust und Versäumnisse. Das alles spricht für eine wahre Erdung, die verdammt erfrischend ist in diesem Genre.

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